Pasch: Jürgen Krönig, Sie sind der erste Journalist, der die Archäologen dort in der Sahara besuchen konnte, was ist denn im Ausgrabungsfeld zu sehen?
Krönig: Die Fahrt war ein ziemliches Abenteuer. Die Stätte liegt 250 Kilometer südwestlich von Abu Simbel in Richtung Sudan in der Wüste, wo man eigentlich nichts erwartet. Da gibt es gewaltige Anlagen, Megalith-Anlagen, also Monumente der neolithischen Periode: Gräber, einen Steinkreis, zeremonielle Stätten, Rindergräber, in denen Rinder begraben und gleichzeitig Monumente darüber errichtet wurden, mit bis zu vier bis fünf Tonnen schweren Steinen. Einen Kalender-Steinkreis zur Beobachtung astronomischer Phänomene, wie Professor J. McKim Malville von der Colorado-Universität ausgerechnet und berechnet hat, wie er sagt auch mit Hilfe von Satelliten. Und das Ganze läuft im Augenblick unter der Obhut von Malvilles Kollegen Professor Fred Wendorf, einem Veteranen der Prähistorie, der hier versucht, die Ägypter für diese ungeheuer bedeutende Anlage zu interessieren.
Pasch: Wie alt ist denn genau diese Anlage, und wie gut erhalten ist sie denn?
Krönig: Die Anlage wird datiert - man kann natürlich Steine nicht datieren sondern mit der Carbon-14-Methode nur organisches Material - auf 5300 bis 5000 vor Christus. Es gibt mittlerweile Hinweise darauf, dass manches noch älter ist, die Forscher sprechen von 6000 vor Christus. Was man sehen kann über der Erde, sind ein Steinkreis, eine Megalith-Anordnung, die ausgerichtet ist auf den Stern Sirius und auf einen der Sterne im großen Wagen. Und man sieht darüber hinaus verschiedene Reste von Siedlungen: Lager und anderes. Also es ist eine riesige Anlage über Dutzende von Quadratkilometer, jedenfalls in dem Teil der Wüste, den ich gesehen habe. Noch mehr gibt es natürlich unter den Sanddünen. Und das ganze ist in einer sehr unwirtlichen Gegend: Es ist sengend heiß am Tag und bitterkalt in der Nacht.
Pasch: Wozu wurde denn diese Anlage genutzt, und was weiß man über die Menschen und ihr Leben in der Zeit vor 7.000 Jahren?
Krönig: Also erstens war das Klima natürlich völlig anders. Es gab da Wasser, es gab einen See, es gab Regenfälle, es war die Zeit, in der die Sahara zum Teil noch grün war und es Flüsse gab. Die Erbauer waren Rinderzüchter, die zum Teil temporär dort lebten, und sich dort erst niederließen und diese größeren Anlagen bauten, als es dauerhaft feucht wurde. Woher sie kamen, weiß man nicht. Vielleicht liegen ihre Stätten unter dem Wasser des Stausees von Assuan begraben, der in den sechziger Jahren errichtet wurde. Sie haben auch Pflanzen angebaut und 128 verschiedene Pflanzen wurden geerntet. Es gab Bäume, ansonsten war die Rinderzucht sehr wichtig für sie, wie man auch aus diesen religiösen Rindergräbern schließen kann.
Pasch: Wie ist denn diese Kultur einzuordnen: Rund 5.000 Jahre vor Christus schon eine Hochkultur?
Krönig: Das ist das besondere daran, vielleicht sogar noch älter. Wir sehen, dass die hochentwickelte menschliche Zivilisation weiter zurück reicht in die Geschichte als bislang angenommen. Wir dürfen nicht vergessen: Die Hochkultur Ägyptens begann 2700 oder 2500 vor Christus. Hier ist etwas, was noch einmal 2000 bis 3000 Jahre älter ist. Und das hat offenbar auch die Eifersucht der Ägyptologen ausgelöst. Der oberste ägyptische Denkmalschützer hat mir in Giza wenige Tage zuvor gesagt, das sei ja alles nicht so wichtig. Die Datierung würde korrigiert und die Stätte sei nicht so alt wie Wendorf angegeben habe, der sich selbst korrigiert habe. Der Hinweis stimmt nicht, zeigt aber, dass hier Konflikte schwelen, denn damit würde natürlich die Chronologie und der Beginn der Hochzivilisation in Frage gestellt. Was man in Nabta sehen kann, ist ein Hinweis darauf, dass die Zivilisation, die dort entstanden ist, Struktur verlangt, Organisation verlangt, Weitergabe von Wissen über Generationen hinweg, auch astronomische Kenntnisse, die man nur über einen längeren Zeitraum hin entwickeln kann. All das ist hoch interessant und stellt die gesamte Früh- und Vorgeschichte der Menschheit in Frage, wie wir sie bisher jedenfalls begriffen und gelernt haben.
Pasch: Einen Konflikt mit den Autoritäten, mit den Behörden in Ägypten haben Sie gerade angesprochen. Ist das auch der Grund für die Eile, die die Archäologen in Nabta an den Tag legen müssen?
Krönig: Ich glaube die Eile hat etwas mit Ägyptens Entwicklung zu tun. Man versucht, die Massen aus den Slums in der Wüste anzusiedeln, und in diesem Teil der Wüste und in der Nähe von Abu Simbel wird unaufhörlich nach Grundwasser gebohrt. Was dort da ist, würde für dreißig Jahre reichen. Man will dort Millionen von Menschen ansiedeln. Den Beginn dieser Entwicklung sieht man bereits. Man sieht Straßen. Eine davon wurde aus militärischen Gründen in Richtung Sudan gebaut, auf ihr bin ich zum Teil gereist. Man fürchtet jetzt, dass bei dieser vehementen Entwicklung in den nächsten Jahren die gesamten archäologischen Überreste, die Hinweise auf die Frühgeschichte, auf den Beginn der menschlichen Zivilisation, zerstört werden. Deshalb sagt Fred Wendorf: Wir müssen versuchen zu retten, was zu retten ist, damit nicht noch mal das gleiche passiert wie beim Bau des Assuan-Staudamms.
Krönig: Die Fahrt war ein ziemliches Abenteuer. Die Stätte liegt 250 Kilometer südwestlich von Abu Simbel in Richtung Sudan in der Wüste, wo man eigentlich nichts erwartet. Da gibt es gewaltige Anlagen, Megalith-Anlagen, also Monumente der neolithischen Periode: Gräber, einen Steinkreis, zeremonielle Stätten, Rindergräber, in denen Rinder begraben und gleichzeitig Monumente darüber errichtet wurden, mit bis zu vier bis fünf Tonnen schweren Steinen. Einen Kalender-Steinkreis zur Beobachtung astronomischer Phänomene, wie Professor J. McKim Malville von der Colorado-Universität ausgerechnet und berechnet hat, wie er sagt auch mit Hilfe von Satelliten. Und das Ganze läuft im Augenblick unter der Obhut von Malvilles Kollegen Professor Fred Wendorf, einem Veteranen der Prähistorie, der hier versucht, die Ägypter für diese ungeheuer bedeutende Anlage zu interessieren.
Pasch: Wie alt ist denn genau diese Anlage, und wie gut erhalten ist sie denn?
Krönig: Die Anlage wird datiert - man kann natürlich Steine nicht datieren sondern mit der Carbon-14-Methode nur organisches Material - auf 5300 bis 5000 vor Christus. Es gibt mittlerweile Hinweise darauf, dass manches noch älter ist, die Forscher sprechen von 6000 vor Christus. Was man sehen kann über der Erde, sind ein Steinkreis, eine Megalith-Anordnung, die ausgerichtet ist auf den Stern Sirius und auf einen der Sterne im großen Wagen. Und man sieht darüber hinaus verschiedene Reste von Siedlungen: Lager und anderes. Also es ist eine riesige Anlage über Dutzende von Quadratkilometer, jedenfalls in dem Teil der Wüste, den ich gesehen habe. Noch mehr gibt es natürlich unter den Sanddünen. Und das ganze ist in einer sehr unwirtlichen Gegend: Es ist sengend heiß am Tag und bitterkalt in der Nacht.
Pasch: Wozu wurde denn diese Anlage genutzt, und was weiß man über die Menschen und ihr Leben in der Zeit vor 7.000 Jahren?
Krönig: Also erstens war das Klima natürlich völlig anders. Es gab da Wasser, es gab einen See, es gab Regenfälle, es war die Zeit, in der die Sahara zum Teil noch grün war und es Flüsse gab. Die Erbauer waren Rinderzüchter, die zum Teil temporär dort lebten, und sich dort erst niederließen und diese größeren Anlagen bauten, als es dauerhaft feucht wurde. Woher sie kamen, weiß man nicht. Vielleicht liegen ihre Stätten unter dem Wasser des Stausees von Assuan begraben, der in den sechziger Jahren errichtet wurde. Sie haben auch Pflanzen angebaut und 128 verschiedene Pflanzen wurden geerntet. Es gab Bäume, ansonsten war die Rinderzucht sehr wichtig für sie, wie man auch aus diesen religiösen Rindergräbern schließen kann.
Pasch: Wie ist denn diese Kultur einzuordnen: Rund 5.000 Jahre vor Christus schon eine Hochkultur?
Krönig: Das ist das besondere daran, vielleicht sogar noch älter. Wir sehen, dass die hochentwickelte menschliche Zivilisation weiter zurück reicht in die Geschichte als bislang angenommen. Wir dürfen nicht vergessen: Die Hochkultur Ägyptens begann 2700 oder 2500 vor Christus. Hier ist etwas, was noch einmal 2000 bis 3000 Jahre älter ist. Und das hat offenbar auch die Eifersucht der Ägyptologen ausgelöst. Der oberste ägyptische Denkmalschützer hat mir in Giza wenige Tage zuvor gesagt, das sei ja alles nicht so wichtig. Die Datierung würde korrigiert und die Stätte sei nicht so alt wie Wendorf angegeben habe, der sich selbst korrigiert habe. Der Hinweis stimmt nicht, zeigt aber, dass hier Konflikte schwelen, denn damit würde natürlich die Chronologie und der Beginn der Hochzivilisation in Frage gestellt. Was man in Nabta sehen kann, ist ein Hinweis darauf, dass die Zivilisation, die dort entstanden ist, Struktur verlangt, Organisation verlangt, Weitergabe von Wissen über Generationen hinweg, auch astronomische Kenntnisse, die man nur über einen längeren Zeitraum hin entwickeln kann. All das ist hoch interessant und stellt die gesamte Früh- und Vorgeschichte der Menschheit in Frage, wie wir sie bisher jedenfalls begriffen und gelernt haben.
Pasch: Einen Konflikt mit den Autoritäten, mit den Behörden in Ägypten haben Sie gerade angesprochen. Ist das auch der Grund für die Eile, die die Archäologen in Nabta an den Tag legen müssen?
Krönig: Ich glaube die Eile hat etwas mit Ägyptens Entwicklung zu tun. Man versucht, die Massen aus den Slums in der Wüste anzusiedeln, und in diesem Teil der Wüste und in der Nähe von Abu Simbel wird unaufhörlich nach Grundwasser gebohrt. Was dort da ist, würde für dreißig Jahre reichen. Man will dort Millionen von Menschen ansiedeln. Den Beginn dieser Entwicklung sieht man bereits. Man sieht Straßen. Eine davon wurde aus militärischen Gründen in Richtung Sudan gebaut, auf ihr bin ich zum Teil gereist. Man fürchtet jetzt, dass bei dieser vehementen Entwicklung in den nächsten Jahren die gesamten archäologischen Überreste, die Hinweise auf die Frühgeschichte, auf den Beginn der menschlichen Zivilisation, zerstört werden. Deshalb sagt Fred Wendorf: Wir müssen versuchen zu retten, was zu retten ist, damit nicht noch mal das gleiche passiert wie beim Bau des Assuan-Staudamms.