Archiv

Musik im Netz
Boom der Streamingdienste

Seit Jahren feiern Streamingdienste immer neue Rekorde bei Abonnenten und Umsätzen. Doch selbst Platzhirsch Spotify erzielt bisher keine Gewinne. Droht manchen Anbietern das Aus? Die Konkurrenz ist groß, doch speziell SoundCloud könnte eine Nische besetzen.

Von Vera Linß | 03.04.2017
    Die App «Soundcloud» ist am 17.03.2014 in Berlin auf einem iPad zu sehen
    Der deutsche Streamingdienst SoundCloud ist ins Gerede geraten. Geht es dem Unternehmen wirklich so schlecht? (dpa/picture-alliance/Ole Spata)
    Musik des amerikanischen Rapper Lil Uzi Vert. Er zählt zu den Künstlern, die sich auf der SoundCloud-Website präsentieren. Dort wirbt das Startup aus Berlin auch für sein jüngstes Produkt: für "SoundCloud Go" – eine Bezahl-App, mit der die User das Angebot mobil und werbefrei nutzen können. Die App soll den Umsatz jährlich um das Zweieinhalbfache steigern, so ein Sprecher von SoundCloud optimistisch. Die wirtschaftliche Situation habe das Magazin "Recode" falsch dargestellt. Klaus Goldhammer, der in Berlin als Medienberater arbeitet, kann sich auch nur schwer vorstellen, dass an den Negativ-Gerüchten was dran ist:
    "SoundCloud ist so ein unterschwelliger Riese, den man in dem Streaming-Musikgeschäft zum Teil in Deutschland nicht wirklich wahrnimmt. Und insofern sind die vor allem in den Vereinigten Staaten riesig. Die sind da an vierter Stelle von allen Streamingdiensten, noch vor Apple, noch vor Google, noch vor Amazon und insofern auch eine Bank in den Vereinigten Staaten und weniger hier in Deutschland."
    Im Gegensatz zu anderen Streamingdiensten startete SoundCloud mit besonderen Ambitionen: als Marktplatz für DJs, kleine Bands und Musikfans. Weltweit hören 175 Millionen Menschen Soundcloud, das die Nutzerzahlen allerdings nicht für einzelne Länder ausweist. Anders Pandora. 80 Millionen haben den Dienst abonniert. Pandora liegt an erster Stelle auf der Beliebtheitsskala in den USA. Im Werbetrailer zeigen sich die Nutzer elektrisiert:
    "Feel like a electric shock, going through my body. And it wakes me up."
    "It takes me back to a point in my life where I had no worries."
    "I feel better now."
    Mehr als 40 Streaming-Plattformen in Deutschland
    Goldhammer: "Das ist im Prinzip ein personalisiertes Internetradio. Wo ich ein Radioprogramm bekomme, was ich für meine persönlichen Bedürfnisse zuschneiden kann. Die sind hocherfolgreich in Amerika, machen über eine Milliarde Dollar Umsatz und sind deshalb noch nicht in Europa angekommen, weil sie einen speziellen Deal mit den amerikanischen Urheberrechteunternehmen haben."
    Wie die Konkurrenten Spotify, Apple oder iHeartRadio bietet auch Pandora zusätzlich einen Musikstreamingservice, der aus Datenbanken der großen Labels mit zig Millionen von Titeln schöpft. Das Geschäftsmodell: bei allen ähnlich. Neben kostenlosen werbefinanzierten Streams sollen Premiumangebote Geld in die Kassen spülen.
    Auch in Deutschland zählen Spotify und Apple, aber auch das französische Deezer zu den beliebtesten Streamingdiensten. Über vierzig verschiedene Plattformen gibt es hierzulande. Wie in den USA unterscheiden sich die Dienste nur wenig voneinander, erklärt Christian Bollert, Geschäftsführer des Online-Radios detektor.fm:
    "Wenn es rein um die Musikdatenbanken geht, dann sind tatsächlich viele Streamingdienste sehr ähnlich. Viele versuchen sich jetzt abzusetzen mit Inhalten, wenn es um musikalische Sachen geht, exklusive Frühveröffentlichungen oder exklusive Deals. Oder eben tatsächlich sich mit Podcastinhalten- und Audioinhalten abzusetzen. Und das wird sehr interessant sein, wo die Reise so hingeht."
    Umsätze gewachsen
    Deshalb sind Streamingdienste auch für Radiosender und Journalisten interessant. Das Deutschlandradio etwa verbreitet ausgewählte Inhalte über Spotify. Und kürzlich starteten die Medienkritiker Stefan Niggemeier und Sarah Kuttner einen wöchentlichen Podcast auf Deezer. Vor allem aber profitiert die Musikindustrie. Deren Umsätze sind in Deutschland im letzten Jahr um drei Prozent gewachsen. 906 Millionen Titel wurden abgerufen, 350 Millionen Euro umgesetzt.
    Nur die Streamingdienste selbst sind – trotz steigender Nutzerzahlen – nicht profitabel, etwa wegen der hohen Lizenzkosten. Sollte inhaltliche Originalität ausschlaggebend sein, hätte Soundcloud gute Chancen, meint der Medienberater Klaus Goldhammer:
    "…weil Soundcloud wiederum unglaublich viele DJsets hat, wo ein, zwei, dreistündige DJMixes noch mal hochgeladen werden und ganz viele neue Musiker, die hier überhaupt eine Verbreitung suchen für ihre Titel, aber keinen Plattendeal haben. Die sind auch zusätzlich alle bei Soundcloud."