Das neue Gesetz zur Musterfeststellungsklage soll zum 1. November in Kraft treten, zwei Monate vor Ablauf der Verjährungsfristen, die viele betreffen, die sich durch die manipulierte Dieselabgasanlagen in VW-Fahrzeugen geschädigt fühlen. Verbraucherschutzorganisationen können ab dann im Namen von mindestens fünfzig Geschädigten, die sich vorher in ein Klageregister eingetragen haben müssen, gegen Unternehmen klagen.
In einem so genannten Musterverfahren wird vom Gericht dann festgestellt, ob überhaupt die Voraussetzungen für einen Schadensersatz gegeben sind. Anschließend muss der einzelne Verbraucher seinen individuellen Schadenersatzanspruch zwar selbstständig durchsetzen, er kann sich dabei jedoch auf die im Musterverfahren getroffenen Feststellungen berufen. Der eigentliche Schadensersatzprozess wird damit – so die Hoffnungen – schneller und vor allem risikoloser. Außerdem soll mit der Musterfeststellungsklage – siehe VW – eine mögliche Verjährung von Schadensersatzansprüchen frühzeitig gehemmt werden.
Industrie fürchtet Klagewelle
Wer ein solches Verfahren führen darf, soll gesetzlich genau festgelegt werden. Denn vor allem die Industrie befürchtet hier eine "Klageindustrie nach amerikanischem Vorbild". Stefan Wernicke vom Deutschen Industrie- und Handelskammertag erläutert, was damit gemeint ist:
"Wenn Recht verwandelt wird in ein Investitionsobjekt, das heißt, wenn Kanzleien und insbesondere US-amerikanische Klägerkanzleien hier einen Standort in Europa kriegen, um bestimmte Klagetypen alleine zu ihrem eigenen Nutzen zu machen, dann sehen wir das als gefährlich an".
Deshalb dürfen nur Verbände klagen. Und auch nicht jeder Verband. Auf Drängen der CDU wurde der Kreis eng gefasst: Nur größere Verbände mit mindestens 350 Mitgliedern oder zehn Mitgliedsverbänden, die seit mindestens vier Jahren bestehen und sich im Wesentlichen mit dem Verbraucherschutz befassen, kommen zum Zug.
"Wenn Recht verwandelt wird in ein Investitionsobjekt, das heißt, wenn Kanzleien und insbesondere US-amerikanische Klägerkanzleien hier einen Standort in Europa kriegen, um bestimmte Klagetypen alleine zu ihrem eigenen Nutzen zu machen, dann sehen wir das als gefährlich an".
Deshalb dürfen nur Verbände klagen. Und auch nicht jeder Verband. Auf Drängen der CDU wurde der Kreis eng gefasst: Nur größere Verbände mit mindestens 350 Mitgliedern oder zehn Mitgliedsverbänden, die seit mindestens vier Jahren bestehen und sich im Wesentlichen mit dem Verbraucherschutz befassen, kommen zum Zug.
Allerdings: Nicht selten werden die Verfahren langwierig und kompliziert sein. Und die Erstattung der Prozesskosten soll, so heißt es jedenfalls in der Begründung zum Gesetzentwurf, gedeckelt sein. Das ist auch dem Verbraucherzentrale Bundesverband – kurz vzbv - klar, der sich bereits intensiv darauf vorbereitet, solche Verfahren künftig zu führen.
Roland Stuhr ist Referent beim vzbv und meint: "Ja, es ist sicherlich so, dass die Musterfeststellungsklage für den klagenden Verband kein Geschäftsmodell sein wird, mit dem der Verband Geld verdienen kann. Im Gegenteil, es ist eben so, dass die Anwälte bei der Musterfeststellungsklage und die gedeckelten Streitwerte relativ wenig Gebühren verdienen können. Wenn es dann aufwendig wird und sich länger hinzieht, dann ist vollkommen klar, dass diese zusätzliche Arbeit vom Verband selber geleistet werden muss."
Roland Stuhr ist Referent beim vzbv und meint: "Ja, es ist sicherlich so, dass die Musterfeststellungsklage für den klagenden Verband kein Geschäftsmodell sein wird, mit dem der Verband Geld verdienen kann. Im Gegenteil, es ist eben so, dass die Anwälte bei der Musterfeststellungsklage und die gedeckelten Streitwerte relativ wenig Gebühren verdienen können. Wenn es dann aufwendig wird und sich länger hinzieht, dann ist vollkommen klar, dass diese zusätzliche Arbeit vom Verband selber geleistet werden muss."
Dieselskandal hat Debatte befördert
Wie viele Klageverfahren tatsächlich dann auch geführt werden können, hängt deshalb auch von der finanziellen Schlagkraft des jeweiligen Verbandes ab:
"So dass wir letztlich abwarten müssen, ob die Politik die klagebefugten Verbraucherverbände dann hierfür auch mit den erforderlichen Mitteln ausstatten wird."
Ob eine rechtzeitige Einführung der Musterklage VW-Kunden überhaupt hilft, ist dabei nicht unbedingt ausgemacht. Der Gesetzentwurf verlangt eine "Vielzahl gleichartig geschädigter Verbraucherinnen und Verbraucher" und das sei beim Dieselskandal ja nicht unbedingt der Fall, meint DIHK-Vertreter Stefan Wernicke
"Es geht um Händler, es geht um Volkswagen selbst, es geht um Verbraucher mit sehr unterschiedlichen Modellen, unterschiedlichen Typengenehmigungen, die aus unterschiedlichen Mitgliedstaaten stammen. Wir befürchten, dass eine Vielzahl von Verbrauchern in wenigen Jahren dann sehr enttäuscht sein wird, von diesem Instrument."
Auch auf europäischer Ebene macht man sich Gedanken darüber, wie man die Klagerechte von Verbrauchern verbessern kann. Und auch hier hat der Dieselskandal die Debatte befördert. Mitte April hat die zuständige Justizkommissarin Vera Jourova ihre Pläne für eine Richtlinie vorgestellt. Sie gehen sogar noch weiter als der deutsche Gesetzentwurf: Über die Anspruchsvoraussetzungen und den Schadensersatz soll dann – anders als bei der Musterfeststellungsklage – in einem Verfahren entschieden werden. Sollte der Kommissionsentwurf also tatsächlich irgendwann beschlossen werden, müsste beim deutschen Recht nachgebessert werden.
"So dass wir letztlich abwarten müssen, ob die Politik die klagebefugten Verbraucherverbände dann hierfür auch mit den erforderlichen Mitteln ausstatten wird."
Ob eine rechtzeitige Einführung der Musterklage VW-Kunden überhaupt hilft, ist dabei nicht unbedingt ausgemacht. Der Gesetzentwurf verlangt eine "Vielzahl gleichartig geschädigter Verbraucherinnen und Verbraucher" und das sei beim Dieselskandal ja nicht unbedingt der Fall, meint DIHK-Vertreter Stefan Wernicke
"Es geht um Händler, es geht um Volkswagen selbst, es geht um Verbraucher mit sehr unterschiedlichen Modellen, unterschiedlichen Typengenehmigungen, die aus unterschiedlichen Mitgliedstaaten stammen. Wir befürchten, dass eine Vielzahl von Verbrauchern in wenigen Jahren dann sehr enttäuscht sein wird, von diesem Instrument."
Auch auf europäischer Ebene macht man sich Gedanken darüber, wie man die Klagerechte von Verbrauchern verbessern kann. Und auch hier hat der Dieselskandal die Debatte befördert. Mitte April hat die zuständige Justizkommissarin Vera Jourova ihre Pläne für eine Richtlinie vorgestellt. Sie gehen sogar noch weiter als der deutsche Gesetzentwurf: Über die Anspruchsvoraussetzungen und den Schadensersatz soll dann – anders als bei der Musterfeststellungsklage – in einem Verfahren entschieden werden. Sollte der Kommissionsentwurf also tatsächlich irgendwann beschlossen werden, müsste beim deutschen Recht nachgebessert werden.