Die Frauenmilch-Bank in der Neonatologie, der Frühgeborenen-Abteilung im Uni-Klinikum Halle, sieht aus wie eine Großküche. Riesige Tiefkühlschränke, Waschbecken. Alles blank gewienert, kein Krümel oder Staubkorn. Mittendrin - im grünen Kittel - steht Kinderärztin Franziska Kaufmann. "Wir haben Töpfe, wir haben Herdplatten. Es wird unter extra sauberen Bedingungen gearbeitet. Tschuldigung. "Ja, hi ..."
Ein Anruf mit einer Anfrage aus der Kinderstation, die dringend eine Frauenmilch-Spende braucht. "Haben wir genug Milch, um 1.700 Gramm Kind zu versorgen? Ja, es ist gerade ganz gut."
Die Muttermilchspenden befinden sich in kleinen aufwendig etikettierten Fläschchen, die in mannshohen Tiefkühlschränken stehen. "Hier, diese Spenderin hat die Nummer 15-17. Sie hat die Milch am 17.5. und 18.5. eingefroren." Eine Spende, die noch bis zum 15. August haltbar sei, erklärt Mitarbeiterin Manuela Maier.
"Frauenmilch ist quasi durch nichts zu ersetzen"
Die Frauenmilchspenden sind für schwerkranke Frühgeborene gedacht, deren Mütter ihre Kinder nicht mit eigener Muttermilch versorgen können. Bester Schutz, beste Medizin, das Gesündeste, was es gibt, sagt Franziska Kaufmann. Sie ist die Leiterin der Hallenser Frauen-Milchbank. "Diese Frauenmilch ist quasi durch nichts zu ersetzen, weil sie dem am Nächsten kommt, was ein Kind braucht. Es enthält alle wichtigen Stoffe …"
Die Risiken lebensgefährlicher Frühgeborenen-Erkrankungen werden durch Muttermilch um ein Vielfaches gesenkt, belegen renommierte medizinische Studien, wie vom Deutschen Frühgeborenen-Netzwerk. Aber bis heute lässt sich die Muttermilch, ein Cocktail einzigartiger lebenswichtiger Stoffe, nicht künstlich herstellen. Weshalb man in der Praxis vermehrt wieder - wie es früher schon mal gemacht wurde - auf gespendete Muttermilch zurückgreift.
"Da sind Stoffe drin, die sich im Labor bisher nicht herstellen lassen. Verschiedene Enzyme, Botenstoffe, Hormone. Die eine immense Bedeutung haben, mit dem Ergebnis, dass die Frühchen viel weniger Infektionen kriegen", so die aus Berlin stammende Franziska Kaufmann. Im Aufenthaltsraum der Frühgeborenen-Station am Uni-Klinikum Halle blinkt und piept ein Monitor, der die kleinen Zöglinge überwacht.
Milch-Taxi holt Spende ab
Eine der Spenderinnen ist die 40-jährige Silke Bernsen, zum ersten Mal hat sie in einem Zeitungsartikel drüber erfahren. "Und hab gedacht: Du hast ja gerade frisch entbunden. Und beim ersten Kind hatte ich eigentlich immer recht viel Milch. Und hab gemerkt, je mehr man abfragt, desto mehr wird gebildet. Und dachte, wenn ich mal was übrig habe, kann ich ja auch fragen, ob Bedarf besteht."
Das Prozedere ist ziemlich simpel, erzählt die aus Wiesbaden stammende Bibliothekarin. Man pumpt Milch ab, friert sie ein, einmal in der Woche kommt ein Taxi vorbei, dass die Milch im Auftrag der Klinik dann abholt. "Mein erstes Kind war eine Frühgeburt, was ich Gott sei Dank selber stillen konnte, weil es eine späte Frühgeburt war. Aber ich hab mit Müttern Kontakt gehabt, die nicht so viel Glück hatten und hab erlebt, was für ein Nervenkrieg das ist, wenn man keine Milch hat. Und hab gedacht, wenn das so einfach ist, dann gerne."
Geld bekommt Silke Bernsen dafür keins. Frauenmilchspenden sind an die strengen Kriterien der Blutspenden angelehnt, die Spenderinnen werden vorher umfassend untersucht, die Milch auf gefährliche Erreger getestet.
"Das sind zum Beispiel die Hepatitis-Infektionen, die HIV-Infektion, Syphilis gehört dazu. Um nur einige zu nennen. Die Spenderin darf nicht erkrankt sein. Ansonsten wird sie von vornherein von der Spende ausgeschlossen."
Spenderinnen werden händeringend gesucht
Bei minus 20 Grad ist tiefgefrorene Muttermilch bis zu einem halben Jahr haltbar. Vor der Weitergabe werden die Spenden allerdings nochmals auf Keime untersucht.
Die Hallenser Frauenmilchbank gibt es seit diesem Jahr, die allererste in Deutschland entstand 1919 in Magdeburg. 1959 gab es deutschlandweit rund 90 Milchsammelstellen, die meisten haben später aber geschlossen. Laut Angaben der European Milk Bank gibt es in Deutschland aktuell 17 Frauenmilchbanken, fast alle liegen in Ostdeutschland.
Die Hallenser Frauenmilchbank gibt es seit diesem Jahr, die allererste in Deutschland entstand 1919 in Magdeburg. 1959 gab es deutschlandweit rund 90 Milchsammelstellen, die meisten haben später aber geschlossen. Laut Angaben der European Milk Bank gibt es in Deutschland aktuell 17 Frauenmilchbanken, fast alle liegen in Ostdeutschland.
"Es ist europaweit ein Trend. In Litauen hat gerade eine Milchbank aufgemacht, in Polen. Alle Kliniken, die sehr kleine Frühgeborene versorgen, wissen einfach um die Kraft der Muttermilch. Was man damit erreichen kann."
In Halle, aber auch anderswo, werden händeringend Spenderinnen gesucht. Denn wenn man in die Kühlschränke der Milchküche schaut, sieht man nur wenige Reserven. Derzeit sind es in Halle gerade mal sechs Liter. Zu wenig, sagt Franziska Kaufmann und appelliert an stillende Mütter, Milch zu spenden, da es das Leben vieler kleiner Babys in den Frühgeborenen-Stationen retten kann.