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Mutterschutz im Reiten
"Wir wünschen uns mehr Flexibilität"

Springreiterin Janne Friederike Meyer-Zimmermann hat viele Weltcup-Punkte verloren, weil sie nach der Geburt ihres Kindes wieder früh an Turnieren teilgenommen hat. Der Weltreitsportverband hat die entsprechende Regel nun verändert. Die Reiterin hofft aber auf weitere Schritte.

Janne Friederike Meyer-Zimmermann im Gespräch mit Maximilian Rieger |
Janne Friederike Meyer-Zimmermann springt mit ihrem Pferd über ein Hindernis.
Sehr gute Saison nach der Geburt ihres Kindes: Janne Friederike Meyer-Zimmermann und ihr Pferd Messi - hier im Training beim CHIO in Aachen. (picture alliance/dpa | Friso Gentsch)
Sechs Monate Sperre für die Geburt eines Kindes - das klingt absurd, ist aber für viele Jahre de facto die Mutterschutzregel des Weltreitsportverbandes FEI gewesen. Denn die Regel sah vor: Wer länger als sechs Monate wegen einer Mutterschaft pausiert, darf 50 Prozent der Weltranglistenpunkte aus dem Vorjahr behalten.
Das ist eigentlich gut für die Mütter, weil sie dadurch nicht in der Weltrangliste abrutschen. Das Problem: Wer schneller wieder in den Sattel wollte, der hat alle Punkte aus dem Vorjahr verloren. Und so ist es auch Janne Friederike Meyer-Zimmermann ergangen, nachdem sie im Januar ein Kind bekam:
"Ich bin dann auf Platz Nummer 270 in der Weltrangliste gerutscht, was für uns unheimlich unglücklich ist, weil die ganzen Startgenehmigungen für große Turniere über die Weltrangliste laufen. Das heißt: Wenn ich in der Weltrangliste abrutsche, komme ich auch gar nicht mehr auf die ganz großen Turniere oder muss vielleicht Wild-Cards über den Bundestrainer bekommen, was in meinem Fall dann tatsächlich Gott sei Dank geklappt hat. Aber auch nur, weil wir eben in Deutschland ein reitsportstarkes Land sind. In anderen Ländern wäre das möglicherweise nicht so gewesen."

Reitsportverband verkürzt Mindestdauer

Meyer-Zimmermann startete ihre Saison zunächst auf kleineren Turnieren, konnte so ihre Form aufbauen. Das habe im Nachhinein sehr gut funktioniert, erzählt sie. Ihr Saisonverlauf sei sehr gut gewesen.
Meyer-Zimmermann gründete nach der Erfahrung mit der Mutterschutz-Regel mit Anderen die Innitiative "Equal Equest" - übersetzt Gleichberechtigtes Reiten. Mittlerweile hat der Reitsportverband darauf reagiert und den Mindest-Mutterschutz für Springreiterinnen von sechs auf drei Monate reduziert.
Damit sei das Thema für sie aber nicht beendet, erklärt Meyer-Zimmermann: "Ich glaube, es geht einfach so ganz grundsätzlich um Frauen im Spitzensport, in Spitzenpositionen und um Selbstbestimmung und Flexibilität. Wir sind mit Equal Equest noch nicht am Ende angekommen. Das ist ein großer Schritt in die richtige Richtung. Aber nach wie vor wünschen wir uns noch mehr Flexibilität. Und eben auch, dass es für alle Disziplinen gilt und nicht nur für den Springsport."

Große Chance, zur Gleichberechtigung beizutragen

Auch für die nun beschlossene Drei-Monate-Regel gebe es keine medizinische Begründung, erklärt Meyer-Zimmermann: "Natürlich gibt es medizinische Gründe, weswegen man nicht reiten kann. Aber das hat ja nichts mit drei Monaten zu tun. Das kann auch acht Monate sein. Wenn ich eine schwere Geburt hatte und nicht reiten kann, dann kann ich nicht reiten. Und ich glaube, das muss jede Frau selbst entscheiden."
Auch sie habe in Abstimmung mit ihren Ärzten geklärt, ob ihr Körper wieder fit genug für die Belastungen gewesen sei. "Das ist natürlich wichtig. Gesundheit geht vor. Aber das sollte man nicht auf drei Monate begrenzen, sondern sollte wirklich sagen: das ist sehr individuell."
Für die Zukunft erhoffe sie sich eine hundertprozentige Flexibilisierung: Frauen sollten in allen Reitsportdisziplinen komplett frei entscheiden können, wann sie wieder anfingen. Damit seien auch Fehlgeburten oder andere Sonderfälle abgedeckt. Da im Reitsport Männer und Frauen gleichberechtigt antreten, gebe es eine große Chance, beim Thema Gleichberechtigung voranzugehen.