Der Wind in Gafsa ist heiß, schon am Morgen zeigt das Thermometer über 40 Grad. In den Augen brennt der Phosphatstaub. Auf Autos, Bäumen, Dächern – auf allem liegt ein gelblicher Staubfilm, die Luft stinkt nach Schwefel, das Atmen fällt schwer. In den Bäumen an der Hauptstraße hängen Plastiktüten, der sandige Boden ist von Müll bedeckt. Jahrzehntelang hat Sadok Amin für die Chemiewerke in Gafsa geschuftet – heute ist er alt und krank. Wie viele Menschen im Phosphatgebiet hat er kaum noch Zähne. Vor der Sonne hat er sich in eine Lagerhalle geflüchtet:
"Eigentlich könnten alle Menschen in der Region, nein - ganz Tunesien könnte von der Phosphatproduktion leben. Es wird eine ordentliche Menge produziert. Und wenn alles mit rechten Dingen zuginge, wenn sich nicht so viele Leute die eigenen Taschen voll machen würden, dann könnte es dieser Region und dem ganzen Land sehr, sehr gut gehen!"
Doch Gafsa geht es nicht gut. Dabei hat das kleine Provinznest große Bedeutung. Denn Gafsa liegt im Herzen des Phosphatbeckens, das sich über 6.000 Quadratkilometer erstreckt. Phosphat ist Zusatzstoff für Waschmittel, Farbe, Futtermittel und Grundstoff für Dünger: Phosphat ist der wichtigste Bodenschatz Tunesiens.
Die neue tunesische Regierung war nach der Wahl im Herbst 2011 angetreten, um das Land den Weg in die Demokratie zu ebnen. Heute kämpft sie um das Vertrauen des Volkes. Die hohen Erwartungen konnte sie bisher nicht erfüllen. Streiks und Demonstrationen sind noch immer an der Tagesordnung.
In den neunziger Jahren hatte die Groupe Chimique, die staatseigene Phosphatindustrie, von Berg- auf Tagebau umgestellt – und damit Menschen durch Maschinen ersetzt. Bis 2008 sank die Zahl der Beschäftigten von 15.000 auf 5.000. Der ausgegrabene Reichtum wurde in den Küstenregionen investiert oder verprasst - dort, wo die Clans von Ex-Diktator Ben Ali herstammen. Im Phosphatbecken dagegen: tiefe Not. Bis heute sei das so, klagt Nejib, auch nach der Jasmin-Revolution. Nejib ist arbeitslos, wie die meisten hier. Im Schatten eines Baumes wartet er neben einem Karren voller Wassermelonen auf Kundschaft.
"Es hat sich gar nichts geändert. Die Leute sind immer noch arbeitslos, es gibt Familien, die können noch nicht mal Wasser und Strom bezahlen! Familien mit vier, fünf Kindern, die Mädchen sind nicht verheiratet, und die müssen mit 200, 300, 500 Dinar auskommen - das ist doch kein Leben! So sieht's aus! Es wird sich nichts ändern... Früher konnte ich auf dem Flohmarkt eine Hose für 500 Millimes kaufen, heute kostet sie zehn Dinar!"
Die Streiks der Minenarbeiter von 2008, die Proteste gegen Ausbeutung und schlechte Arbeitsbedingungen: Ben Alis Regime hatte sie brutal niedergeschlagen Aber dieser Widerstand war der eigentliche Anfang vom Ende des Diktators, davon sind die Menschen hier überzeugt. Sie fühlen sich als Revolutions-Pioniere, die für den Wandel gekämpft und viele Opfer gebracht haben. Deswegen sind sie in Gafsa auch so enttäuscht von der neuen Regierung, die nach der Wahl vom Oktober 2011 angetreten ist, um Tunesien den Weg in die Demokratie zu ebnen. Amar Amroussi, Chef der Kommunisten von Gafsa, zieht eine bittere Bilanz.
"Diese Regierung hat einen Weg eingeschlagen, der nichts mit der tunesischen Revolution zu tun hat. Weder bewahrt sie die Revolution, noch tut sie im wirtschaftlichen Bereich etwas. Die Revolution kann nur mit dem Sturz dieser Regierung weitergehen!"
Die harsche Kritik aus Gafsa teilen viele Tunesier. Dabei wächst die Wirtschaft immerhin um zwei Prozent in diesem Jahr. Aber eine Schwalbe macht noch keinen Sommer. Schuld daran sind vor allem die anhaltend hohe Arbeitslosigkeit und die hohen Lebensmittelpreise. Zu Tunesiens Handelsdefizit kommt noch die Finanzkrise in Europa dazu – und Europa ist Tunesiens wichtigster Handelspartner. Die Folge: Die Stimmung ist im Keller, Streiks und Demonstrationen sind noch immer an der Tagesordnung.
Andere Reizthemen: die halbherzig garantierte Pressefreiheit, die fehlende Unabhängigkeit der Justiz, die Aufarbeitung der Vergangenheit, die in Tunesien nur schleppend vorankommt.
Seit Wochen knirscht es gewaltig im Regierungsgebälk. Ein erbitterter Machtkampf ist entbrannt, zwischen dem linken Übergangspräsidenten Moncef Marzouki und Premierminister Hamadi Jebali. Der Regierungschef der Mehrheitspartei Ennahda lässt derzeit keine Gelegenheit aus, um Marzouki politisch zu demütigen und seine Autorität zu untergraben. Die Regierung hat an Ansehen verloren: Sie kämpft um das Vertrauen des Volkes. Die hohen Erwartungen konnte sie bisher nicht erfüllen. Doch es ist keineswegs so, dass sie untätig wäre. Ganz im Gegenteil: Sie rotiert. Aus Mangel an Erfahrung. Vielleicht sei das genau das Problem, vermutet der Philosoph Youssef Seddik:
"Es ist die Hast, die die politisch Verantwortlichen ihre Strategie vergessen lässt! Der Druck, alles lösen zu müssen, und zwar gleichzeitig – Wirtschaft, Arbeit, Löhne usw.! Das ist das große Unglück Tunesiens: Es gibt keine Prioritäten, alles ist dringend! Und niemand findet die Lösung dieser Gleichung mit so vielen Unbekannten. Mit so viel dringlichen Problemen auf der einen, und so wenig Strategie auf der anderen Seite!"
Täglich wird um neue Gesetze und Verordnungen gerungen; die neue Verfassung ist weitgehend geschrieben. Ausländische Investoren kommen vorsichtig zurück, und auch die Touristen. Die Buchungszahlen von Urlaubern aus Europa sind noch nicht wieder auf dem Niveau vor der Revolution, doch die Nationale Tourismusbehörde spricht nach dem dramatischen Einbruch im letzten Jahr schon von einem Comeback Tunesiens als Reiseland. Nichts dürfe mehr schiefgehen, es müsse endlich Ruhe einkehren, beschwört die Wirtschaft die Politik. Wided Bouchamaoui ist Präsidentin des tunesischen Industrie-und Handelsverbandes:
"Wir brauchen endlich Stabilität! Jedes Mal, wenn die Wirtschaft sich erholt, wenn die Dinge endlich klarer sind, dann gibt es einen politischen, religiösen oder sonstigen Zwischenfall – und dann ist es wieder vorbei mit der Stabilität!"
Demonstrationen sind Alltag auf der Avenue Bourguiba in Tunis – aber diesmal sind es Tunesiens Reiseveranstalter, die wütend vor das Innenministerium gezogen sind. "Ne touche pas à mon touriste!" ist auf einem Banner zu lesen: "Hände weg von den Touristen!". Tunesiens Urlaubswirtschaft hat Angst um die Früchte ihrer Arbeit. Ob Unruhen, Streiks oder vorübergehende Ausgangssperren: Das Land komme einfach nicht zur Ruhe – und das sei Gift für den Tourismus. Jalel Gasmi, Besitzer eines Reisebüros:
"Wir sind hier, um Alarm zu schlagen. Wir wollen Sicherheit. Wir haben alles dafür getan, dass der Tourismus sich erholt, wir haben unsere Kunden überzeugt, wieder hierherzukommen, und jetzt verlangen wir vom Innenminister, dass er seine verdammte Arbeit macht! Und noch etwas: Wir danken besonders den deutschen Urlaubern, die uns nie im Stich gelassen haben und die nun auch wiederkommen, es sind fast so viele wie zur Zeit von Ben Ali!"
Ein wenig Balsam für die Tourismusindustrie, von der mehr als zwei- der zehn Millionen Tunesier leben. Dass letztes Jahr fast 40 Prozent der Urlauber einen Bogen um Tunesien gemacht haben, hat die Branche bitter zu spüren bekommen. Dass es zwischenzeitlich Ramsch-Angebote gab und eine Woche auf Djerba für 199 Euro zu haben war, hat nicht viel geholfen.
Langsam kommt das Ferienland Tunesien wieder auf die Beine: Der politische Fortschritt zahlt sich aus, und sei er auch noch so schleppend. Die Touristen kommen zurück – auch weil die Islamisten der Regierungspartei Ennahda wissen, wie wichtig die Urlauber sind: Alkohol und Bikinis bleiben selbstverständlich erlaubt. Doch die meisten Feriengäste verstecken sich in den Bettenburgen am Strand – und zwar all-inclusive. Darunter leiden die Restaurants, aber auch die Souvenirhändler und die Handwerker in der Medina von Hammamet. Larbi Riad ist sicher: Auf seinem Silberschmuck bleibt er in diesem Sommer sitzen.
"Es ist ein bisschen besser geworden, aber noch lange nicht so, dass ich zufrieden wäre. Die Urlauber haben immer noch Angst, sie verlassen ihre Hotelanlagen nicht, um hier etwas zu kaufen. Die Touristen sollten sich aber keine Sorgen machen – die Tunesier sind gastfreundlich und freuen sich auf alle Nationen, so wie immer. Es gibt überhaupt keine Probleme!"
Doch auch wenn die Touristen nicht betroffen sind: "Zwischenfälle" gab und gibt es mehr als genug – und auch Gewalt. An Ostern war die Avenue Bourguiba in Tränengas eingehüllt, wütende Schläger, möglicherweise aus dem Lager der früheren Ben Ali-Partei RCD, machten Jagd auf Demonstranten, auch Journalisten wurden verletzt.
Im Juni stürmen Salafisten eine Kunstausstellung im Abdelia-Palast von La Marsa. Der "Printemps d’Art", der Frühling der Kunst: Er gilt als wichtigste Schau moderner Kunst seit der Revolution. Kunst, die provozieren und eine Debatte über tunesische Identität auslösen will. Die radikalen Islamisten sehen darin eine Beleidigung ihres Glaubens. Allerdings ärgern sie sich über Werke, die zwar auf Facebook kursieren, aber gar nicht Teil der Ausstellung sind. Doch die Gewalt ist nicht mehr aufzuhalten: Bilder werden zerstört, plötzlich brennen Polizeistationen, Gerichtsgebäude, Hotels. Es gibt viele Verletzte, auch einen Toten: In Tunis und einigen Landesteilen wird für drei Tage eine Ausgangssperre verhängt.
Die Installationskünstlerin Amal hat selbst im Abdelia-Palast ausgestellt – nun hat sie Angst. Um ihr Leben, um ihre Freunde, um die Kultur in Tunesien.
"Was soll nur werden? Werden Künstler noch ihre Werke ausstellen? Wird es noch neue Galerien geben? Werden Filmemacher noch ihre neuen Filme, Theaterregisseure noch ihre Inszenierungen zeigen?"
Die Angst kommt nicht von ungefähr. Immer wieder haben Tunesiens Salafisten Kultureinrichtungen, Kinos und Fernsehsender angegriffen – ohne dass dies große juristische Folgen für die Täter gehabt hätte.
"Es gibt sogar schwarze Listen von Künstlern, die nicht einmal im Kunstpalast ausgestellt haben – und diese Listen machen auf Facebook die Runde. Ich bin nicht die einzige, die in Gefahr ist. Die gesamte Szene ist in Gefahr. Was hier gerade geschieht, ist für mich der Beweis dafür, dass die Kultur in diesem Land ausgelöscht werden soll."
Das weist Kulturminister Mabrouk von der moderaten Ennahda-Partei entschieden zurück. Aber: Künstlerische Meinungsfreiheit habe ihre Grenzen, erklärt er. Kunst müsse schön sein, aber nicht revolutionär. Koran-Schriftzüge aus kleinen Fliegen, ein bärtiger Islamisten-Superman, ein weiblicher Akt, das Geschlecht verdeckt von einer Schale Couscous – das sei keine Kunst, so Ennahda-Sprecher Faycal Nacer:
"Die Künstler dieser Ausstellung sind doch gar keine richtigen Künstler – diese Leute können sich ja nicht mal als Künstler ausweisen. Diese… wie nennt man sie noch Mal… moderne Kunst – sie hat nur Ärger gemacht. Damit haben diese Leute die Salafisten provoziert, und die haben ihre Schläger auf die Straße geschickt. Im Grunde sind die Künstler die Komplizen der Salafisten!"
Die harschen Vorwürfe des Ennahda-Sprechers an die Adresse der Kunstschaffenden machen deutlich: Die Partei tut sich offenbar schwer mit einem klaren Kurs – auch gegenüber den Salafisten. Ein Kalifat mit dem islamischen Recht der Scharia, so wie die radikalen Islamisten es wollen, das lehnt Ennahda strikt ab. Doch ihre konservative Wählerschaft will die Partei auch nicht verprellen – und lässt die Zügel lang. Kritiker fürchten: zu lang. Der Menschenrechtsanwalt Mokhtar Trifi:
"Die Partei ist schon im Wahlkampf! Für die Wahlen, die voraussichtlich im März 2013 stattfinden werden. Die Ennahda-Leute wissen genau, dass bis dahin nicht genug Zeit ist, um die großspurig angekündigten Reformprojekte umzusetzen. Daher denken sie schon weiter. Sie machen gezielt Kulturpolitik und gehen auf Menschenfang, mit dieser religiös gefärbten Debatte über die Identität, um die Leute an Ennahda zu binden. Sie erklären den Massen, was eine "gute" Identität ist – und bauen Bedrohungsszenarien auf: dass es zum Beispiel Leute gibt, die diese islamische Identität Tunesiens bedrohen. Das Kalkül von Ennahda: – die Menschen werden diejenigen wählen, die ihre Identität verteidigen."
Ennahda-Sprecher Faycal Nacer beschwichtigt und erklärt: Seine Partei habe es eben nicht leicht mit ihrem Spagat – mit dem Versuch, Demokratie und Islam unter einen Hut zu bringen.
"Ennahda wird von beiden Seiten angegriffen. Die Radikalen werfen uns einen "Islam Light" vor; die Laizisten sagen, wir seien Radikale. Wer im Zentrum steht, findet sich immer am Pranger wieder. Aber wir bleiben auf dem Mittelweg. Deshalb sind wir ja auch mit den Linken wie mit Präsident Marzouki eine Koalition eingegangen. Wir glauben an die Koexistenz der Menschen und wir respektieren Unterschiede."
Die Führung will Ennahda in eine moderate Partei verwandeln, die Mehrheit der Basis will, dass Ennahda eine religiöse Bewegung bleibt. Wie das zusammenpassen soll, kann auch Nejmeddine Hamrouni nicht sagen. Aber der moderate Vordenker der Ennahda hält alle möglichen Szenarien für denkbar – auch eine Spaltung der Partei.
"Wir sind natürlich nicht naiv. Natürlich kann es so weit kommen, dass bestimmte Ideen oder Diskurse in unserer Partei nicht mehr zusammenpassen. Und dann – Gott sei Dank - sind wir ja eine Demokratie, dann kann es sein, dass einige einen anderen Weg weitergehen wollen. Alles in Tunesien geschieht unter einem massiven innenpolitischen Druck – und ist auch von außenpolitischen Verhältnissen abhängig. Diese Erwartungen, die Ungeduld, die Hoffnungen sind immens! So immens und so vielseitig, dass die Politik darauf nur mit Verzögerung reagieren kann. Von allen Seiten hören wir: "Die sind zu langsam, da bewegt sich zu wenig": Es ist sehr schwierig, damit umzugehen. Aber eine Partei wie unsere darf sich nicht die ganze Zeit um sich selbst drehen sondern muss sich der politischen Situation des Landes anpassen."
Er wird gefeiert wie ein Erlöser – Beji Caid Essebsi, 84 Jahre alt, bis zur Wahl vom vergangenen Oktober noch Premierminister Tunesiens. Im Kongresszentrum von Tunis steht Essebsi vor einem Meer tunesischer Fahnen. Kein einziges Kopftuch ist hier zu sehen: Hier jubeln jene, die sich für Tunesiens aufgeklärte Bildungsbürger halten. Sie halten nichts von Ennahda – sie wollen die Tradition von Staatsgründer Bourguiba fortsetzen: Patriotismus, liberale Wirtschaftspolitik, eine klare Trennung von Religion und Staat.
"Tunesien gehört uns allen, und ich will, dass die Tunesier Hand in Hand zusammenstehen, und deshalb rufe ich nun unsere neue Partei ins Leben. Eine Einheitsbewegung. Die Regierung hat es ja offensichtlich nicht geschafft … na gut, einer muss ja mal anfangen, dann machen wir das eben!"
Fest steht: Auch im Jahr eins nach der Jasmin-Revolution bleibt Tunesien ein Labor, für den komplizierten und explosiven Versuch, eine neue Verbindung herzustellen, zwischen Islam, Demokratie und politischer Macht. Noch streiten sich in diesem Labor zu viele über die richtige Rezeptur. Die Welt schaut auf Tunesien. Wenn im nächsten Jahr gewählt wird, soll die Zeit des Übergangs vorbei sein. Und deshalb macht Staatspräsident Moncef Marzouki im Juli vor der französischen Nationalversammlung klar: Das Erbe der Revolution darf nicht verspielt werden.
"Viele fragen mich, ob Tunesien dem Islamismus zum Opfer gefallen ist: Ich sage nein, Tunesien hat die Demokratie gewonnen. Wir müssen dieses Experiment zum Erfolg führen, denn wenn es Erfolg hat, wird das der gesamten arabischen Welt Mut geben. Und wenn unser Beispiel in der Region Schule macht, könnte es in hohem Maße dazu beitragen, dass diese arabische Welt eine friedlichere wird."
Ein Festival mit alternativer Musik - auf dem Hügel von Karthago: Am Horizont geht die Sonne unter. Zwischen antiken Säulen steht Sängerin Neysattou auf der kleinen Bühne und wippt zum DJ-Rhythmus. Nach all den Ereignissen der letzen Wochen ist die Stimmung gedämpft. Neysattou ist auf der Suche nach Antworten. Antworten auf die Fragen, die sich im Jahr Eins nach der Jasmin-Revolution eine ganze Generation junger Tunesier stellt: Wie wollen wir leben? Wie dürfen wir leben?
"Wir wollten, dass dieses Festival den Menschen Hoffnung bringt. Hoffnung für die Kinder der Arabischen Revolutionen. Diese Leute hier glauben daran, dass es Revolutionen der Kultur sind. Entweder eine Revolution geschieht über die Kultur, oder sie findet erst gar nicht statt. Es geht um Mentalitäten! Wir glauben an die Masse, und daran, dass wir gemeinsam etwas verändern können. Wir sind in einer Phase, in der uns niemand mehr aufhalten kann, auch nicht die Islamisten. Ich glaube fest daran, dass die Dinge sich hier ändern werden, weil wir wollen, dass sie sich ändern. Wir sind freie Menschen, Individuen - und wir sind die Mehrheit!"
"Eigentlich könnten alle Menschen in der Region, nein - ganz Tunesien könnte von der Phosphatproduktion leben. Es wird eine ordentliche Menge produziert. Und wenn alles mit rechten Dingen zuginge, wenn sich nicht so viele Leute die eigenen Taschen voll machen würden, dann könnte es dieser Region und dem ganzen Land sehr, sehr gut gehen!"
Doch Gafsa geht es nicht gut. Dabei hat das kleine Provinznest große Bedeutung. Denn Gafsa liegt im Herzen des Phosphatbeckens, das sich über 6.000 Quadratkilometer erstreckt. Phosphat ist Zusatzstoff für Waschmittel, Farbe, Futtermittel und Grundstoff für Dünger: Phosphat ist der wichtigste Bodenschatz Tunesiens.
Die neue tunesische Regierung war nach der Wahl im Herbst 2011 angetreten, um das Land den Weg in die Demokratie zu ebnen. Heute kämpft sie um das Vertrauen des Volkes. Die hohen Erwartungen konnte sie bisher nicht erfüllen. Streiks und Demonstrationen sind noch immer an der Tagesordnung.
In den neunziger Jahren hatte die Groupe Chimique, die staatseigene Phosphatindustrie, von Berg- auf Tagebau umgestellt – und damit Menschen durch Maschinen ersetzt. Bis 2008 sank die Zahl der Beschäftigten von 15.000 auf 5.000. Der ausgegrabene Reichtum wurde in den Küstenregionen investiert oder verprasst - dort, wo die Clans von Ex-Diktator Ben Ali herstammen. Im Phosphatbecken dagegen: tiefe Not. Bis heute sei das so, klagt Nejib, auch nach der Jasmin-Revolution. Nejib ist arbeitslos, wie die meisten hier. Im Schatten eines Baumes wartet er neben einem Karren voller Wassermelonen auf Kundschaft.
"Es hat sich gar nichts geändert. Die Leute sind immer noch arbeitslos, es gibt Familien, die können noch nicht mal Wasser und Strom bezahlen! Familien mit vier, fünf Kindern, die Mädchen sind nicht verheiratet, und die müssen mit 200, 300, 500 Dinar auskommen - das ist doch kein Leben! So sieht's aus! Es wird sich nichts ändern... Früher konnte ich auf dem Flohmarkt eine Hose für 500 Millimes kaufen, heute kostet sie zehn Dinar!"
Die Streiks der Minenarbeiter von 2008, die Proteste gegen Ausbeutung und schlechte Arbeitsbedingungen: Ben Alis Regime hatte sie brutal niedergeschlagen Aber dieser Widerstand war der eigentliche Anfang vom Ende des Diktators, davon sind die Menschen hier überzeugt. Sie fühlen sich als Revolutions-Pioniere, die für den Wandel gekämpft und viele Opfer gebracht haben. Deswegen sind sie in Gafsa auch so enttäuscht von der neuen Regierung, die nach der Wahl vom Oktober 2011 angetreten ist, um Tunesien den Weg in die Demokratie zu ebnen. Amar Amroussi, Chef der Kommunisten von Gafsa, zieht eine bittere Bilanz.
"Diese Regierung hat einen Weg eingeschlagen, der nichts mit der tunesischen Revolution zu tun hat. Weder bewahrt sie die Revolution, noch tut sie im wirtschaftlichen Bereich etwas. Die Revolution kann nur mit dem Sturz dieser Regierung weitergehen!"
Die harsche Kritik aus Gafsa teilen viele Tunesier. Dabei wächst die Wirtschaft immerhin um zwei Prozent in diesem Jahr. Aber eine Schwalbe macht noch keinen Sommer. Schuld daran sind vor allem die anhaltend hohe Arbeitslosigkeit und die hohen Lebensmittelpreise. Zu Tunesiens Handelsdefizit kommt noch die Finanzkrise in Europa dazu – und Europa ist Tunesiens wichtigster Handelspartner. Die Folge: Die Stimmung ist im Keller, Streiks und Demonstrationen sind noch immer an der Tagesordnung.
Andere Reizthemen: die halbherzig garantierte Pressefreiheit, die fehlende Unabhängigkeit der Justiz, die Aufarbeitung der Vergangenheit, die in Tunesien nur schleppend vorankommt.
Seit Wochen knirscht es gewaltig im Regierungsgebälk. Ein erbitterter Machtkampf ist entbrannt, zwischen dem linken Übergangspräsidenten Moncef Marzouki und Premierminister Hamadi Jebali. Der Regierungschef der Mehrheitspartei Ennahda lässt derzeit keine Gelegenheit aus, um Marzouki politisch zu demütigen und seine Autorität zu untergraben. Die Regierung hat an Ansehen verloren: Sie kämpft um das Vertrauen des Volkes. Die hohen Erwartungen konnte sie bisher nicht erfüllen. Doch es ist keineswegs so, dass sie untätig wäre. Ganz im Gegenteil: Sie rotiert. Aus Mangel an Erfahrung. Vielleicht sei das genau das Problem, vermutet der Philosoph Youssef Seddik:
"Es ist die Hast, die die politisch Verantwortlichen ihre Strategie vergessen lässt! Der Druck, alles lösen zu müssen, und zwar gleichzeitig – Wirtschaft, Arbeit, Löhne usw.! Das ist das große Unglück Tunesiens: Es gibt keine Prioritäten, alles ist dringend! Und niemand findet die Lösung dieser Gleichung mit so vielen Unbekannten. Mit so viel dringlichen Problemen auf der einen, und so wenig Strategie auf der anderen Seite!"
Täglich wird um neue Gesetze und Verordnungen gerungen; die neue Verfassung ist weitgehend geschrieben. Ausländische Investoren kommen vorsichtig zurück, und auch die Touristen. Die Buchungszahlen von Urlaubern aus Europa sind noch nicht wieder auf dem Niveau vor der Revolution, doch die Nationale Tourismusbehörde spricht nach dem dramatischen Einbruch im letzten Jahr schon von einem Comeback Tunesiens als Reiseland. Nichts dürfe mehr schiefgehen, es müsse endlich Ruhe einkehren, beschwört die Wirtschaft die Politik. Wided Bouchamaoui ist Präsidentin des tunesischen Industrie-und Handelsverbandes:
"Wir brauchen endlich Stabilität! Jedes Mal, wenn die Wirtschaft sich erholt, wenn die Dinge endlich klarer sind, dann gibt es einen politischen, religiösen oder sonstigen Zwischenfall – und dann ist es wieder vorbei mit der Stabilität!"
Demonstrationen sind Alltag auf der Avenue Bourguiba in Tunis – aber diesmal sind es Tunesiens Reiseveranstalter, die wütend vor das Innenministerium gezogen sind. "Ne touche pas à mon touriste!" ist auf einem Banner zu lesen: "Hände weg von den Touristen!". Tunesiens Urlaubswirtschaft hat Angst um die Früchte ihrer Arbeit. Ob Unruhen, Streiks oder vorübergehende Ausgangssperren: Das Land komme einfach nicht zur Ruhe – und das sei Gift für den Tourismus. Jalel Gasmi, Besitzer eines Reisebüros:
"Wir sind hier, um Alarm zu schlagen. Wir wollen Sicherheit. Wir haben alles dafür getan, dass der Tourismus sich erholt, wir haben unsere Kunden überzeugt, wieder hierherzukommen, und jetzt verlangen wir vom Innenminister, dass er seine verdammte Arbeit macht! Und noch etwas: Wir danken besonders den deutschen Urlaubern, die uns nie im Stich gelassen haben und die nun auch wiederkommen, es sind fast so viele wie zur Zeit von Ben Ali!"
Ein wenig Balsam für die Tourismusindustrie, von der mehr als zwei- der zehn Millionen Tunesier leben. Dass letztes Jahr fast 40 Prozent der Urlauber einen Bogen um Tunesien gemacht haben, hat die Branche bitter zu spüren bekommen. Dass es zwischenzeitlich Ramsch-Angebote gab und eine Woche auf Djerba für 199 Euro zu haben war, hat nicht viel geholfen.
Langsam kommt das Ferienland Tunesien wieder auf die Beine: Der politische Fortschritt zahlt sich aus, und sei er auch noch so schleppend. Die Touristen kommen zurück – auch weil die Islamisten der Regierungspartei Ennahda wissen, wie wichtig die Urlauber sind: Alkohol und Bikinis bleiben selbstverständlich erlaubt. Doch die meisten Feriengäste verstecken sich in den Bettenburgen am Strand – und zwar all-inclusive. Darunter leiden die Restaurants, aber auch die Souvenirhändler und die Handwerker in der Medina von Hammamet. Larbi Riad ist sicher: Auf seinem Silberschmuck bleibt er in diesem Sommer sitzen.
"Es ist ein bisschen besser geworden, aber noch lange nicht so, dass ich zufrieden wäre. Die Urlauber haben immer noch Angst, sie verlassen ihre Hotelanlagen nicht, um hier etwas zu kaufen. Die Touristen sollten sich aber keine Sorgen machen – die Tunesier sind gastfreundlich und freuen sich auf alle Nationen, so wie immer. Es gibt überhaupt keine Probleme!"
Doch auch wenn die Touristen nicht betroffen sind: "Zwischenfälle" gab und gibt es mehr als genug – und auch Gewalt. An Ostern war die Avenue Bourguiba in Tränengas eingehüllt, wütende Schläger, möglicherweise aus dem Lager der früheren Ben Ali-Partei RCD, machten Jagd auf Demonstranten, auch Journalisten wurden verletzt.
Im Juni stürmen Salafisten eine Kunstausstellung im Abdelia-Palast von La Marsa. Der "Printemps d’Art", der Frühling der Kunst: Er gilt als wichtigste Schau moderner Kunst seit der Revolution. Kunst, die provozieren und eine Debatte über tunesische Identität auslösen will. Die radikalen Islamisten sehen darin eine Beleidigung ihres Glaubens. Allerdings ärgern sie sich über Werke, die zwar auf Facebook kursieren, aber gar nicht Teil der Ausstellung sind. Doch die Gewalt ist nicht mehr aufzuhalten: Bilder werden zerstört, plötzlich brennen Polizeistationen, Gerichtsgebäude, Hotels. Es gibt viele Verletzte, auch einen Toten: In Tunis und einigen Landesteilen wird für drei Tage eine Ausgangssperre verhängt.
Die Installationskünstlerin Amal hat selbst im Abdelia-Palast ausgestellt – nun hat sie Angst. Um ihr Leben, um ihre Freunde, um die Kultur in Tunesien.
"Was soll nur werden? Werden Künstler noch ihre Werke ausstellen? Wird es noch neue Galerien geben? Werden Filmemacher noch ihre neuen Filme, Theaterregisseure noch ihre Inszenierungen zeigen?"
Die Angst kommt nicht von ungefähr. Immer wieder haben Tunesiens Salafisten Kultureinrichtungen, Kinos und Fernsehsender angegriffen – ohne dass dies große juristische Folgen für die Täter gehabt hätte.
"Es gibt sogar schwarze Listen von Künstlern, die nicht einmal im Kunstpalast ausgestellt haben – und diese Listen machen auf Facebook die Runde. Ich bin nicht die einzige, die in Gefahr ist. Die gesamte Szene ist in Gefahr. Was hier gerade geschieht, ist für mich der Beweis dafür, dass die Kultur in diesem Land ausgelöscht werden soll."
Das weist Kulturminister Mabrouk von der moderaten Ennahda-Partei entschieden zurück. Aber: Künstlerische Meinungsfreiheit habe ihre Grenzen, erklärt er. Kunst müsse schön sein, aber nicht revolutionär. Koran-Schriftzüge aus kleinen Fliegen, ein bärtiger Islamisten-Superman, ein weiblicher Akt, das Geschlecht verdeckt von einer Schale Couscous – das sei keine Kunst, so Ennahda-Sprecher Faycal Nacer:
"Die Künstler dieser Ausstellung sind doch gar keine richtigen Künstler – diese Leute können sich ja nicht mal als Künstler ausweisen. Diese… wie nennt man sie noch Mal… moderne Kunst – sie hat nur Ärger gemacht. Damit haben diese Leute die Salafisten provoziert, und die haben ihre Schläger auf die Straße geschickt. Im Grunde sind die Künstler die Komplizen der Salafisten!"
Die harschen Vorwürfe des Ennahda-Sprechers an die Adresse der Kunstschaffenden machen deutlich: Die Partei tut sich offenbar schwer mit einem klaren Kurs – auch gegenüber den Salafisten. Ein Kalifat mit dem islamischen Recht der Scharia, so wie die radikalen Islamisten es wollen, das lehnt Ennahda strikt ab. Doch ihre konservative Wählerschaft will die Partei auch nicht verprellen – und lässt die Zügel lang. Kritiker fürchten: zu lang. Der Menschenrechtsanwalt Mokhtar Trifi:
"Die Partei ist schon im Wahlkampf! Für die Wahlen, die voraussichtlich im März 2013 stattfinden werden. Die Ennahda-Leute wissen genau, dass bis dahin nicht genug Zeit ist, um die großspurig angekündigten Reformprojekte umzusetzen. Daher denken sie schon weiter. Sie machen gezielt Kulturpolitik und gehen auf Menschenfang, mit dieser religiös gefärbten Debatte über die Identität, um die Leute an Ennahda zu binden. Sie erklären den Massen, was eine "gute" Identität ist – und bauen Bedrohungsszenarien auf: dass es zum Beispiel Leute gibt, die diese islamische Identität Tunesiens bedrohen. Das Kalkül von Ennahda: – die Menschen werden diejenigen wählen, die ihre Identität verteidigen."
Ennahda-Sprecher Faycal Nacer beschwichtigt und erklärt: Seine Partei habe es eben nicht leicht mit ihrem Spagat – mit dem Versuch, Demokratie und Islam unter einen Hut zu bringen.
"Ennahda wird von beiden Seiten angegriffen. Die Radikalen werfen uns einen "Islam Light" vor; die Laizisten sagen, wir seien Radikale. Wer im Zentrum steht, findet sich immer am Pranger wieder. Aber wir bleiben auf dem Mittelweg. Deshalb sind wir ja auch mit den Linken wie mit Präsident Marzouki eine Koalition eingegangen. Wir glauben an die Koexistenz der Menschen und wir respektieren Unterschiede."
Die Führung will Ennahda in eine moderate Partei verwandeln, die Mehrheit der Basis will, dass Ennahda eine religiöse Bewegung bleibt. Wie das zusammenpassen soll, kann auch Nejmeddine Hamrouni nicht sagen. Aber der moderate Vordenker der Ennahda hält alle möglichen Szenarien für denkbar – auch eine Spaltung der Partei.
"Wir sind natürlich nicht naiv. Natürlich kann es so weit kommen, dass bestimmte Ideen oder Diskurse in unserer Partei nicht mehr zusammenpassen. Und dann – Gott sei Dank - sind wir ja eine Demokratie, dann kann es sein, dass einige einen anderen Weg weitergehen wollen. Alles in Tunesien geschieht unter einem massiven innenpolitischen Druck – und ist auch von außenpolitischen Verhältnissen abhängig. Diese Erwartungen, die Ungeduld, die Hoffnungen sind immens! So immens und so vielseitig, dass die Politik darauf nur mit Verzögerung reagieren kann. Von allen Seiten hören wir: "Die sind zu langsam, da bewegt sich zu wenig": Es ist sehr schwierig, damit umzugehen. Aber eine Partei wie unsere darf sich nicht die ganze Zeit um sich selbst drehen sondern muss sich der politischen Situation des Landes anpassen."
Er wird gefeiert wie ein Erlöser – Beji Caid Essebsi, 84 Jahre alt, bis zur Wahl vom vergangenen Oktober noch Premierminister Tunesiens. Im Kongresszentrum von Tunis steht Essebsi vor einem Meer tunesischer Fahnen. Kein einziges Kopftuch ist hier zu sehen: Hier jubeln jene, die sich für Tunesiens aufgeklärte Bildungsbürger halten. Sie halten nichts von Ennahda – sie wollen die Tradition von Staatsgründer Bourguiba fortsetzen: Patriotismus, liberale Wirtschaftspolitik, eine klare Trennung von Religion und Staat.
"Tunesien gehört uns allen, und ich will, dass die Tunesier Hand in Hand zusammenstehen, und deshalb rufe ich nun unsere neue Partei ins Leben. Eine Einheitsbewegung. Die Regierung hat es ja offensichtlich nicht geschafft … na gut, einer muss ja mal anfangen, dann machen wir das eben!"
Fest steht: Auch im Jahr eins nach der Jasmin-Revolution bleibt Tunesien ein Labor, für den komplizierten und explosiven Versuch, eine neue Verbindung herzustellen, zwischen Islam, Demokratie und politischer Macht. Noch streiten sich in diesem Labor zu viele über die richtige Rezeptur. Die Welt schaut auf Tunesien. Wenn im nächsten Jahr gewählt wird, soll die Zeit des Übergangs vorbei sein. Und deshalb macht Staatspräsident Moncef Marzouki im Juli vor der französischen Nationalversammlung klar: Das Erbe der Revolution darf nicht verspielt werden.
"Viele fragen mich, ob Tunesien dem Islamismus zum Opfer gefallen ist: Ich sage nein, Tunesien hat die Demokratie gewonnen. Wir müssen dieses Experiment zum Erfolg führen, denn wenn es Erfolg hat, wird das der gesamten arabischen Welt Mut geben. Und wenn unser Beispiel in der Region Schule macht, könnte es in hohem Maße dazu beitragen, dass diese arabische Welt eine friedlichere wird."
Ein Festival mit alternativer Musik - auf dem Hügel von Karthago: Am Horizont geht die Sonne unter. Zwischen antiken Säulen steht Sängerin Neysattou auf der kleinen Bühne und wippt zum DJ-Rhythmus. Nach all den Ereignissen der letzen Wochen ist die Stimmung gedämpft. Neysattou ist auf der Suche nach Antworten. Antworten auf die Fragen, die sich im Jahr Eins nach der Jasmin-Revolution eine ganze Generation junger Tunesier stellt: Wie wollen wir leben? Wie dürfen wir leben?
"Wir wollten, dass dieses Festival den Menschen Hoffnung bringt. Hoffnung für die Kinder der Arabischen Revolutionen. Diese Leute hier glauben daran, dass es Revolutionen der Kultur sind. Entweder eine Revolution geschieht über die Kultur, oder sie findet erst gar nicht statt. Es geht um Mentalitäten! Wir glauben an die Masse, und daran, dass wir gemeinsam etwas verändern können. Wir sind in einer Phase, in der uns niemand mehr aufhalten kann, auch nicht die Islamisten. Ich glaube fest daran, dass die Dinge sich hier ändern werden, weil wir wollen, dass sie sich ändern. Wir sind freie Menschen, Individuen - und wir sind die Mehrheit!"