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Mythos Fremdenlegion (4/5)
Einsätze in Kriegen und gegen den Terror

Indochina, Algerien, Zentralafrika: Frankreich hat die Fremdenlegion lange in seinen Kolonien eingesetzt, als es sie noch gab. Inzwischen unterstützen Fremdenlegionäre auch die Polizei in Frankreich im Kampf gegen den Terror - für die Legion eine besonders heikle Aufgabe.

Von Gerwald Herter |
Soldaten der französischen Fremdenlegion in Afghanistan
Soldaten der französischen Fremdenlegion kämpften auch im Krieg in Afghanistan (dpa / EPA/ Tiago Petinga)
Es ist heiß, die Luft ist stickig, die Beleuchtung schlecht. Eine Gruppe von Fremdenlegionären marschiert durch die staubigen Gänge des Bahnhofs St. Charles in Marseille. Die Männer tragen Tarnuniform, darüber die Schutzweste, auf dem Kopf das grüne Barett. Ihre Helme haben sie nicht aufgesetzt, aber doch für alle Fälle dabei.
Die Legionäre wirken konzentriert, angespannt. Das hier ist schließlich keine Übung, sondern ein Anti-Terror-Einsatz, nicht im Dschungel oder in der Wüste, sondern mitten in Marseille. Die Hafenstadt im Süden war schon immer das französische Tor nach Nordafrika.
Patrouille im Bahnhof
Zwischen Fahrgästen, die mit Plastiktüten oder Rollkoffern zu den Bahnsteigen eilen, patrouillieren vier Legionäre – langsame, ruhige Schritte. Wie Infanteristen das in der Ausbildung lernen, nehmen sie sich gegenseitig in den Blick und beobachten zugleich aufmerksam die Umgebung. Nicht allein Fremdenlegionäre, auch andere Soldaten der französischen Armee unterstützen mit ihren Patrouillen die französische Polizei. Nur die Gesamtzahl ist bekannt. Waren im Rahmen der Operation Sentinelle, zu Deutsch "Wache" nach den Anschlägen von 2015 zunächst 10 000 Soldaten in Frankreich im Einsatz, so sind es seit dem letzten Herbst, dem Ende des Ausnahmezustands, noch 7.000. Vor allem sollen diese Patrouillen Attentäter abschrecken. Wenn den Legionären etwas auffällt, müssen sie die Polizei verständigen. Festnahmen oder Ausweiskontrollen führen sie nicht durch.
Ein junger Gruppenführer darf in seiner Einsatzpause kurz Auskunft geben.
"Daniel, Chef de Groupe Sentinelle."
Wenig überraschend sagt er, dass dieser Einsatz der Legion sinnvoll sei, und dass er in der Bevölkerung gut ankomme. Allerdings räumt Daniel ein, dass es durchaus Schwierigkeiten gab.
"Ja, inzwischen läuft das sehr gut, anfangs war das anders. Ich kann das sagen, weil ich schon lange dabei bin. Die Bevölkerung akzeptiert uns mehr und mehr. Wenn wir patrouillieren, werden wir schon mal zu einem Café oder zu einer Mahlzeit in ein Restaurant eingeladen. Das verbessert sich also, sie verstehen nun, dass wir nicht nur einfach durch die Gegend spazieren."
Bewaffnete Polizisten in Paris, nahe der Notre Dame Kathedrale, m 6. Juni 2017.
Anti-Terror-Einsatz: Frankreichs Polizei erhielt nach den Anschläge 2015 Unterstützung von Armee und Fremdenlegion. (imago/Vincent Isore)
Daniel hatte vor einigen Jahren bei der "Kavallerie" begonnen, diese Bezeichnung hat die Fremdenlegion beibehalten, obwohl es "die Kavallerie" inzwischen vor allem mit Panzern, Panzerabwehr und gepanzerten Fahrzeugen zu tun hat.
In Cassis, nicht weit von Marseille entfernt, bildet ein Kavallerieregiment gerade Legionäre aus, die erst wenige Monate dabei sind. Sie sollen Truppentransporter und schwere Geländewagen warten, fahren und bedienen.
Clerque und Victor haben eine Woche Theorie und Praxis hinter sich. Von den ersten Fahrten mit dem VBL, einem Geländewagen, der selbst Gewässer durchqueren kann, sind sie begeistert. Aber vor allem haben sie gelernt, wie aufwendig die Vorbereitung des Fahrzeugs ist:
"Die Höhen überprüfen, den Luftdruck der Reifen, das Öl, hinten und vorne, rechts und links; Überprüfen der Unterbodenfunktionen, den Stand des Hydrauliköls, all das."
Zum Einsatz mit der Legion nach Mali
Der Ausbilder übernimmt irgendwann das Kommando. Die Kavalliere sind ins Fahrzeug eingestiegen, jeder an seinem Platz.
Alles in Ordnung, der Kavallier an seinem Platz. "On est pret pour faire la mission."
Einsatzbereit – Legionäre dieser Einheit werden auch in Mali eingesetzt, auch dort unter der Überschrift: "Anti-Terrormission".
Neben dem Geländewagen steht ein Truppentransporter, der noch mit einem großen roten Kreuz gekennzeichnet ist. Das werde sich bald ändern, sagt einer der verantwortlichen Offiziere. Solche Sanitätsfahrzeuge, die in Afghanistan, wo die Legion auch schon war, oder in Mali eingesetzt werden, seien inzwischen eher gefährdet und bevorzugtes Angriffsziel, als dass das Kreuz auf der Karosserie sie schütze.
Militärfahrzeuge stehen auf einem Stützpunkt der Fremdenlegion
Der Truppentransporter mit dem roten Kreuz wird demnächst umlackiert (Deutschlandradio / Gerwald Herter)
Irgendwo in der Nähe des Bahnhofs von Marseille haben die Legionäre ihr provisorisches Quartier aufgeschlagen. Zwischen Feldbetten, Funkgeräten und Wasserflaschen legen Daniel und seine Männer ihre Ausrüstung an. Gleich geht es wieder los. Daniel beteuert noch, dass es seine Aufgabe sei, Befehle auszuführen, ob hier in Marseille oder anderswo:
"Wenn die Legion mich nach Afrika schickt, gehe ich. Wenn mich Frankreich hier braucht, tue ich das und wenn nötig, gehe ich ganz woanders hin."
Eine an sich harmlose Frage an ihn, lässt der Presseoffizier nicht zu: Wie fühlt sich der Legionär bei diesem Einsatz, der Operation Sentinelle?
Womöglich ist die Frage heikel, weil sich in den letzten Monaten zwei Legionäre das Leben genommen haben sollen, die in der Operation "Sentinelle" im Einsatz waren. Nach Angaben französischer Medien tötete sich der eine im September, nahe der italienischen Grenze, der andere, erst 25 Jahre alt, im Mai an der Grenze zu Spanien. Beide sollen sich mit ihrem Famas-Sturmgewehren erschossen haben. Die Umstände der Vorfälle werden offenbar noch untersucht.
Dieser Beitrag wurde erstmals gesendet am 5. Juli 2018.