Gerade erst hätten die Dorfbewohner genug Geld gesammelt, um ihre Barock-Kirche in Sonnengelb neu streichen zu können, erzählt Oscar Martínez vom Kirchenvorstand. Jetzt steht der schnurrbärtige Zuckerrohrschneider fassungslos vor dem gelben Trümmerhaufen des mehr als 300 Jahre alten Gotteshauses. Als am Dienstag die Erde bebte, hätten da gerade 20 Einwohner von Atzala eine Taufe gefeiert. Das Baby und elf Familienangehörige wurden von Trümmern erschlagen.
"Ich fühlte, dass irgendetwas großes Unheimliches von unten kam. Ich war gerade draußen auf dem Feld. Das war wie ein Monster, das sich ankündigte, hervorzubrechen."
Ja, das Beben war stark, aber die Hilfe ist größer, lächelt Atzalas Bürgermeister Ramos Moral und schaut auf die vielen freiwilligen Helfer, die im Gemeindesaal Hilfsgüter stapeln. In dem kleinen Ort direkt am Epizentrum des Bebens seien viele Häuser eingestürzt, andere so stark beschädigt, dass sie jetzt abgerissen werden müssen. Sie tragen ein rotes X an der Hauswand. Anders als in der ebenfalls stark betroffenen Hauptstadt gibt es hier keine namenlosen Vermissten. Die Zahl der Toten ist ebenso bekannt, wie die der abrissreifen Häuschen.
Geld kommt meist von Verwandten in den USA
"Der Bedarf an Hilfe ist groß: Moralische und finanzielle Hilfe wird gebraucht, außerdem beim Wiederaufbau der Infrastruktur. In unserem Dorf leben Bauern, die wenig Geld haben. Das macht die Dinge schwieriger."
Die meisten Einwohner Atzalas leben vom Zuckerrohranbau, der Durchschnittslohn liegt unter 200 Euro pro Monat. Viele konnten sich ihre Häuschen nur deshalb bauen, weil Familienmitglieder, die für eine Zeit in den USA arbeiten, Dollars schicken.
Eloisa Cruz hat zwei Söhne in den USA, die manchmal Geld schicken. 56 Jahre und viele Erdbeben hat ihr primitives Häuschen, dünne Wände mit Wellblechdach, überstanden. Am Dienstag brachen Teile zusammen. Jetzt lebt die 80-Jährige mit Enkel und Schwiegertochter unter einer Plastikplane im Garten. Das Erdbeben sei besonders stark gewesen, meinen mexikanische Wissenschaftler und Eloisa Cruz ist einverstanden: Solche Erschütterungen habe sie noch nie erlebt. Alle noch stehenden Mauern haben tiefe Risse. Alles abreißen, hat ihr der Zivilschutz geraten.
Wiederaufbau in Dörfern wird schwierig
"Ich habe im Moment überhaupt kein Geld und schon gar nicht für ein neues Haus. In der Erntezeit sind manchmal ein paar Pesos übrig. Aber, leider vermehrt sich das Geld nicht."
Was würden sie mir raten, fragt die Frau erschöpft. "Auf keinen Fall mehr in den einsturzgefährdeten Resten übernachten", ist die etwas ratlose Antwort.
Hilfe beim Wiederaufbau wird das wichtigste für Mexikanerinnen wie sie sein, aber bis jetzt weiß niemand, ob es die geben und ob sie in den weit von der Hauptstadt entfernten Dörfern ankommen wird.