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Musikunterricht
Fehlende Lehrer sind nur ein Problem

Auf dem Bundeskongress Musikunterricht in Hannover ist die schwierige Lage des Musikunterrichts deutlich geworden. Die Lehrer kritisieren, dass zu wenig jüngere Kollegen ausgebildet würden. Wissenschaftler unterstützen diese Analyse. Die Antworten der Politik sind dünn.

Von Dietrich Mohaupt | 29.09.2018
    Ein Mädchen beim Klavierunterricht
    Mangelware Musiklehrer (dpa / Robert B. Fishman / ecomedia)
    Lotta Sukienik, Lehrerin für Musik und Geschichte an einem Gymnasium in Nordrhein-Westfalen:
    "Die Praxis im Musikunterricht stellt sich oftmals als sehr laut dar – weil die Klassen sehr voll sind. Man hat immer die Kinder, die aus dem Elternhaus schon von klein auf selber musiziert haben, und Kinder, die noch nie ein Instrument in der Hand hatten, noch nie ein Konzert besucht haben, noch nie in einem Theaterstück waren – und mit denen soll man musizieren, Musik hören, über Musik sprechen, allein sprachliche Probleme gibt es ganz viele."
    Ihre Kollegin Sonja Schmitt unterrichtet als Musiklehrerin an einer Integrierten Gesamtschule in Rheinland-Pfalz auch Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf:
    "Jetzt ist es leider so, dass die Förderschul-Lehrkräfte oft nur im Hauptfachunterricht eingesetzt werden – das heißt, ich bin mit 29 bis 30 Schülern in der Klasse und soll Musikunterricht machen, der für alle gewinnbringend ist. Das stellt sich natürlich ein bisschen als Problem dar, wenn ich in der Klasse einen Schüler habe, der blind ist oder Schüler die im Rollstuhl sitzen, oder allgemein einen Förderbedarf im Bereich Lernen haben."
    "Es werden zu wenig Musiklehrer ausgebildet"
    Immer wieder diese Kritik: Es gibt einfach nicht genug Musiklehrer. Georg Biegholdt – ehemaliger Musiklehrer an einer Grundschule, jetzt in der Lehrerausbildung tätig:
    "Es werden zu wenig Musiklehrer ausgebildet, und die Politik reagiert darauf eher damit, dass sie Stunden streicht, und es dann wirklich darauf ankommt, was der einzelne Lehrer, die einzelne Lehrerin an der Schule auf die Beine stellt. Da kann mit viel Engagement viel gemacht werden, man steckt viel rein – aber das geht wirklich dann auf den Einzelnen zurück, wirklich unterstützt wird man von der Politik in den meisten Bundesländern in dem Moment jetzt nicht."
    Vor allem in der praktischen Ausbildung von Nachwuchs mache sich der Musiklehrermangel bemerkbar, sagt Jürgen Overschmidt, Professor für Musikwissenschaft an der Pädagogischen Hochschule in Heidelberg:
    "Ich sehe auch, dass es an vielen Schulen einen tollen Musikunterricht gibt – ich komme aber auch an Schulen, da findet Musikunterricht überhaupt nicht statt. Da gibt es Studenten, die brennen und sind nun endlich in der Praxis und wollen da auch von den Kollegen etwas lernen – aber es gibt keine Kollegen, von denen sie etwas lernen können. Und dann sind sie als Studenten diejenigen, die den Musikunterricht da erst einführen müssen."
    Zugegeben - viel Schatten, aber auch Licht sieht Niedersachsens Kultusminister Grant Hendrik Tonne. Die Landesregierung setze bei der Ausbildung von Musiklehrern neben der Hochschulbildung auf spezielle Förderprogramme:
    "Zum Beispiel das niedersächsische Mentorenprogramm, wo wir junge Musikkünstler durch eine spezielle Fortbildung ausbilden, sie anleiten, Verantwortung zu übernehmen in einem Orchester, es anzuleiten – und damit auch den Weg hin zu einer Lehrtätigkeit mit zu beschreiben."