Hat sich Laurent Fabius nur ungeschickt geäußert? Oder will Paris einen Kurswechsel in der Syrien-Politik vorbereiten? Seit der französische Außenminister eine Allianz mit den Truppen des syrischen Regimes ins Gespräch gebracht hat, ist er am Dementieren, am Zurechtrücken. Eine Kooperation mit der syrischen Armee, so Fabius gestern, könne es erst nach dem Abgang von Machthaber Assad geben.
"Die syrische Armee kann doch nicht unter Assads Herrschaft gemeinsam mit der gemäßigten Opposition kämpfen. Unter Assad ist das nicht möglich."
Realpolitik gefordert
Bis vor Kurzem noch hatte Frankreich jede Zusammenarbeit mit Damaskus abgelehnt und wollte den, so wörtlich, "Henker Assad" als Kriegsverbrecher zur Rechenschaft ziehen.
Seit den Anschlägen von Paris versucht die französische Führung aber ein weltweites Bündnis gegen die Terrormiliz Islamischer Staat zu schmieden. Mit Russland - ja. Aber auch mit dem syrischen Regime? Dafür spricht sich die Chefin des rechtsextremen Front National schon lange aus.
"Man muss doch Realpolitik machen", so Marine Le Pen, "und wenn man den IS auslöschen will, dann gibt es keine andere Möglichkeit, als sich mit Baschar Al-Assad zu verbünden, sonst kann man doch den IS nicht eliminieren". Eine Ansicht, mit der der Front National bisher aber allein steht, in dieser Offenheit zumindest.
Die rechtsbürgerliche Opposition unter dem Ex-Präsidenten Nicolas Sarkozy will sich wenige Tage vor den Regionalwahlen noch nicht so recht festlegen. Noch ist vielen Franzosen der Ärger in Erinnerung, den sich Sarkozy als Staatsoberhaupt eingehandelt hat, als er dem schon weitgehend geächteten Assad vor einigen Jahren den Roten Teppich im Elysee-Palast ausgerollt hat.
Bei einem Treffen kürzlich mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin, dem wichtigsten Verbündeten Assads, hat es Sarkozy dabei belassen, die vom Westen unterstützten Rebellen der Freien Syrischen Armee in Schutz zu nehmen und ein gemeinsames Vorgehen gegen die Islamisten anzumahnen.
"Die russischen Bomben, die französischen und die amerikanischen müssen die Barbaren vom IS treffen und nicht die nationalistische Opposition."
Einbindung von Russland
Und genau darauf hebt nun auch Francois Hollande ab. Seit den Anschlägen von Paris bemüht sich der französische Präsident ganz besonders darum, auch Russland in eine breite internationale Allianz gegen den IS einzubeziehen. Paris und Moskau, seien übereingekommen, ihr militärisches Vorgehen in Syrien miteinander abzustimmen, verkündete Hollande nach Gesprächen mit Putin. Die Russen, so gibt er sich überzeugt, seien nun sogar dazu bereit, ihre Luftangriffe auf die sogenannten gemäßigten Rebellen der syrischen Opposition einzustellen.
"Präsident Putin hat uns sogar gebeten", so Laurent Fabius, "eine Karte zu erstellen mit den Kräften, die keine Terroristen sind und die gegen den IS kämpfen. Damit sie dann, wenn wir diese Karte angefertigt haben, nicht mehr bombardiert werden."
Entsetzen bei syrischen Oppostionellen in Frankreich
Was der französische Außenminister "sehr wichtig" findet, das sorgt bei syrischen Oppositionellen in Frankreich allerdings für regelrechtes Entsetzen. Die französische Regierung habe sich völlig verrannt, meint der syrische Politikwissenschaftler Salam Kawakibi von der in Paris ansässigen Arabischen Reforminitiative.
Bevor die Russen eingegriffen haben, seien die Rebellen dabei gewesen, den IS aus der Region um Idlib und Aleppo zu vertreiben. Mit dem russischen Einschreiten, mit den Luftangriffen auf die Assad-Gegner habe die Terrormiliz dann aber wieder vorrücken können. Und wenn Paris jetzt Moskau mit Karten, mit Informationen über die Stellungen der Rebellen, versorgt, dann, fürchtet Kawakibi, werde Russland diese Koordinaten doch sofort dafür nutzen, diese oppositionellen Kräfte zu bombardieren. Es wäre, so warnt der Syrer, politisch und militärisch völlig naiv, in diese Falle zu tappen.
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