"Donald J. Trump is calling for a total and complete shutdown of Muslims entering the United States, until our country's representatives can figure out what the hell is going on."
Mit seinem markigen Statement, in dem er den kompletten Einreisestopp für Muslime in die USA fordert, sorgte der republikanische Präsidentschaftsbewerber Donald Trump im Dezember für weltweite Irritation.
Als Soumaya Khalifa die Einlassungen von Donald Trump hörte, war ihre spontane Reaktion die einer eingefleischten Südstaatlerin.
"Bless his heart. That's a Southern expression. "
Amüsiert, irritiert, erschrocken
"Bless his heart" – das kann vieles bedeuten. In diesem Fall: Die Verachtung einer geschmeidigen Südstaaten-Lady gegenüber einem ungehobelten Narren aus dem Norden. Allerdings ist das nur eine Reaktion: Khadijah Diggs zum Beispiel war zunächst amüsiert. Dann irritiert. Und schließlich erschrocken.
"My initial thoughts were, there couldn't be possibly anyone who would take him seriously."
Zuerst habe sie nicht geglaubt, dass irgendjemand Trump ernst nehmen könne mit seiner Forderung nach einem Einreisestopp für Muslime, sagt sie. Und sei dann doch überrascht gewesen, als sie merkte: Viele Amerikaner unterstützen Trumps Haltung. Jeder vierte US-Bürger, um genau zu sein.
Soumaya Khalifa und Khadijah Diggs sind muslimische Amerikanerinnen in Atlanta. Beide tragen einen Hidschab, das traditionelle Kopftuch. Und damit enden dann auch ihre Gemeinsamkeiten.
Diggs ist Afroamerikanerin, stammt aus New York, konvertierte mit 19 zum Islam. Sie ist Ingenieurin und arbeitet für einen großen Energieversorger. In ihrer Freizeit nimmt sie an Triathlon-Wettkämpfen teil.
Khalifa stammt aus Ägypten, kam als 12-Jährige mit ihren Eltern nach Amerika. Sie wuchs in den Südstaaten auf und leitet heute eine Agentur für interkulturelles Training.
"I'm an American. I'm an Egyptian. I'm a Muslim."
Sie sei Amerikanerin, Ägypterin, Muslimin, sagt Khalifa. Die drei Elemente ihrer Identität. Alle wichtig. Aber die Amerikanerin kommt zuerst.
Viele hegen Vorurteile gegen Muslime
Allerdings hegen 43 Prozent ihrer Landsleute - das besagt eine aktuelle Umfrage -Vorurteile gegen Muslime. Der Anti-Islamismus in den USA, der nach den Anschlägen vom 11. September 2001 hochgeschnellt und dann abgeflaut war - habe mit dem Terror in Paris und Kalifornien wieder Aufwind bekommen, sagt John Esposito, Politikwissenschaftler an der Georgetown Universität in Washington, DC:
"People feel under siege, threatened by terrorism."
Viele Menschen fühlten sich belagert und bedroht vom Terrorismus, sagt Esposito. Die Gefahr sei, dass Islamophobie zu schwerer Diskriminierung führe, so wie Antisemitismus oder Rassismus gegen Schwarze.
Die wachsende Feindseligkeit gegenüber Muslimen macht sich bereits im amerikanischen Alltag bemerkbar, mal mehr, mal weniger offensichtlich. Vor Kurzem habe jemand mit einer Flasche nach ihr geworfen und sie als Terroristin beschimpft, erzählt Diggs.
Das sogenannte "Profiling" an amerikanischen Flughäfen, also intensive Befragungen und langwierige Kontrollen bestimmter Personengruppen, scheint Muslime besonders zu treffen.
"In the past few years, I've flown, say, 15 times. And I've been given the full search and swap for bomb making materials every single time."
In den letzten beiden Jahren sei sie etwa 15 Mal geflogen, sagt Khadijah Diggs. Und jedes einzelne Mal sei sie aus der Schlange an der Sicherheitskontrolle herausgeholt und auf Sprengstoff und Waffen überprüft worden.
Eine Erfahrung, die auch Soumaya Khalifa gemacht hat. Aber sie will nicht nur von schlechten Erlebnissen sprechen.
"There were so many other people, from the Christian tradition, from the Jewish tradition."
Sie habe so viel Zuspruch bekommen, erzählt sie, von ihren christlichen und jüdischen Freunden, in Briefen und Anrufen, in Emails, SMS und sozialen Medien. Zuspruch, der sie überwältigt habe.
"The support was incredible."
Muslime drittgrößte Religionsgemeinschaft in den USA
Muslime sind mit etwa einem Prozent der Bevölkerung die drittgrößte Religionsgemeinschaft in den USA nach Christen und Juden. Etwa ein Viertel sind Afroamerikaner, ein Viertel sind eingewanderte Araber, 34 Prozent kommen aus Asien - Indonesien, Pakistan, Indien. Vor allem in den Bundesstaaten Michigan, Illinois, Virginia und New York sind Muslime stark vertreten.
Anders als mancherorts in Europa haben sich Muslime in den USA bisher meist gut in die Gesellschaft integriert. Bildungsstand und Einkommensniveau sind überdurchschnittlich hoch. Unter Ärzten, Ingenieuren, Finanzanalysten und vor allem: Bei Unternehmern gibt es besonders viele Muslime.
Soumaya Khalifa fürchtet um die Zukunft des "Melting Pot", des Schmelztiegels Amerika, der immer mehr Ideal war als Realität:
"The hate speech we hear against Muslims, it does a lot of harm to the country at large."
Die Hassreden gegen Muslime schaden dem gesamten Land, sagt sie. Zum Fundament der USA gehörten Einwanderer, Pluralismus und verschiedenen Glaubenstraditionen. Jetzt drohe dieses Fundament ins Schwanken zu geraten.
"It's really shaking the foundation of what this country is built on."
Gegen Furcht und Ignoranz helfe nur Aufklärung, findet Khalifa. Und das tut sie – aufklären über den Islam - jeden Tag, in ihrem Job, bei Freunden und Fremden.
Auch Khadijah Diggs beantwortet Fragen, wenn sie denn aus ehrlichem Interesse kommen. Aber sie will niemanden missionieren.
"You can't make people think to be open-minded; you can't make people to be more accepting, to think differently."
Man könne die Menschen nicht zwingen, offen zu sein, neu zu denken, andere Meinungen zu akzeptieren. Deshalb habe sie auch ihren drei Kindern geraten: Seid freundlich, aber lasst euch nicht beleidigen. Und entschuldigt euch nicht für das, was ihr seid.
"Don't apologize for who you are."