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Nach Chaos im Flugverkehr
Hat die Luftfahrtbranche verstanden?

Um ein neuerliches Chaos im Flugverkehr zu verhindern, will die Lufthansa Tausende neue Mitarbeiter in Europa einstellen. Damit geht sie eins von vielen Problemen der schnell wachsenden Branche an. Mehr Personal, Infrastruktur, engmaschige Flugpläne - was muss 2019 besser laufen?

Von Brigitte Scholtes | 02.01.2019
    Ein Flugzeug der Lufthansa landet am 20.10.2014 am Flughafen in Frankfurt am Main (Hessen). Im Vordergrund ist eine Laterne zu sehen.
    Verspätungen, Ausfälle, Gepäckchaos - das war das Flugjahr 2018 (dpa / Fredrik von Erichsen)
    Die Branche wächst seit Jahren schneller als erwartet, und das bereite große Wachstumsschmerzen, sagt etwa Lufthansa-Chef Carsten Spohr: "Wenn der Sommer was Gutes hatte außer dem kommerziellen Erfolg, dann, dass wir alle in der Branche wach geworden sind: Flughäfen, Flugsicherung, Politik, Dienstleister, Hersteller und wir. Dass es anders werden muss, wenn wir in Europa weiterhin eine Rolle spielen wollen und unsere Kunden nicht durch mangelnde Qualität enttäuschen wollen."
    Konjunkturdelle könnte Chaos verhindern
    Wie das gehen könnte, das haben Politik und Branche auf dem Luftfahrtgipfel im Oktober diskutiert. Und nun müssten die Akteure ihre Hausaufgaben machen, sagt Eric Heymann, Analyst der Deutschen Bank: "Das fängt zum Beispiel damit an, dass Fluggesellschaften ihren Flugplan nicht mehr so eng getaktet aufstellen, so dass dort Umsteigezeiten ein bisschen großzügiger gewährt werden. Mehr Personal an den Flughäfen und bei den Sicherheitskontrollen ist etwas, was hier eine Rolle spielen kann. Und von der konjunkturellen Seite her dürfte das Wachstum im Jahr 2019 etwas geringer ausfallen. Das heißt, so chaotisch wie 2018 in der Hochsaison und im Sommer muss es nicht mehr werden."
    Bessere Infrastruktur, mehr Lotsen - geht das so schnell?
    Das Wachstum müsse vor allem "qualitativ" sein, meint Lufthansa-Chef Spohr. Denn die Infrastruktur am Boden und in der Luft hat nicht mitgehalten: Zum einen sind die Kontrollsysteme an vielen Flughäfen veraltet, zum anderen hapert es auch bei der Steuerung in der Luft. Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer meint deshalb: "Es ist so, dass wir auch Notlagen haben, was beispielsweise die Lotsensituation betrifft. Wir gehen da massiv in die Ausbildung."
    Da werde sich aber kurzfristig nichts ändern, gibt sich Kristina Kelek, Sprecherin der Deutschen Flugsicherung skeptisch. "Das Problem dabei ist: Das geht nicht über Nacht. Wir brauchen also jetzt vielleicht drei, vier Jahre, bis wir die entsprechenden Fluglotsen rekrutiert haben, ausgebildet haben und sie fertig eingesetzt werden können an ihren Arbeitsplätzen."
    Brexit ein zusätzliches Risiko
    Der Airline-Verband IATA rechnet damit, dass 2019 weltweit 4,6 Milliarden Passagiere fliegen werden, das wären sechs Prozent mehr als 2018. In Europa könnte das Wachstum auch durch den Ende März anstehenden Brexit gebremst werden. Einen Notfallplan hat die EU für diesen Fall schon verabschiedet.
    Doch allzu schlimm dürfte es nicht werden, hofft zumindest Eric Heymann von der Deutschen Bank: "Ich bin zuversichtlich, dass selbst wenn es zu einem 'hard Brexit' kommen sollte, man hier entsprechende Regelungen treffen wird, dass man weiterhin hin und her fliegen kann. Und dass die Fluggesellschaften dort relativ schnell in einen Marktmodus kommen, der für die Kunden vertretbar ist."
    Schwierigkeiten könnte es aber für einzelne Fluggesellschaften geben. Freien Flug innerhalb der EU haben nämlich nur die Fluggesellschaften, die mehrheitlich im Besitz von Aktionären aus der EU sind. Das gilt nicht für Condor und Tuifly. Gut, dass Ostern 2019 relativ spät fällt. Bis dahin sollten die Politiker es hoffentlich schaffen, für einen einigermaßen störungsfreien Luftverkehr zwischen der Britischen Insel und Kontinentaleuropa zu sorgen.