Fuchs sagte, die Kritik von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) an der CSU teile er nicht. ihm gefielen die Worte nicht, gerade weil die Zusammenarbeit gut sei. Schäuble hatte der CSU Attacken auf Kanzlerin Angela Merkel vorgeworfen. Fuchs warb für Geschlossenheit: "Weder die Wähler noch sonst jemand schätzt das, wenn wir uns streiten." Man solle die Unterschiede zwischen den Parteien nicht überbewerten. Bei dem Koalitionsgipfel am Mittwoch in Berlin hätten Merkel und CSU-Chef Horst Seehofer zudem ihr Verhältnis geglättet.
Bei dem Treffen der Koalitionsspitzen im Kanzleramt gab es weiter keine Einigung bei der Reform der Erbschaftssteuer. Fuchs sagte dazu, die Verhandlungen seien komplex, weil Familienunternehmen mit der neuen Regelungen nicht in der Substanz geschädigt werden sollen. Gleichzeitig sei im Koalitionsvertrag festgelegt worden, dass es keine Steuererhöhungen geben werde. Jeder Schritt müsse deshalb immer gegengerechnet werden. "Ich gehe davon aus, dass wir in dieser Woche noch eine vernünftige Lösung finden."
Das Interview in voller Länge:
Mario Dobovisek: Die Flüchtlingspolitik der Kanzlerin entzweit die Union. Da kommen Drohgebärden aus Bayern, Klageandrohungen, rote Linien werden gezogen. Die CDU fühlt sich, so wörtlich, attackiert vom brüllenden bayerischen Löwen. Doch die Kanzlerin lässt scheinbar alles an sich abperlen. Am Dienstag ein kurzes Treffen zwischen ihr und Seehofer, das Ende des Monats in größerer Runde fortgesetzt werden soll. Es knirscht im Gebälk, was Koalitionsausschüsse mit dem gemeinsamen Partner, der SPD, nicht gerade einfacher macht. Eine solche Runde konnten wir gestern Abend beobachten.
Am Telefon begrüße ich Michael Fuchs, CDU-Mitglied und stellvertretender Vorsitzender der Unions-Fraktion im Bundestag. Guten Morgen, Herr Fuchs.
Michael Fuchs: Guten Morgen, Herr Dobovisek.
Dobovisek: Wir halten fest: Es gibt eine Einigung in Sachen Ökostromsteuer. Kommt die Koalition nur noch voran, wenn die CDU der CSU nachgibt?
Fuchs: Nein. Wir haben im Prinzip ein ganz gutes Verhältnis. Wir müssen auch eins sehen: Wir haben ja gerade auf Arbeitsebene, sprich der Fraktionsvorsitzende, die stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden, täglich mehrfach miteinander zu tun und das klappt eigentlich sehr vernünftig. Ich kann mich da nicht beschweren.
Dobovisek: Ihr Parteifreund Schäuble spricht inzwischen von bayerischen Attacken gegen die Kanzlerin, martialische Worte, Herr Fuchs. Klingt eher nach Krieg als nach kleinem Streit.
"Es muss Planungssicherheit für die Unternehmen her"
Fuchs: Na ja gut, das sind Worte, die ich nicht persönlich nehmen würde, die mir auch nicht wirklich gefallen, deswegen, weil ich das eigentlich nicht so empfinde. Wir arbeiten vernünftig zusammen, in aller Regel klappt das gut. Mein Kollege, mit dem ich sehr intensiv zusammenarbeite, das ist Herr Dr. Nüßlein von der CSU, und ich kann mich da gar nicht beschweren. Im Gegenteil: Wir telefonieren täglich mehrfach oder sitzen zusammen in irgendwelchen Gremien und arbeiten die Dinge, die wir zu machen haben, ab. Das läuft und das wird auch weiter so gehen und muss auch so gehen. Ich glaube, es bringt nichts, weder die Wähler, noch sonst jemand schätzt das, wenn wir uns da streiten. Im Gegenteil! Ich wünsche mir auch, dass das Verhältnis zwischen Herrn Seehofer und der Bundeskanzlerin geglättet wird. Aber ich habe den Eindruck, das ist auch gestern Abend geschehen.
Dobovisek: Wer soll denn das Verhältnis, ich würde sogar sagen, kitten? Denn der Streit ist da, der Streit ist offensichtlich.
Fuchs: Na ja, das werden die beiden schon selber machen. Die sind auch erwachsen genug dafür und die haben die Ziele vor Augen, die wir haben. Wir haben eine Reihe von Gesetzgebungsverfahren, die wir machen müssen. Sie haben eben in dem Vorspann von der Erbschaftssteuerreform gesprochen. Die muss jetzt bald über die Rampe. Das Bundesverfassungsgericht hat uns eigentlich den 30. 6. als Datum gesetzt. Da gibt es eine gewisse Nachfrist, die wir noch haben, aber dann muss es auch geschehen. Es muss Planungssicherheit für die Unternehmen her. Es muss dafür gesorgt werden, dass jeder weiß, was passiert. Im Falle eines Erbens oder im Falle einer Schenkung muss es gesichert sein, dass Familienunternehmen nicht so viel Erbschaftssteuer zahlen, dass sie auf Jahre hinaus keine Investitionen mehr treffen können et cetera. Darüber wird momentan ja geredet.
Dobovisek: Bevor wir weiter, Herr Fuchs, über die Erbschaftssteuer sprechen, bleiben wir doch noch mal beim Verhältnis zwischen CDU und CSU. Da möchte ich einen Ihrer Gefolgsleute, Ihrer Mitparteifreunde sozusagen zitieren, den früheren CDU-Generalsekretär Heiner Geisler. Der sagt heute Morgen: Wenn die CSU so weitermacht, wird irgendwann der Punkt kommen, wo der CDU nichts anderes übrig bleibt als ein Bruch mit der CSU mit einem eigenen Wahlkampf in Bayern. Sehen Sie das ganz anders?
"Es gibt natürlich Unterschiede. Das ist in jeder Familie so."
Fuchs: Ich halte das für völlig falsch. Ich habe das Gefühl, dass Herr Geisler nicht mehr nahe genug dran ist und das dementsprechend auch nicht so beurteilen kann, wie wir das hier beurteilen können. Wir müssen und wir wollen und wir werden mit der CSU vernünftig zusammenarbeiten. Das tun wir auf einer täglichen Basis und ich sehe das gar nicht. Ich bin für elf Uhr wieder mit CSU-Kollegen verabredet, wo wir dann wieder weiter an Gesetzesvorhaben arbeiten werden.
Dobovisek: Liegt es also allein an den beiden großkropferten Köpfen an der Spitze der Partei?
Fuchs: Das will ich nicht so sagen. Es gibt natürlich auch mal Unterschiede. Das ist in jeder Familie so, das ist natürlich auch in einer Partei so. Wir haben unterschiedliche Auffassungen bei dem einen oder anderen Gesetz. Klar, warum nicht. Das ist aber auch völlig normal und das hat es immer gegeben in der Zusammenarbeit zwischen der CDU und der CSU. Man sollte das nicht überbewerten. Ich weiß, dass das natürlich für den einen oder anderen ein großer Spaß ist. Ich ärgere mich darüber, weil es eigentlich nicht aufzeigt, welche Arbeit hinter den Gesetzen steckt, die wir vernünftig miteinander machen.
Dobovisek: Sie werden - das konnte ich in den vergangenen Tagen lesen - nicht mehr antreten als Bundestagsabgeordneter bei der nächsten Wahl, ziehen sich zurück aus der Arbeit. Vielleicht doch ein bisschen, weil die CSU Sie nervt?
"Es darf nicht zu einer Zerstörung von Familienunternehmen kommen"
Fuchs: Na ganz sicherlich nicht! Schlicht und ergreifend muss ich meinem Alter irgendwo Tribut zollen. Ich werde in Bälde 68 und wenn ich dann noch mal antreten würde, würde ich weit über die 70 hinaus noch mal im Bundestag sein. Das ist mir ein Stück weit zu viel. Mir hat die Arbeit unheimlich viel Spaß gemacht. Ich bin ja jetzt in der vierten Legislaturperiode dabei. Aber man muss auch erkennen, wenn es dann halt irgendwann mal herum ist, und ich meine, vier Legislaturperioden Deutscher Bundestag ist genug. Aber das hat überhaupt nichts mit einer Verärgerung und schon gar nichts mit der CSU zu tun.
Dobovisek: Kommen wir zurück zu den Inhalten, Herr Fuchs, zur Erbschaftssteuer, die Sie angesprochen haben, und deren Reform. Schauen wir uns das mal genauer an. Die Erbschaftssteuer muss geregelt werden bis Ende des Monats. Das haben Sie schon gesagt. Ja wo ist sie, die Einigung?
Fuchs: Na ja, es sind eine ganze Reihe schwierige Punkte. Jede einzelne Veränderung wird dann natürlich wieder gerechnet. Wir haben ja ausgemacht bei den Koalitionsverhandlungen, dass es nicht zu Steuererhöhungen kommen darf. Das heißt aber auch, dass bei der Erbschaftssteuer das Erbschaftssteueraufkommen nicht höher werden darf, als es gewesen ist. Dieses muss aber wirklich Stück für Stück dann jedes Mal berechnet werden, denn es ist komplex. Und es ist auch so, dass wir alle, auch die Kollegen von der SPD mit auch im Koalitionsvertrag beschlossen haben, dass es nicht zu einer Zerstörung von Familienunternehmen kommen darf, und da hakt es. Da sind noch so ein paar Punkte, die haben wir noch nicht endgültig entschieden. Es geht zum Beispiel darum, wie lange Unternehmen in gleicher Weise fortgeführt werden, Personalkosten. Das muss alles noch mal überprüft werden. Ich hoffe aber, dass wir in dieser Woche noch die wesentlichen Weichenstellungen hinbekommen, damit wir so schnell wie möglich in das Gesetzgebungsverfahren eintreten können, denn bis zum 30. 6. sollte zumindest das Verfassungsgericht das Gefühl haben, die tun was und die haben was und werden demnächst mit einer vernünftigen Reform kommen.
Dobovisek: Ein Gefühl ist das eine, Taten sind die anderen Aspekte sozusagen. Fast anderthalb Jahre hatten Sie dafür Zeit. Beobachter sagen, das ist eine Blamage.
"Das ist das Kernstück der deutschen Wirtschaft"
Fuchs: Na das sehe ich nicht so. Das ist nicht so ein triviales Gesetz, was man einfach so nebenher machen kann. Ich habe ja schon eben angedeutet: Es muss jeder Einzelschritt berechnet werden, welche Wirkung der hat. Dann müssen Voraussagen gemacht werden über demografische Entwicklung et cetera. Das ist alles wirklich komplex. Ich habe mich selbst intensiv mit der Sache beschäftigt, weil ich ja nun gerade für die Familienunternehmen mehr als ein Herz habe. Das ist das Kernstück der deutschen Wirtschaft. Wir haben dafür zu sorgen, dass es denen gut geht, denn wenn es denen gut geht, geht es dem Arbeitsmarkt gut, dann geht es den Mitarbeitern gut und dann geht es uns allen gut.
Dobovisek: Auf der anderen Seite sagen die Verfassungsrichter ganz klar, Herr Fuchs, dass es nicht zu viele Ausnahmen für Familienunternehmen geben darf, und deshalb ja auch die Frist, deshalb auch das Urteil Ende 2014. Wie wollen Sie aus dieser Kiste herauskommen, wenn die CSU gleichzeitig sagt, keine Steuererhöhungen, nicht mit uns?
Fuchs: Na ja, keine Steuererhöhungen, und das hat nicht die CSU gesagt, sondern das haben wir im Koalitionsvertrag ganz klar beschlossen. Das ist eine Vereinbarung, die wir mit den Sozialdemokraten getroffen haben, und das muss eingehalten werden. Und jetzt müssen unsere klugen Juristen eine Lösung finden, die verfassungsmäßig in Ordnung ist und die gleichzeitig dazu beiträgt, dass die Familienunternehmen-Substanz nicht gefährdet wird. Es geht ja um die Substanz. Es geht ja darum, dass die nicht Steuern aus der Substanz zahlen müssen, denn wenn sie sie aus der Substanz zahlen müssen, dann gehen die Unternehmen unter Umständen kaputt, und das kann ja nicht Ziel unserer Politik sein.
Dobovisek: Die Leitung wird gerade ein bisschen schwieriger mit Ihnen, Herr Fuchs. Dennoch eine Frage interessiert mich noch.
"Es dürfen keine Steuererhöhungen her"
Fuchs: Ich bitte um Entschuldigung!
Dobovisek: Macht überhaupt nichts. Solange wir Sie verstehen können ist alles gut. Aber die Frage interessiert mich trotzdem noch: Wie wollen Juristen eine Lösung finden, um mehr Geld zu verdienen auf der einen Seite, weniger Ausnahmen auf der anderen Seite zu haben, aber trotzdem Steuern nicht zu erhöhen?
Fuchs: Ich glaube, das müssen wir denen auch überlassen, die es aushandeln müssen. Ich kann Ihnen da heute die Lösung nicht sagen. Wenn ich sie hätte, hätten wir ja gestern Abend nicht mehr verhandeln müssen. Da wird noch dran gearbeitet. Es ist eben ein sehr komplexes Verfahren, was da ablaufen muss. Es muss so sein, dass sichergestellt ist, dass die Unternehmen nicht in der Substanz so geschädigt werden, dass sie nicht mehr ihrer Aufgabe, nämlich das Unternehmen vernünftig weiterzuführen, nachkommen können. Das ist die zentrale Überschrift und gleichzeitig dürfen keine Steuererhöhungen her. Das haben wir im Koalitionsvertrag vereinbart. Das ist ein bisschen die Quadratur des Kreises, da haben Sie recht, aber dann gehe ich eben davon aus, dass wir in dieser Woche noch eine vernünftige Lösung finden werden. Aber die Ihnen jetzt zu sagen, kann ich nicht, weil da wäre ich auch überfordert mit.
Dobovisek: Der CDU-Politiker und Unions-Fraktionsvize Michael Fuchs. Vielen Dank für das Gespräch.
Fuchs: Danke Ihnen, Herr Dobovisek.
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