Auf der zentralen Gedenkfeier zum 75. Jahrestag der Bücherverbrennung in der Berliner Akademie der Künste fiel sein Name wieder einmal nicht, obwohl von ihm das bedeutendste Dokument des Mutes gegenüber dem nationalsozialistischen Regime stammt.
Am 11. April 1933 schickte der Schriftsteller Armin T. Wegner ein Protestschreiben gegen die einsetzende Judenverfolgung in Deutschland an Adolf Hitler in dessen Münchner Parteikanzlei. Der Titel: "Für Deutschland".
Wegner, 1886 in Wuppertal-Elberfeld geboren und 1978 in Rom gestorben, saß mitten in Deutschland, als er Hitler in seinem offenen Brief aufforderte:
"Schützen Sie Deutschland, indem Sie die Juden schützen … Wahren Sie die Würde des deutschen Volkes."
Was Wegner da tat, war der helle Wahnsinn. Und doch war dieses Schreiben an Hitler wohl kalkuliert. Er versuchte mit seiner Argumentation die Adolf Hitlers zu unterlaufen.
Wegner geht von einem Deutschland aus, das ewig gegen seine Zerstückelung zu kämpfen hatte und verleumdet worden sei. Wie die Juden seien die Deutschen durch die Jahrhunderte "ewige Wanderer auf der Erde" gewesen, "hätten als Brückenbauer, Kaufleute, Siedler den Reichtum und Ruf aller Völker vermehrt".
Wegner verweist darauf, dass die Juden in Deutschland für dieses Land alles getan hätten und Teil der deutschen Kultur geworden seien. Er zählt sie auf: die Nobelpreisträger Albert Einstein und Paul Ehrlich, den Reeder Albert Ballin und Emil Rathenau, den Gründer der AEG. Er erinnert an die 12.000 jüdischen Soldaten, die im Ersten Weltkrieg für Deutschland gestorben sind.
Wegner blickt in seinem Brief auf die gesamte Geschichte von Juden und Deutschen, nimmt das Jiddische als Beleg dafür, wie stark das deutsche Element in dieser Sprache die Juden an die Deutschen bindet. Er sieht in den Juden Verwandte deutscher Innerlichkeit und Grübelei, und bestreitet, wie er sagt, "diesen törichten Glauben, dass alles Unglück auf der Welt von den Juden herrühre".
Wegner sieht in dem Boykott jüdischer Geschäfte am 1. April 1933, in der Vertreibung jüdischer Richter, Staatsanwälte, Ärzte und Schriftsteller einen Anschlag auf das deutsche Volk. Er will nicht glauben, dass Hitler Raub und Plünderung zulässt, wie sie längst stattfinden. Als "Spross einer preußischen Familie" ruft Wegner Hitler zu:
"Wenn alle in diesen Tagen stumm bleiben, will doch ich nicht länger schweigen (…). Denn wen muss einmal der Schlag treffen, den man jetzt gegen die Juden führt, wen anderes als uns selbst?"
Ein Einzelner spricht hier für das deutsche Volk, das sich längst abgewandt hatte. Wegner durchlitt Verhaftung, Folter und KZ, ehe er wie durch ein Wunder freikam und in Italien überlebte. In der Demütigung jener Monate bis Ende 1933 hielt der Pazifist sogar gegenüber seinen Folterern an der Ansicht fest, dass auch der Böse zu Gutem fähig ist.
So ist auch der Brief an Hitler ein Akt großer Naivität gewesen. Einer Naivität, der Rettung innewohnte. Wer nicht an das Wunder der Naivität glaubt, ist kein Realist. Wegner war einer - mit einer unerbittlichen Lektion über das Thema Literatur und Moral.
Armin T. Wegner: Brief an Hitler
Peter Hammer Verlag, 2002, 54 Seiten
(derzeit nur antiquarisch erhältlich).
Am 11. April 1933 schickte der Schriftsteller Armin T. Wegner ein Protestschreiben gegen die einsetzende Judenverfolgung in Deutschland an Adolf Hitler in dessen Münchner Parteikanzlei. Der Titel: "Für Deutschland".
Wegner, 1886 in Wuppertal-Elberfeld geboren und 1978 in Rom gestorben, saß mitten in Deutschland, als er Hitler in seinem offenen Brief aufforderte:
"Schützen Sie Deutschland, indem Sie die Juden schützen … Wahren Sie die Würde des deutschen Volkes."
Was Wegner da tat, war der helle Wahnsinn. Und doch war dieses Schreiben an Hitler wohl kalkuliert. Er versuchte mit seiner Argumentation die Adolf Hitlers zu unterlaufen.
Wegner geht von einem Deutschland aus, das ewig gegen seine Zerstückelung zu kämpfen hatte und verleumdet worden sei. Wie die Juden seien die Deutschen durch die Jahrhunderte "ewige Wanderer auf der Erde" gewesen, "hätten als Brückenbauer, Kaufleute, Siedler den Reichtum und Ruf aller Völker vermehrt".
Wegner verweist darauf, dass die Juden in Deutschland für dieses Land alles getan hätten und Teil der deutschen Kultur geworden seien. Er zählt sie auf: die Nobelpreisträger Albert Einstein und Paul Ehrlich, den Reeder Albert Ballin und Emil Rathenau, den Gründer der AEG. Er erinnert an die 12.000 jüdischen Soldaten, die im Ersten Weltkrieg für Deutschland gestorben sind.
Wegner blickt in seinem Brief auf die gesamte Geschichte von Juden und Deutschen, nimmt das Jiddische als Beleg dafür, wie stark das deutsche Element in dieser Sprache die Juden an die Deutschen bindet. Er sieht in den Juden Verwandte deutscher Innerlichkeit und Grübelei, und bestreitet, wie er sagt, "diesen törichten Glauben, dass alles Unglück auf der Welt von den Juden herrühre".
Wegner sieht in dem Boykott jüdischer Geschäfte am 1. April 1933, in der Vertreibung jüdischer Richter, Staatsanwälte, Ärzte und Schriftsteller einen Anschlag auf das deutsche Volk. Er will nicht glauben, dass Hitler Raub und Plünderung zulässt, wie sie längst stattfinden. Als "Spross einer preußischen Familie" ruft Wegner Hitler zu:
"Wenn alle in diesen Tagen stumm bleiben, will doch ich nicht länger schweigen (…). Denn wen muss einmal der Schlag treffen, den man jetzt gegen die Juden führt, wen anderes als uns selbst?"
Ein Einzelner spricht hier für das deutsche Volk, das sich längst abgewandt hatte. Wegner durchlitt Verhaftung, Folter und KZ, ehe er wie durch ein Wunder freikam und in Italien überlebte. In der Demütigung jener Monate bis Ende 1933 hielt der Pazifist sogar gegenüber seinen Folterern an der Ansicht fest, dass auch der Böse zu Gutem fähig ist.
So ist auch der Brief an Hitler ein Akt großer Naivität gewesen. Einer Naivität, der Rettung innewohnte. Wer nicht an das Wunder der Naivität glaubt, ist kein Realist. Wegner war einer - mit einer unerbittlichen Lektion über das Thema Literatur und Moral.
Armin T. Wegner: Brief an Hitler
Peter Hammer Verlag, 2002, 54 Seiten
(derzeit nur antiquarisch erhältlich).