Mohammed sitzt zusammengesunken auf seinem Feldbett. Unter dem Laken schaut ein blauer Hygieneplastiküberzug hervor. Die braungraue Wolldecke hat er sich über die Schultern gezogen. Durch die Metalltür der früheren Asfinag-Garage zieht es.
Er fühle sich krank, sagt der 22-Jährige leise. Wie genau es ihm gehe, könne er auf englisch gar nicht beschreiben. Er käme aus Afghanistan, jetzt wollten er und sein Vater in Österreich bleiben. Vier Wochen waren sie unterwegs, jetzt seinen sie nur noch müde.
Einen Raum weiter, ebenfalls eine frühere Garage mit Betonfußboden und gut 40 dunkelgrünen Feldbetten, steht der 38-jährige Samir mit vier anderen Landsleuten. Er stammt aus Kabul, arbeitete in seiner Heimat als Berufsschullehrer. Seit er gehört hat, dass Deutschland afghanische Flüchtlinge zurückschicken will, bleibt er lieber in Österreich:
"Die Leute haben gesagt, Deutschland bringt Afghanen wieder zurück und Österreich nicht, deshalb bin ich ein Flüchtling in Österreich. Das ist gut."
Asylbewerber gefährden Transitverkehr für Flüchtlinge
Einige der Flüchtlinge kämen bereits mit dem Ziel Österreich, weil ein Teil der Familie dort lebt, sagt einer der Betreuer auf dem alten Salzburger Autobahnmeistereigelände, wo derzeit neben gut 2.000 Transitflüchtlingen, die weiter nach Deutschland wollen, auch 280 Asylbewerber untergebracht sind.
So wie diese junge Frau aus dem Irak. Im Salzburger Transitzentrum lernte die 24-Jährige zufälligerweise eine andere ältere irakische Frau mit ihrem Sohn kennen, die aus einem Nachbarort in ihrer Heimat stammen. Zusammen entschlossen sie sich, zwei Wochen nach Ankunft in der Flüchtlingsunterkunft, in Österreich zu bleiben.
Salzburg sei doch eine schöne Stadt, sagt sie. Sie seien jetzt seit 25 Tagen in der Unterkunft ohne Transfer nach Deutschland. Die Garage, in der sie untergebracht sind, sei zugig, es wäre kalt. Mit Asylantrag hätten sie die Chance auf eine Pensionsunterkunft. Der junge Iraker ergänzt ein wenig trotzig:
"Ich möchte einfach nur leben, ich will studieren, arbeiten, leben. Wir kommen aus Anbar."
Immer mehr der zum Teil stark geschwächten Männer, Frauen und Kinder entschieden sich nach einigen Tagen im Transitbereich, nicht weiter nach Deutschland zu fahren, hat der Einsatzleiter der Transitunterkunft Michael Helbig beobachtet. Doch genau das ist ein Problem:
"Also unser Problem ist tatsächlich, dass wir eine exponentielle Steigerung an Asylbewerbern haben, insbesondere aus dem Bereich Afghanistan, das sind die, die hier nicht mehr weiter wollen und sich hier niederlassen wollen. Kapazitätsmäßig ist das für uns ein sehr großes Problem, weil wir ausgerichtet sind auf die Transitflüchtlinge, die unmittelbar nach Deutschland einreisen wollen und wenn aber unsere Plätze belegt werden, können wir einen ordnungsgemäßen Transitverkehr gar nicht mehr durchführen."
Auch Österreich hat sein Asylrecht verschärft
Österreich würde deshalb auch Leute weiterschicken, die eigentlich in Österreich bleiben wollten, kritisierten bereits Wohlfahrtsverbände. Mit aktuell 85.000 Asylanträgen in diesem Jahr bei acht Millionen Einwohnern fühlt sich Deutschlands südlicher Nachbar tatsächlich am Rande seiner Aufnahmefähigkeit.
Jeder Asylbewerber mehr verschärfe die Situation, sagt auch Salzburgs Bürgermeister Heinz Schaden. Eigentlich sei ja Wien für die Unterbringung zuständig, weil darauf aber kein Verlass sei, nutze man die Unterkünfte, die da seien für die Deutschlandmigranten:
"Da haben wir zwei Gruppen, die ganz unterschiedliche Interessen haben, die einen wollen nach Deutschland, die anderen bleiben, und das verschärft sich jetzt. Wir sind absolut am Limit. In dieser einen Unterkunft haben wir täglich 50 Asylbewerber und es kommt der Tag, wo wir immer mehr Asylbewerber haben und irgendwann keinen Platz mehr für Transitflüchtlinge."
Den jungen Perser Amir interessiert das in seiner Unterkunft auf dem altem Autobahnmeistergelände relativ wenig. Deutschland habe ihn abgeschoben, deshalb bleibe er jetzt in Österreich. Dass auch Österreich jetzt sein Asylrecht verschärft hat und ab Mitte November nur noch Asyl auf Zeit – zunächst für maximal drei Jahre – gewähren will, dass weiß er noch nicht.