Georg Ehring: Suni ist tot und damit hat sich die Hoffnung auf Erhalt des nördlichen Breitmaulnashorns weiter verringert. Der Nashornbulle war vor fünf Jahren aus einem tschechischen Tierpark nach Kenia ausgewildert worden, damit er dort für Nachkommen sorgen könnte. Doch am Wochenende wurde das Tier tot aufgefunden. Inzwischen gibt es nur noch sechs Exemplare dieser Gattung.
Das nördliche Breitmaulnashorn ist nur ein Beispiel. Täglich sterben nach Schätzung von Experten bis zu 380 Tier- und Pflanzenarten aus. In Pyeongchang in Südkorea haben in den vergangenen zwei Wochen Vertreter von fast 200 Staaten darüber beraten, wie sich das Artensterben stoppen lässt. Bei der Weltnaturschutzkonferenz dabei war auch Olaf Tschimpke vom Naturschutzbund aus Deutschland. Guten Tag, Herr Tschimpke.
Olaf Tschimpke: Guten Tag, Herr Ehring.
Ehring: Herr Tschimpke, gibt es neue Hoffnung für bedrohte Arten wie das nördliche Breitmaulnashorn?
Tschimpke: Na ja, ob es neue Hoffnung gibt, kann man so noch nicht sagen. Es gibt ja eine Beschlusslage auf UN-Ebene, dass man bis 2020 den Verlust an biologischer Vielfalt, also auch an Tier- und Pflanzenarten, halbieren will.
Dieses hat man jetzt versucht, auch zu verstärken, indem man dort ein Finanzierungsinstrument aufgebaut hat. Aber eigentlich ist das Tempo natürlich viel zu langsam.
Ehring: Das heißt, konkretes Ergebnis ist mehr Geld für die Rettung bedrohter Arten. Wie viel ist das denn?
Tschimpke: Man hat beschlossen, dass man das verdoppeln will, von vier auf acht Milliarden Euro jährlich, und das will man bis 2020 mindestens durchhalten. Dieser Beschluss ist erst mal positiv zu sehen. Das war die Zusage, die man schon vor zwei Jahren gegeben hat, die man jetzt bestätigt hat. Gleichzeitig will man die Entwicklungsländer darin unterstützen, dass sie erst mal auch Pläne machen können, wie das Ganze geschehen kann.
Ich will an der Stelle sagen, dass Deutschland seine Verpflichtungen in diesem Zusammenhang erfüllt hat, und die EU, weil Deutschland es erfüllt hat, auch. Von daher kann man hier eigentlich zunächst mal die Bundesregierung an dieser Stelle loben.
Ehring: Was soll denn mit dem Geld geschehen?
Tschimpke: Im Wesentlichen geht es darum, dass es einen strategischen Plan gibt, der vor vier Jahren auf der Weltnaturschutzkonferenz in Nagoya beschlossen worden ist, mit 20 Zielen, die erfüllt werden sollen, und da geht es darum, große Schutzgebiete einzurichten.
17 Prozent der Landfläche sollen weltweit unter Schutz gestellt werden, zehn Prozent der Meeresfläche. Dann soll natürlich die Wilderei bekämpft werden. Es soll die Armut bekämpft werden, damit auch das Abholzen der Wälder gestoppt werden kann.
All dieses sind fest vereinbarte Ziele. Allerdings kommt es wirklich auch auf den Willen an, dass die Länder das auch umsetzen und tatsächlich dann geeignete Maßnahmen national ergreifen.
Klimaschutz und Schutz der Ökosystems gleichwertig behandeln
Ehring: Der Artenschutz gilt als Stiefkind des Umweltschutzes. Die ganze Aufmerksamkeit gilt dem Klima. Das sagte ausgerechnet Yvo de Boer, der frühere Chef des UN-Klimasekretariats. Würden Sie dem zustimmen?
Tschimpke: Dem stimme ich voll zu. Und was vergessen wird: Ohne funktionierende Ökosysteme, ohne funktionierende Moore, die CO2 speichern, ohne funktionierende Wälder - und da spielen natürlich die Arten eine Rolle, weil sie dazu beitragen, dass diese Ökosysteme stabil sind - wird es auch keinen Klimaschutz geben.
Deswegen sind das zwei gleichwertige Ziele.
Tatsächlich wird aber immer nur über Klimaschutz debattiert und wenig, wie es eigentlich unseren Ökosystemen geht.
Europa ist nicht immer die Speerspitze des Umweltschutzes
Ehring: Was erwarten Sie denn jetzt als praktische Folgen dieser Konferenz in Südkorea?
Tschimpke: Ich glaube, in Südkorea hat es Fortschritte gegeben besonders im Bereich des Meeresschutzes. Dort hat man jetzt einmal eine Liste von 150 besonders wichtigen Meeresgebieten, die unter Schutz gestellt werden sollen, aufgestellt. Das ist ein ganz konkreter Schritt nach vorne, denn die Meere waren bisher immer aus dem Fokus genommen. Problematisch ist, dass wieder Europa hier nicht seine Hausaufgaben erfüllt hat. Im Nordostatlantik sind die potenziellen Meeresschutzgebiete tatsächlich nicht gemeldet worden, weil Skandinavien und einige andere sich bedroht sehen in ihren Fischereirechten. Auch dort sehen Sie, dass Europa nicht immer die Speerspitze des Umweltschutzes ist auf dem Globus.
Ehring: Herzlichen Dank! - Wir sprachen mit Olaf Tschimpke, dem Präsidenten des Naturschutzbundes Deutschland, über die Weltnaturschutzkonferenz in Südkorea.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.