
Das Ergebnis zeigt: Rhythmus und Melodie sind heute weniger komplex als früher, zugleich sind die Songs im Durchschnitt schneller. Dieser Umschwung ging allerdings nicht gleichmäßig vonstatten, wie Madeline Hamilton und Marcus Pearce von der Queen Mary University of London erkannten. Im Jahr 1975 gab es einen Sprung – damals entstanden die Genres Disco und New Wave. Und rund um die Jahrtausendwende wurde Hip-Hop immer beliebter; erneut war ein Sprung hin zu musikalischer Einfachheit zu beobachten.
Für die Veränderungen gibt es zwei mögliche Erklärungen: Zum einen wird das Zuhören schwer, wenn komplexe Musik auch noch schnell getaktet ist – deshalb könnten schnelle Songs im Durchschnitt simpler gebaut sein. Ebenso dürfte der Sprachwandel eine Rolle spielen, wie die Forschenden schreiben. Denn wir nutzen heute weniger Wörter als früher und sprechen einfacher. Daran orientierten sich vermutlich auch Komponisten und Musiker, wenn sie ihre Tonsprache entwickelten.
Forscherin: Repetitiv, einfach und dicht muss ein Ohrwurm sein
Die Ergebnisse passen zu einer weiteren, im März vorgestellten Studie. Ein Team unter Leitung von Eva Zangerle von der Universität Innsbruck hatte 12.000 englischsprachige Rap-, Country-, Pop-, R & B- und Rocksongs untersucht. Deren Sprache wurde zunehmend einfacher, außerdem gab es mehr Wiederholungen.
Mitautorin Elisabeth Lex von der Technischen Universität Graz wies auf die gewandelten Konsumgewohnheiten hin, die nicht ohne Folge für den kreativen Prozess blieben. Musikschaffende produzierten ihre Songs so, dass sie möglichst oft „gestreamt, geklickt und gesehen werden“, sagte sie der Nachrichtenagentur dpa. Repetitiv, einfach und dicht – das fördert demnach die Entwicklung zum Ohrwurm.
Diese Nachricht wurde am 05.07.2024 im Programm Deutschlandfunk gesendet.