Das Attentat hat Polen erschüttert. Beim Einkaufen, in der Straßenbahn, auf der Post: Überall sprachen die Menschen in dieser Woche von dem Verbrechen. Vor allem in Danzig war die Bedrückung zu spüren. Die Bürger der Stadt hatten Pawel Adamowicz noch im Herbst zum Bürgermeister gewählt, zum sechsten Mal.
Bei einer Trauerkundgebung sagte Martyna, die in Danzig Kriminologie studiert:
"Herr Adamowicz war von 1998 an Bürgermeister - fast so lange wie ich lebe. Dass er so lange am Ruder blieb, zeigt, dass er ein gutes Stadtoberhaupt war.
Sein Verdienst ist es, dass Danzig seitdem so eine Metamorphose erlebt hat. Es ist so traurig, dass sein Leben so zu Ende ging."
Allgemeine Betroffenheit
Wie betroffen die Bürger waren, zeigte auch die Schlange der Menschen, die Blut spenden wollten, als Pawel Adamowicz noch mit dem Tod rang. Er hatte eine seltene Blutgruppe.
Auch Politiker aus allen wichtigen Parteien zeigten sich erschüttert. Ministerpräsident Mateusz Morawiecki ließ Adamowiczs Frau, die sich im Ausland aufhielt, mit einem Regierungsflugzeug aus London nach Danzig bringen. Staatspräsident Andrzej Duda verhängte für heute, den Tag der Beisetzung, Staatstrauer. Er erklärte:
"Das ist ein Schlag für unsere Gemeinschaft, für die Menschen, die in diesem Land Gutes bewirken wollen. Ich bitte alle, dass wir einem großen Menschen und Politiker, einem großen Bürger Danzigs die Ehre erweisen."
Adamowicz stand in Opposition zur rechtskonservativen polnischen Regierung. Er galt als liberal. Bis vor vier Jahren gehörte er der rechtsliberalen "Bürgerplattform" an. Zur jüngsten Kommunalwahl war er mit einer eigenen Formation angetreten.
Trotz der gemeinsamen Trauer zeigten sich in den vergangenen Tagen Unterschiede in der Bewertung des Verbrechens. Vertreter aus dem Regierungslager betonten, dass der 27-jährige Attentäter mehrfach vorbestraft war und an einer schweren psychischen Störung gelitten habe. Deshalb sei es unzulässig, die Tat in einen politischen Kontext zu stellen.
Allgegenwertiger Hass mitverantwortlich für Attentat
Anders argumentierten Vertreter der Opposition. Der allgegenwärtige Hass in der politischen Debatte sei für die Tat mitverantwortlich, sagten sie. Schließlich hatte der Täter nach seiner Messerattacke auf der Bühne einer Wohltätigkeitsveranstaltung erklärt, er habe sich an der Partei "Bürgerplattform" für einen Gefängnisaufenthalt rächen wollen.
Stefan Niesiolowski von der "Bürgerplattform" kommentierte: "Die Sprache des Hasses ist seit etwa zehn Jahren in der Politik präsent. Und sie wird bewusst von der Regierungspartei PiS eingesetzt. Es wäre naiv zu glauben, dass sie jetzt damit aufhören wird."
Neue Debatte über Hate Speech
Allerdings greift auch die Opposition zu sogenannter Hassrede - immer wieder auch Niesiolowski selbst. Durch den furchtbaren Tod von Pawel Adamowicz ist in Polen immerhin eine ernsthafte Diskussion darüber entstanden, was extreme Beleidigungen und Drohungen anrichten können. Einige Bürgermeister haben die Schulen angewiesen, dazu besondere Kurse abzuhalten.