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Nach dem Hackerangriff auf Facebook
Unternehmen unterschätzen Risiken von Cyberangriffen

Rund 50 Millionen Nutzer sind von dem Hackerangriff auf Facebook betroffen. Jeder zehnte davon kommt aus Europa. Nach Einschätzung von Experten unterschätzen viele Unternehmen die Gefahr von Hackerangriffen noch immer - auch in Deutschland.

Klemens Kindermann im Gespräch mit Ann-Kathrin Büüsker |
    Das Facebook-App-Icon auf einem Smartphone
    Die Folgen des Hackerangriffs auf Facebook können noch nicht ganz abgeschätzt werden (imago)
    Ann-Kathrin Büüsker: Facebook ist Opfer eines Hackerangriffs geworden. Rund 50 Millionen Nutzer sind betroffen. Das wissen wir seit Freitagabend. Nach und nach werden aber jetzt die Dimensionen dieses Angriffs deutlich. Klemens Kindermann aus der Wirtschaftsredaktion: welche Nutzer sind genau betroffen?
    Klemens Kindermann: Fünf Millionen der 50 Millionen betroffenen Nutzer kommen aus Europa. Das teilte EU-Justizkommissarin Vera Jourova jetzt mit. Also jeder Zehnte Gehackte ist ein europäischer Nutzer. Und ganz wichtig: Betroffen von dem Angriff könnten nicht nur Nutzer sein, die bloß ihren Facebook-Account selbst nutzen, sondern auch die, die damit in andere Online-Dienste gehen. Das machen ja viele, weil es schneller geht. Und auch Online-Händler bieten diese bequeme Möglichkeit an. Aber: Die Hacker haben die Digitalschlüssel gestohlen, mit denen man in die anderen Dienste-Accounts kommt. Die sogenannten "Access token".
    Und in diesem wichtigen Punkt hat Facebook selbst jetzt eine vorsichtige Entwarnung gegeben: Es seien erste Logdateien mit Anmeldeinformationen ausgewertet worden und es gebe keine Hinweise darauf, dass die Hacker über die besagten Digitalschlüssel auch die Zugänge hinein in andere Online-Dienste genutzt hätten.
    "Eine genauere Eingrenzung, wer wirklich betroffen ist, gibt es noch nicht"
    Büüsker: Wie sicher können Facebook-Nutzer hier in Deutschland denn sein, dass ihre Daten nicht missbraucht wurden?
    Kindermann: Eigentlich gar nicht. Die Sicherheitslücke bestand schon seit Sommer letzten Jahres in der Facebook-Plattform. Vor zwei Wochen fiel dann eine hohe Aktivität bei einer Software-Schnittstelle auf. Inzwischen soll die Lücke geschlossen sein. Wer da aber zugange ist, weiß man nicht, weiß auch Facebook nicht, wie das Unternehmen einräumte. Zuständig ist hier in Europa die irische Datenschutzbehörde. Die hat aber in der Meldung, die sie von Facebook erhalten hat, Details vermisst. Also eine genauere Eingrenzung, wer wirklich betroffen ist, gibt es noch nicht.
    SAP-Manager: "Risiken werden von vielen unterschätzt"
    Büüsker: Wenn ein globaler Internet-Konzern wie Facebook in einer solchen Weise gehackt werden kann, wie steht es denn dann mit der Sicherheit deutscher Unternehmen vor Hacker-Angriffen?
    Kindermann: Diese Frage habe ich Christian Behre gestellt: Er ist operativer Leiter für Datensicherheit bei SAP, dem deutschen Softwarekonzern aus Walldorf, und er beantwortet sie so:
    "Wir sagen oft, dass weniger die Frage ist, ob ein Unternehmen Ziel von einem Cyber-Security-Angriff wird, sondern eher die Frage, wann das passiert. Wir sehen natürlich, dass das Sicherheitsbewusstsein mittlerweile gesteigert ist, aber die Risiken werden trotzdem von vielen unterschätzt und auch notwendige Investitionen in Technologie und Mitarbeiter werden oftmals nicht getätigt.‘‘
    In den vergangenen zwei Jahren sind sieben von zehn Industrieunternehmen Opfer von Sabotage, Datendiebstahl oder Spionage geworden. Dabei ist, so hat soeben der Branchenverband Bitkom mitgeteilt, ein Schaden von sage und schreibe 43 Milliarden Euro entstanden.
    Das ganze Interview mit SAP-Manager Christian Behre hören Sie in der Sendung "Wirtschaft am Mittag" ab 13.35 Uhr.