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NABU: "Durchbruch" beim Schutz der Weltmeere

Zwei Wochen lang wurde auf der UN-Konferenz im Indien um den Artenschutz gerungen. Das Ergebnis kann sich durchaus sehen lassen, meint Konstantin Kreiser vom Naturschutzbund. Immerhin könnten demnächst zehn Prozent der Weltmeere unter Schutz gestellt werden. Doch das Ganze könnte noch am Streit um die Finanzierung scheitern, warnt Kreiser.

Konstantin Kreiser im Gespräch mit Susanne Kuhlmann |
    Susanne Kuhlmann: Heute geht im indischen Hyderabad eine Konferenz über die Rettung vom Aussterben bedrohter Tier- und Pflanzenarten zu Ende. Vor zwei Jahren fassten die Unterhändler in Japan den festen Vorsatz, das Schrumpfen der Artenvielfalt zu bremsen, und zwar bis zum Jahr 2020. Bis dahin dauert es nicht mehr sehr lange und nun werden Fortschritte vermeldet, zumindest beim Schutz der Weltmeere. Nach zähen Verhandlungen kamen die Vertreter von knapp 200 Teilnehmerstaaten überein, in den Ozeanen ein Netz von Naturschutzgebieten auszuweisen. – Konstantin Kreiser ist beim Naturschutzbund Nabu Experte für biologische Vielfalt und jetzt in Indien am Telefon. Guten Tag, Herr Kreiser.

    Konstantin Kreiser: Guten Tag!

    Kuhlmann: Rund zehn Prozent der Meere, heißt es, sollen unter Schutz gestellt werden, viel größere Flächen als bisher. Wird das heute tatsächlich beschlossen?

    Kreiser: Ja wir sind da eigentlich ganz optimistisch. Es gab ein zähes Ringen in den letzten Tagen noch, denn es stehen ja große wirtschaftliche Interessen auf dem Spiel und auf der hohen See zum Teil auch Territorialkonflikte zwischen den Staaten, so dass sich zum Beispiel China bis zuletzt vehement gesperrt hat, den Weg freizugeben für die Identifizierung und Ausweisung der Meeresschutzgebiete. Aber auch dank des guten Einsatzes der Europäer und auch der Deutschen ist es gelungen, jetzt eine beschlussfertige Vorlage für das heute in wenigen Stunden stattfindende Abschlussplenum zu erstellen, sodass wir guten Mutes sind, dass dies beschlossen wird und dann der Prozess wirklich los gehen kann, die bisher völlig ungeschützten Weltmeere zumindest zu zehn Prozent in den nächsten Jahren unter Schutz zu stellen.

    Kuhlmann: Bei der Rio-Konferenz im Sommer war ja noch keine Einigung darüber möglich, vor allem, weil erhebliche wirtschaftliche Interessen tangiert werden: die Fischerei auf der einen Seite, aber auch die Suche nach Erdöl und anderen Rohstoffen. Kann man nun von einem Durchbruch sprechen?

    Kreiser: Na ja, es ist ein Prozess. Das ist leider ein mühsamer Prozess immer bei allen Verhandlungen der Vereinten Nationen. Angesichts dessen, was hier an Widerstand am Anfang der Konferenz zu beobachten war, kann man durchaus von einem Durchbruch sprechen. Allerdings ist damit noch nicht die Ausweisung von jedem einzelnen Gebiet klar, denn die Konferenz hier macht erst mal den Weg frei, dass die Listen der Gebiete, sozusagen die Karten, die Land- und Wegkarten der Gebiete weitergeleitet werden an die UN-Vollversammlung und die muss dann die letztendliche Entscheidung treffen, und auf diesem Weg wird es sicher noch den einen oder anderen Widerstand bei dem einen oder anderen Gebiet geben. Aber wir sehen es schon als großen Erfolg, dass man überhaupt sich geeinigt hat, dass der Naturschutz jetzt auch hier auf höchster UN-Ebene eine Stimme bekommt und man sich generell bereit erklärt, die hohe See zu schützen, wenn auch nur zehn Prozent, aber immerhin scheint es einen Prozess zu geben jetzt, der wissenschaftliche Daten zusammenführt, um wirklich die wichtigsten zehn Prozent für den Naturschutz zu sichern.

    Kuhlmann: Sitzen die USA auch mit im Boot?

    Kreiser: Nein. Die USA sind fast der einzige Staat der Erde, der die UN-Biodiversitätskonvention, die hier tagt, nicht unterzeichnet hat. Sie sind aber trotzdem hier vertreten und führen via Kanada oft deutlich mit die Feder bei den verschiedenen Vertragstexten, so dass man davon ausgehen kann, dass sich die USA vermutlich nicht wesentlich sperren werden. Es gibt aber noch ein großes Fragezeichen hier, denn der Meeresschutz ist nur ein Teilbereich der Verhandlungen hier. Was hier intensiv hinter mir – ich stehe hier vor dem Verhandlungsgebäude – verhandelt wird, sind die Finanzen, und hier haben wir noch große Sorge. Die Frage, wie soll der Naturschutz überhaupt finanziert werden, die Ziele, die man vor zwei Jahren in Nagoja in Japan verabschiedet hat, da herrscht hohe Aufregung gerade, weil man sich nicht zu einigen scheint momentan, und darunter würde letztlich auch wieder der Meeresschutz leiden, denn wenn es kein Geld gibt für die notwendigen Arbeiten, dann nützen auch die Beschlüsse zum Meeresschutz nicht viel.

    Kuhlmann: Nach zwei Wochen geht heute in Indien die UN-Konferenz zum Artenschutz zu Ende. Eine Bilanz zog für uns Konstantin Kreiser vom Naturschutzbund Nabu. Vielen Dank dafür.


    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.