Erleichterung liegt in der kalten Dezemberluft in Brüssel. Erleichterung über die Wahl Alexander Van der Bellens zum neuen Bundespräsidenten Österreichs. Zugleich aber auch Besorgnis über die mögliche Unsicherheit, die das "Nein" beim Referendum in Italien mit sich bringen könnte. So auch bei Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker, der im Interview mit der italienischen Zeitung La Stampa über Italien sagt: "Wenn wir es als Architekt, Inspirator, als Handwerker Europas verlören, dann wäre es nicht mehr dasselbe."
Die belgische EU-Kommissarin erklärte Marianne Thyssen am Mittag: "Es ist das italienische Volk, das gestern gesprochen hat, und wir respektieren ihre demokratische Entscheidung. Wir sind zuversichtlich, dass die politischen Kräfte in Italien nun die entsprechenden Antworten geben werden."
Die Entscheidung in Italien sei aber kein "Nein" zu Europa gewesen, meinte CDU-Mann und Europa-Abgeordneter Elmar Brok in den Informationen am Morgen: "Ich glaube, das Thema ist ja nicht Europa gewesen, sondern eine innere Verfassungsreform, die nichts mit Europa zu tun hat." Selbst überzeugte Europäer wie der ehemalige EU-Kommissar Mario Monti hätten deshalb mit Nein gestimmt, so Brok.
Keller: "Das hat Folgen für die Europäische Union"
Ska Keller von den Grünen kann die Motivation der italienischen Nein-Wähler durchaus nachvollziehen: "Es gab viele Kritikpunkte daran, die auch völlig berechtigt sind. Und natürlich hat das Konsequenzen, hat das Folgen für die Europäische Union, wenn Italien sich destabilisiert. Aber jetzt gab es erstmal ein Verfassungsreferendum und kein Europareferendum."
Auch Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn ist dieser Meinung, fügt aber hinzu: "Für den Euro wäre es schlecht, wenn sich die Regierungskrise lange hinzöge." Weshalb der Vize-Parlamentspräsident Alexander Graf Lambsdorff vom "Casino Italien" spricht, das wieder geöffnet habe.
Für Udo Bullmann, SPD-Abgeordneter im EU-Parlament, ist das italienische "Nein" der letzte Weckruf, dass Europa eine Antwort auf die sozialen Fragen geben müsse. Und auch Fabio de Masi von den Linken im EU-Parlament fordert ein Umsteuern in der EU: Ohne Kurswechsel in Berlin und ein EU-weites öffentliches Investitionsprogramm bzw. die Verschrottung des Stabilitäts- und Wachstumspaktes werde entweder Italien schrumpfen oder der Euro, so der deutsch-italienische Politiker.
Weber: "Le Pen musste den Champagner erstmal wieder kalt stellen"
"Ja zumindest hat der Populismus gestern eine Niederlage einstecken müssen. In Österreich ist Van der Bellen gewählt worden - ein Grüner, aber jemand, der ganz klar für Europa steht und für ein gemeinsames Europa kämpft. Und Le Pen und andere mussten den Champagner erstmal wieder kalt stellen. Sie konnten nicht ihre Party feiern", freute sich CDU-Mann und Fraktionschef Manfred Weber im ZDF-Morgenmagazin.
Von einer schweren Niederlage für Nationalismus, Rückwärtsgewandtheit und antieuropäischen Populismus sprach Parlamentspräsident Martin Schulz.
Deutlich diplomatischer drückte sich Ratspräsident Donald Tusk aus: In einer Zeit, in der wir mit vielen Herausforderungen konfrontiert seien, werde der konstruktive Beitrag Österreichs bei der Suche nach gemeinsamen, europäischen Lösungen ausschlaggebend sein, so Tusk
Wohl umso ausschlaggebender, sollten aus den 2017 anstehenden Wahlen in den Niederlanden und Frankreich die anti-europäischen Kräfte gestärkt hervorgehen.