"Wenn jemand ein Instrument erlernt oder erlernt, mit seiner Stimme umzugehen, muss er seinen Körper benutzen, seine haptischen Fähigkeiten, seine Sinne benutzen, da ist der Atem dabei." So beschreibt die studierte Querflötistin Elisabeth Müller, was Musikschulen an Bildung leisten. Außerdem: "Frustrationstoleranz zu erlernen. Wenn ich nicht weiterkomme, was muss ich dann tun? Welche Umwege muss ich nehmen, wenn es nicht weitergeht? Das sind Schlüsselkompetenzen, die Menschen bis in den Beruf hinein brauchen."
"Menschenverachtend, wie ich bezahlt werde"
In ihrem Beruf wäre die Verdi-Gewerkschafterin gern geblieben. Doch mit Anfang 30 fragte sie sich, ob sie mit diesem Job je eine Familie gründen könnte, ohne sich finanziell vom Partner abhängig zu machen.
"Da habe ich gemerkt: Das wird als Musikschullehrerin nicht zu erreichen sein. Das Honorar, die Gehälter steigen nicht. Über die 12.000 bis 13.000 Euro brutto im Jahr kommen wir nicht hinaus. Der Sozialversicherungs-Schutz fehlt, wir zahlen in keine Rentenkasse ein, wir haben keinen Urlaub, von Elternzeit ganz zu schweigen. Da habe ich gemerkt, das kann so nicht weiterlaufen, deswegen habe ich mich umorientieren müssen, um eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung zu haben."
Wer kann, springt ab. Manche Musikschulen tun sich schon schwer, Nachwuchs zu finden. Wer bleibt, leidet. Wie der Musikschullehrer, der Namen, Stadt und Instrument nicht preisgibt, weil er Schwierigkeiten befürchtet. Und weil er sich schämt, arm zu sein - als Honorarkraft angewiesen auf die Unterstützung seiner Frau, die eine Festanstellung an einer Musikschule hat.
"Ich lebe sozusagen auf Kosten meiner Frau. Ich fahre ein altes Auto, das 280.000 Kilometer als Benziner runter hat, und habe Angst vor einer Reparatur. Ich finde es richtig menschenverachtend, wie ich bezahlt werde."
Der Nachwuchs bricht weg
Für die schonungslose Offenheit applaudieren drei Dutzend ehemalige und aktive Musikschullehrkräfte. Samt Dozenten und Professoren, die sich um ihren Pädagogen-Nachwuchs sorgen. Die Regierung Dreyer, so Christoph Kraus vom rheinland-pfälzischen Kulturministerium, habe die Musikschulförderung 2019 auf drei Millionen Euro erhöht und sei nicht schuld an der prekären Lage vieler Musikschulpädagogen.
"Das sind nämlich die Bürgermeister und Landräte, die nämlich in ihren Haushalten die Entscheidungen treffen. Wir müssen eine Vereinbarung treffen, dass mehr Geld insgesamt ins System kommt, und es kann nicht sein, dass das Land mehr rein gibt und die Kommunen sich zurückziehen."
Länder unterstützen Musikschulen nicht ausreichend
Einspruch: Die meisten Bundesländer, auch Rheinland-Pfalz, unterstützten die Kommunen und ihre Musikschulen viel zu wenig, finden Joachim Tobschall, Posaunist und Dozent an der Musikakademie Wiesbaden, und Christoph Utz, Chef des Verbandes der Musikschulen Rheinland-Pfalz. Das Land bezuschusst die Lehrkräfte nur zu sieben Prozent.
Eine Drittel-Finanzierung für die Musikschulen müsse her, fordert Tobschall auch für sein Bundesland Hessen: "Land ein Drittel, Kommune ein Drittel, und Elternbeiträge ein Drittel, eine Drittel-Lösung wäre schon mal ein großer Erfolg." "Und dabei wären aus unserer Sicht Unterschiede, die es in der Finanzkraft der Kommunen gibt, auszugleichen.
Pädagogische Qualität
Der Westerwaldkreis stellt Lehrkräfte an seiner Musikschule fest an und zahlt ihnen Tarif. Was das bringt, beschreibt Musikschul-Leiterin Rachel Büche: "Wir können viel mehr Projekte planen, ich kann die pädagogische Qualität garantieren, vor allem wenn ich nach außen gehe in Kooperationen, dann ist das nicht mehr so eine Frage, dann kündigt wieder der Honorar-Lehrer und kommt nächsten Monat jemand anders.
Sondern ich weiß, ich kann das über Jahre anbieten. Wir haben so gut wie keine Personalwechsel, außer wenn jemand aus Altersgründen ausscheidet. Also, kann ich planen." Und die Kooperation mit Ganztagsschulen und Kitas ausbauen, ohne den Vorwurf zu riskieren, freie Mitarbeiter scheinselbständig zu beschäftigen.