Archiv

Nach Armenier-Resolution
Islamverband Ditib lädt Integrationsbeauftragte aus

Von der Spitze des Deutschen Bundestags aus ist der türkisch-geprägte Islamverband Ditib aufgefordert worden, Stellung zu beziehen gegen Drohungen aus der Türkei an die Adresse türkischstämmiger Abgeordneter. Gestern nun lud die Ditib die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Aydan Özoguz, kurzfristig vom gemeinsamen Fastenbrechen (Iftar) aus. Aus Sicherheitsgründen, heißt es. Özoguz mag das nicht glauben.

    Es ist der größte und wichtigste Islamverband in Deutschland: Die Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion - kurz: Ditib. Der Verband ist türkisch geprägt und eng mit der Regierung in Ankara verbunden.
    Der Vorsitzende von Ditib-Nord, Sedat Simsek, zog eine von seinem Verband im April ausgesprochene Einladung für Mittwochabend in Hamburg kurzfristig zurück. Özoguz hatte wie alle türkischstämmigen Abgeordneten des Bundestages Drohungen erhalten, nachdem sie für eine Resolution gestimmt hatte, die die Massaker an den Armeniern im Osmanischen Reich vor gut 100 Jahren als Völkermord klassifiziert; das lehnen viele in der Türkei vehement ab.
    Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Aydan Özoguz (SPD), spricht am 16.12.2014 in Berlin bei einer Pressekonferenz über die Kampagne "Ein Leben, zwei Pässe".
    Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Aydan Özoguz (SPD) (picture alliance / dpa / Britta Pedersen)
    In einem Schreiben an die Staatsministerin wurden erhebliche Sicherheitsbedenken geltend gemacht. Die Deutsche Presse-Agentur zitiert daraus. Demnach heißt es weiter, seit einigen Tagen tauchten in der Gemeinde viele Muslime auf, die nicht zu den regelmäßigen Gemeindebesuchern gehörten, aber die Atmosphäre ständig aufwiegelten.
    Die SPD-Politikerin teilte indes mit, mit der Ausladung habe Ditib eine Chance vertan, klar Stellung gegen Extremisten zu beziehen. Das Fastenbrechen hätte zudem die Möglichkeit geboten, die überhitzte Debatte zu versachlichen. Über einen Alternativtermin habe man sich nicht verständigt. Ditib-Nord hoffe jedoch, die Staatsministerin in naher Zukunft doch als Gast begrüßen zu dürfen. Laut Medienberichten soll die Absage zum Hamburger Fastenbrechen offenbar von der Kölner Ditib-Zentrale angeordnet worden sein.
    Hamburgs Bischöfin blieb aus Solidarität ebenfalls fern
    Hamburgs Bischöfin Kirsten Fehrs blieb der Veranstaltung aus Solidarität mit der ausgeladenen Integrationsbeauftragten ebenfalls fern. "Nachdem Frau Özoguz ausgeladen worden war, wäre eine Teilnahme der Bischöfin am Empfang möglicherweise politisch instrumentalisiert worden", teilte ihre Sprecherin auf Anfrage mit. Vergangene Woche hatte die Ditib bereits einen angesetzten Termin mit Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) abgesagt. Lammert sollte in der Berliner Sehitlik-Moschee ebenfalls an einem Empfang zum Fastenbrechen im Ramadan teilnehmen.
    Bundestagsvizepräsident Johannes Singhammer hatte die Ditib vergangene explizit aufgefordert, sich vom Staatschef der Türkei, Recep Tayyip Erdogan, zu distanzieren. Es sei dringend nötig, dass der Verband in Köln den Einschüchterungsversuch Erdogans zurückweise, sagte der CSU-Politiker. Ähnlich hatte sich Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckhardt und der religionspolitische Sprecher der Grünen, Volker Beck, geäußert.
    Erdogan hatte seine Kritik am Abstimmungsverhalten der Bundesatagsbgeordneten mit türkischen Wurzeln an deren Herkunft geknüpt und ihr Blut als verdorben bezeichnet. Erdogan forderte die deutschen Politiker auf, Bluttests zu machen, um ihre türkische Abstammung zu belegen. Nach Erdogans Äußerungen wurden von verschiedenen Seiten aus der Türkei massive Bedrohungen geäußert.