Im vergangenen Winter wurden Bilder seiner Serie "Die zweite Heimat" in den Deichtorhallen in Hamburg gezeigt. Entstanden zwischen Bottrop und Eisenhüttenstadt, meist fernab großer Städte, geben sie Zeugnis von der satten Ödnis eines reichen Landes.
Mit seinen "Heimat"-Bildern erforsche er die soziale Oberfläche Deutschlands, sagt Peter Bialobrzeski selbst:
"Seitdem ich fotografiere, hat mich immer die Idee von diesem Deutschland interessiert, der Versuch, das Wesen eines Landes einzufangen, wie sieht Deutschland 25 Jahre nach der Wiedervereinigung aus? Der Schweizer Fotograf René Burri hat in den 50er-Jahren das Buch "Die Deutschen" gemacht, Robert Frank tat dies mit "The Americans".
Und in der Tat sprechen die Oberflächen, denen sich der Fotograf seit Jahrzehnten nicht nur in Deutschland widmet, Bände: Es sind Stadträume, Häuser oder nur Fassaden, die gesellschaftlichen Wandel abbilden. Menschen tauchen nur vereinzelt auf. Das mit einer bewussten Abkehr Bialobrzeskis von der Reportage- und Magazinfotografie zu tun, in der man den Menschen nur vermeintlich näherkomme. Aber eben auch mit der Technik der Langzeitbelichtung, in der nur scharf bleibt, was sich nicht bewegt.
Dass einige Bildserien aus asiatischen Megacities an Science-Fiction-Filme und -Romane erinnerten, sei kein Zufall, so Peter Bialobrzeski, etwa "Bladerunner" oder "Neoromancer" von William Gibson, worauf er den ersten Satz zitiert:
"Der Himmel hatte die Farbe eines Fernsehers, der auf einen toten Kanal geschaltet war".
Totgraue Nachthimmel über neongrell beleuchteten Autobahnkreuzen kommen in Bialobrzeskis Fotografien durchaus vor.
"Bladerunner hatte ich tatsächlich in den 80er-Jahren in einem Videocafé in Bangkok gesehen. Und als ich dann später nach zehn Jahren zurückkehrte nach Bangkok, war das, was Gibson als "Hightech und Lowlife" beschrieben hatte, direkt im Straßenbild zu erkennen. Oben hatte man eine sehr cleane Hightech Science-Fiction-Welt. Und unten verkauften die Leute Hühnerflügel für 25 Cent. Und da habe ich so eine mentale Notiz gemacht Mitte der 90er - irgendwann musst du zurückkommen und das fotografieren. Die Stadt als Faszinationsraum, die aber schon so sehr im Science Fiction liegt, als könnte sie Kulissenbau sein."
Warum es ihn immer wieder nach Asien zieht und weniger nach Afrika oder Südamerika? Peter Bialobrzeski zuckt mit den Achseln. "Ich denke, ich muss da mal in einem früheren Leben gelebt haben." Wenn er in Bombay lande, fühle er sich jedenfalls mehr zuhause als am Flughafen in Paris.
Die Lebensumstände oder Wohnstandards in den asiatischen Tigerstaaten mag der Fotograf nicht bewerten – weder in den billig hochgezogenen Neubauten noch in den Slums. Vielmehr stelle er sich gelegentlich die Frage, ob man Slums überhaupt fotografieren dürfe. Um sie für sich schließlich mit "Ja" zu beantworten:
"Wenn ich die Bilder in 2000er Auflage für 50 Euro pro Stück verkaufen würde, wäre das sicherlich zynisch. Aber wenn sie als Kunst verkauft werden, was relativ selten vorkommt, dann gibt es immer einen Anteil, den ich spende."