500 Dollar gewann die Linguistin und Kognitionswissenschaftlerin Elisabeth Wehling, als sie anders als ihre Kollegen an der Universität Berkeley auf den Wahlsieg Donald Trumps setzte. Es sei weder Überzeugung noch Kalkül gewesen, sondern das Ergebnis eines Experimentes, das sie mit Probanden durchgeführt hatte, erzählt Wehling in den "Zwischentönen". Dort habe sich gezeigt, dass die unentschlossenen Wähler nicht mit Fakten, sondern mit Ideologie zu überzeugen waren, und genau dies habe sich Donald Trump im Wahlkampf dann zu Nutze gemacht. "Trumps Wahlkampf war sozialdarwinistisch geprägt, er hat sich selbst als autoritärer strenger Familienvater begreifbar gemacht", sagte Wehling.
"Ein großer Hang zu einfachen Antworten"
Hillary Clinton hingegen habe ihren Wahlkampf weder auf Werte ausgerichtet noch ihre moralischen Anliegen in der Sprache des Alltags vermittelt. Elisabeth Wehling leitet mehrere wissenschaftliche Projekte zu Ideologie, Sprache und unbewusster Meinungsbildung und hat unter anderem Instrumente entwickelt, mit denen man empirisch erheben kann, "wie Menschen ideologisch ticken". Sie vertritt die These, dass wir alle uns von Sprache verführen lassen. Ihr Buch zum politischen "Framing" wurde im vergangenen Jahr vieldiskutiert. Noch zu häufig vernachlässigten Politiker ihren Sprachgebrauch, sagt die 35-Jährige, was sich im Umgang und im Erstarken des Rechtspopulismus jetzt rächt. "Menschen, die im rechtspolitischen Spektrum ideologisch verankert sind, haben einen großen Hang zu einfachen Antworten."
"Politik ist immer Ideologie"
Für die Bundestagswahl 2017 bedeute dies, dass sich die Parteien der Mitte über ihre Werte klar werden und diese sprachlich vermitteln müssten. In den vergangenen Jahren ist dies stark vernachlässigt worden. Allerdings, so Wehling, hätten sich die Werte der Parteien, beeinflusst etwa durch neoliberale Tendenzen im anglo-amerikanischen Raum, auch verschoben. "Politik ist immer Ideologie. Aus welcher moralischen Perspektive ordne ich Fakten und politische Herausforderungen ein?"
Elisabeth Wehling stammt aus einem sozialdemokratischen Elternhaus - ihr Vater arbeitete mit Willy Brandt zusammen, ihre Mutter interessierte sich stets für Kommunikation und Psychologie. Geprägt hat die Wissenschaftlerin beides - die Verbindung von Sprache und Hirnforschung führte sie schließlich nach Berkeley zu ihrem Doktorvater George Lakoff.