Tief in seinen Sitz zurückgelehnt sitzt Abdul Wahab Shaker am Steuer seines blauen Taxibusses. Es geht nur quälend langsam voran, der kräftige Mann im hellblauen Poloshirt lässt den Blick aus dem Fenster schweifen. Inzwischen hat er sich gewöhnt, an den Verkehr in Los Angeles. Abdul Wahab Shaker ist Syrer, hat lange in Dubai lebt. Seit drei Jahren lebt er jetzt in den USA.
"Klar verfolge ich den Wahlkampf im Fernsehen", erzählt er, "ich bin sehr neugierig." Aber was er da zu hören bekomme, das irritiere ihn schon.
"Ich meine, nur weil ich Abdul heiße, heißt noch nicht, dass ich gefährlich bin. Obwohl, für manche mag das so sein: Oh, Abdul ist Moslem, ein Terrorist. Fälle dein Urteil doch bitte nicht wegen meines Namens!"
Doch das passiert wieder häufiger, seit der republikanische Wahlkampf begonnen hat. Seit ehemalige Bewerber wie Ted Cruz nach den Anschlägen von Brüssel Patrouillen in muslimischen Vierteln gefordert haben. Oder Kandidaten wie Donald Trump ein Einreiseverbot für Muslime ins Gespräch gebracht haben:
"Donald J. Trump is calling for a total and complete shutdown of Muslims entering the United States. Until our country’s representatives can figure out what the hell is going on.”
Angriffe auf Muslime und Moscheen nehmen zu
Was zur Hölle da los ist, fragt sich auch Mike Abdeen seit einigen Monaten. Und der uniformierte Mann mit dem graumelierten Schnauzbart sieht nicht aus wie einer, der leicht aus der Bahn zu werfen ist. Abdeen ist seit fast 25 Jahren bei der Polizei in Los Angeles County. Seit neun Jahren leitet er die Einheit, die sich um gute Kontakte zu den muslimischen Gemeinden kümmern soll. Dramatisch sei die Lage im County nicht, aber Zwischenfälle, die gebe es schon, erzählt er in der Dienststelle:
"Einer Frau wurde der Schleier vom Kopf gerissen, eine Moschee wurde angezündet, wir hatten mehrere Fälle von Vandalismus, in einer Moschee hat eine Granatenattrappe für große Unruhe gesorgt."
Das sei natürlich nicht allein Trumps Schuld, auch der Terroranschlag von San Bernadino ganz in der Nähe habe dazu beigetragen. Aber:
"Das macht den Leuten Angst, wenn Trump sagt, dass er alle Muslime wegschicken will. Das schürt Angst und macht meinen Job schwieriger."
Dabei war es ein hartes Stück Arbeit, Vertrauen zu den muslimischen Gemeinden aufzubauen. Nach den Attentaten auf das World Trade Center vor 15 Jahren war das Misstrauen groß, auf beiden Seiten, erinnert sich Abdeen. Stück für Stück haben er und sein Team bei Moscheebesuchen, gemeinsamen Festen und vielen Gesprächen versucht, dieses "Wir gegen die"-Gefühl abzubauen.
Tumps Rethorik schürt Hass und Vorurteile
"Us against them”. Ein Gefühl, das Trump nun wieder schürt. Trumps Rhetorik habe zu einer regelrechten Hysterie geführt, findet Salam Al-Marayati. Er ist Präsident des Muslim Public Affairs Councils, der Interessenvertretung der Muslime in Los Angeles, die an einer ruhigen Kreuzung, gleich neben einer Fast-Food-Kette liegt.
Zum Beweis erzählt er die Episode, wie ein Student aus einem Flugzeug geworfen wurde, weil er vor dem Start auf Arabisch telefoniert und sich mit "Inschallah" verabschiedet hat. In seinen Worten mischt sich Unverständnis mit einer Prise Fassungslosigkeit.
"Das ist nicht nur für uns eine Gefahr, sondern für ganz Amerika, wenn einer eine ganze Gemeinschaft zum Sündenbock macht."
Denn es gehe nicht um einzelne Vorfälle, sondern um die Haltung, die dahinter stehe:
"Die Republikaner predigen, Amerika sei im Krieg mit dem Islam. Das ist die andere Seite der Medaille von dem, was der IS und Al Kaida predigen."
Das gleiche hört man, wenn man eine Autostunde weiter südlich in Anaheim Station macht. Hier hat das Council on American-Islamic Relations seinen Sitz, eine islamische Bürgerrechtsorganisation. "In jedem Wahlkampf ist der Frust groß, wie über Muslime gesprochen wird", seufzt Haroon Manjlai im großen, fensterlosen Sitzungsraum von CAIR. Aber es werde mit jedem Wahlkampf schlimmer…
"Unser Job ist es, der Gemeinde zu mehr Mitbestimmung zu verhelfen. Wenn einer frustriert ist, wie der Wahlkampf läuft, dann zeigen wir ihm, wie er sich für die Wahl registriert und wo er wählen gehen kann."
Muslimische Wählerschaft mehrheitlich für Hillary Clinton
Sein Trumpf gegen Trump: die seiner Erfahrung nach hohe Wahlbeteiligung unter Muslimen, einer potentiell konservativen Wählerschaft, die sich nach einer Umfrage der Organisation derzeit jedoch mehrheitlich für Hillary Clinton entscheiden würde.
Das hat offenbar auch Donald Trump erkannt. Gerade soll er einen seiner wichtigsten Berater losgeschickt haben, um bei prominenten muslimischen Vertretern für ihn zu werben. Mit ersten Erfolgen. Und doch wird es Donald Trump schwer haben, bei Muslimen zu punkten.
Aber auch Muslime werden es nach der Präsidentschaftswahl weiterhin schwer haben, fürchtet Salam Al-Marayati in seinem Büro in Los Angeles. Egal, wer gewinnt.
"Denn die, die Donald Trump unterstützen, sind ja auch nach der Wahl noch da."
Die Recherchen für diesen Beitrag entstanden während einer Pressereise mit dem US-Außenministerium.