Wer mit einem Airbus fliegt und aus dem Fenster auf die Flügel schaut, sieht immer ein Produkt "made in Britain". Alle Tragflächen der zivilen Sparte von Airbus kommen entweder aus dem walisischen Dorf Broughton oder aus Filton, ein Städtchen, im Norden von Bristol gelegen: ein traditionsreiches Zentrum der englischen Luftfahrtindustrie; am 9. April 1969 hob vom Flughafen Filton der britische Prototyp des Überschallflugzeugs Concorde zu seinem Jungfernflug ab.
Rolls-Royce baut in Filton seine Triebwerke, größter Arbeitgeber aber ist Airbus: allein im letzten Jahr wurden 1210 Tragflächen ausgeliefert. Die Entscheidung für den Brexit sei "eine Enttäuschung", heißt es bei Airbus; schon Wochen vor dem Referendum hatte das Management in Anzeigen für den Verbleib Großbritanniens in der EU geworben, hatte sich in einem Brief an die Airbus-Beschäftigten in Großbritannien gewandt. Der Vorstandschef von Airbus, Tom Enders, Anfang April:
"Ich mache kein Hehl daraus, dass ich natürlich hoffe, dass die Entscheidung pro Europäische Union fällt und nicht für einen Brexit."
"Kunden wollen nicht Bürokratie und Behördenkram bezahlen"
Paul Kahn, der Airbus-Chef im Vereinigten Königreich:
"Wir vertreten unsere Position so klar, weil wir in Großbritannien nur Flügel bauen, die Kunden aber kaufen Flugzeuge - auf einem weltweit umkämpften Markt. Und die Kunden wollen nicht Bürokratie und Behördenkram bezahlen, sondern ein exzellentes Produkt: Das wir hier in Großbritannien bauen, aber erst zusammen mit Deutschland, Frankreich und Spanien wird ein ganzes Flugzeug daraus."
Seit über 20 Jahren investiert Airbus in Großbritannien, zuletzt wurde 2011 in Broughton die Montagehalle für die Tragflächen des Langstreckenjets A 350 eröffnet.
"Wir werden nicht irgendwohin gehen. Wir reden hier über die Zukunft. Wir werden immer versuchen, im Wettbewerb der Beste zu sein und so produktiv wie irgend möglich. Die Luftfahrtindustrie hier in Großbritannien ist sehr produktiv, das hilft uns. Wo wir investieren werden – auch das ist ein weltweiter Wettbewerb: Wir können in Europa investieren, in China, in den USA … Es geht also darum, Großbritannien so attraktiv wie möglich zu machen."
Airbus in Großbritannien: Das sind 15.000 Mitarbeiter, zusammen mit den rund 4.000 Zulieferbetrieben sind an die 100.000 Briten von Airbus abhängig. Für sie hatte es etwas besonders Bedrohliches, als Airbus-Chef Tom Enders nach dem Brexit-Referendum in einem knappen Statement lediglich mitteilte, "wie jeder andere auch" werde man die "Investitionsvorhaben in Großbritannien überdenken". Konkreter wurde er bisher nicht.
Zollschranken könnten Produktionsabläufe verlangsamen
Airbus muss sich sehr genau überlegen, wie es mit einem Nicht-EU-Mitglied Großbritannien umgehen soll. Airbus produziert auch in Deutschland, Frankreich und Spanien, zur Endmontage der Maschinen in Hamburg und Toulouse müssen die fertigen Bauteile produktionsgerecht geliefert werden, der freie und zuverlässig-schnelle Warenverkehr ist dabei unerlässlich: Doch wie soll das gehen, wenn zwischen Großbritannien und dem Festland Zollschranken errichtet werden?
Auch in China und den USA unterhält Airbus inzwischen Montagewerke – doch zumindest für die nahe Zukunft hatte der britische Airbus-Chef Paul Kahn auch nach der Entscheidung für den Brexit für die englischen und walisischen Belegschaften noch verhalten optimistische Worte bereit:
"Die großen Investitionen, die wir 2014 für Wales angekündigt haben, die werden auch kommen: Wir werden die Automatisierung hier in Broughton verbessern, um die Produktion zu beschleunigen, das geht weiter. Aber – über zukünftige Investitionen werden wir entscheiden müssen, wie jeder andere auch. Und dazu kann ich Ihnen heute nichts sagen."
Nur angedeutet, aber doch klar zu vernehmen: Die Botschaft, dass künftige Investitionen eher woanders gemacht werden. Dass Airbus sich aus Großbritannien völlig zurückziehen wird, ist unwahrscheinlich, dafür wurde und wird zu viel investiert. Airbus hat auch angekündigt, mit künftigen britischen Regierungen "konstruktiv zusammenzuarbeiten". Dass aber die Produktion umständlicher, langwieriger und teurer wird, von schwankenden Wechselkursen ganz abgesehen: Davon gehen bei Airbus alle aus.