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Nach dem Pilotenstreik
Fluggastrechteportal verklagt Ryanair auf Entschädigung

Ryanair will Passagieren für die Verspätungen nach dem jüngsten Pilotenstreik keine Entschädigung zahlen. Die Fluggesellschaft beruft sich dabei auf eine Einschränkung im EU-Recht. Mehrere Fluggastrechte-Portale wollen das nicht akzeptieren – und klagen.

Von Brigitte Scholtes |
    25.07.2018, Spanien, Mallorca, Palma: Passagiere stehen am Ryanair Check-In Schalter am Flughafen Palma de Mallorca an. Der Beginn eines zweitägigen Streiks des Kabinenpersonals beim Billigflieger Ryanair hat bei unzähligen Reisenden in mehreren europäischen Ländern großen Unmut ausgelöst. Die meisten Ausfälle gab es in Spanien, wo Ryanair 200 Flüge strich - ein knappes Viertel aller Verbindungen. Allein auf Mallorca fielen am 25.07.2018 wegen des Streiks 72 Flüge aus, darunter zehn der vierzig Verbindungen nach Deutschland, wie ein Flughafensprecher sagte.
    Fluggäste von Ryanair, die infolge des Streiks Verspätungen hatten, könnten im besten Fall mit Entschädigungen zweischen 250 und 600 Euro rechnen (dpa / picture alliance / Clara Margais)
    Es könnte ungemütlich werden für Ryanair. Denn die irische Fluggesellschaft ist zwar bereit, bei Streiks die Fluggäste umzubuchen oder ihnen den Flugpreis zu erstatten. Eine Entschädigung werde man wegen der "außergewöhnlichen Umstände" nicht zahlen. Das Fluggastrechteportal Flightright sieht das anders und will nun für die Passagiere Entschädigungszahlungen vor dem Frankfurter Landgericht durchfechten.
    Bis 600 Euro Entschädigung sind möglich
    Es geht dabei für die Fluggäste immerhin um Entschädigungen zwischen 250 und 600 Euro. Flightright verweist auf das Urteil des EuGH, des Europäischen Gerichtshofs, im April. Das hatte entschieden, dass ein wilder Streik bei Tuifly im Herbst 2016 weder unvorhersehbar noch unkontrollierbar gewesen sei, also kein außergewöhnlicher Umstand vorliege. Deswegen muss die Fluggesellschaft den Passagieren doch Entschädigungen zahlen. Oskar de Felice, Rechtsexperte von Flightright, sieht einen ähnlichen Fall bei Ryanair:
    "Der Europäische Gerichtshof hat gesagt, dass, wenn die Airline für einen Streik verantwortlich ist, also durch ihre Handlungen dazu beigetragen hat oder das heraufbeschworen hat, dann muss die Airline eben auch zahlen. Und bei Ryanair konnte man ja die letzten Jahren wirklich live beobachten, wie Ryanair ihr Personal behandelt. Und da sind wir ganz klar der Meinung, hier ist Ryanair daran Schuld, dass die Mitarbeiter keine andere Chance gesehen haben als zu streiken."
    "Damit die Kunden am Ende nicht die Doofen sind"
    Auch Hermann-Josef Tenhagen vom Verbraucherportal Finanztip hält das EuGH-Urteil ebenfalls für wegweisend: "Die Idee dieser europäischen Regelung ist ja eigentlich, die Fluglinien dazu anzuhalten, ordentlich mit Kunden umzugehen und nicht darauf zu setzen, dass die Kunden dann am Ende die Doofen sind, wenn man zu wenig Flugzeuge vorgehalten hat oder die zu schlecht repariert hat oder schlecht geplant hat oder zu knapp geplant hat oder vielleicht eben auch sich mit seinen Mitarbeitern nicht auseinandersetzen will."
    Kein Zeitdruck für betroffene Kunden
    Passagiere, die von einem Streik bei Ryanair betroffen sind, können selbst aktiv werden und sich an die Fluggesellschaft wenden oder aber ihren Fall einem Fluggastrechteportal übergeben. Nicht nur Flightright, auch andere Portale wie Fairplane oder auch EUClaim erwägen nach Kenntnis von Finanztip rechtliche Schritte. Man könne sich aber als Fluggast noch etwas Zeit lassen, sagt Hermann-Josef Tenhagen von Finanztip:
    "Auf jeden Fall die Unterlagen aufheben! Man kann nämlich dieses Geld die nächsten drei Jahre noch einfordern. Das heißt, man kann sich in aller Ruhe angucken, was da passiert, wie die Gerichte urteilen."
    Anlass für die Klage von Flightright sind die Pilotenstreiks am vergangenen Freitag. Doch auch die Flugbegleiter streiten mit Ryanair um bessere Bezahlung und Arbeitsbedingungen. In Spanien, Portugal und Belgien etwa waren sie vor einigen Wochen in den Ausstand getreten.
    Erhöhtes Basisgehalt für alle Flugbegleiter
    Auch für die etwa 1000 Flugbegleiter, die in Deutschland stationiert sind, beginnen heute Tarifverhandlungen mit der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi. Etwa die Hälfte von ihnen sind Leiharbeiter. Viele verdienten nur um die 1000 Euro brutto im Monat, sagt Verdi-Sprecherin Martina Sönnichsen:
    "Die Entgelte sind zum einen nicht sicher. Es gibt zwar für einige Beschäftigte Basisgehälter, die sehr, sehr gering liegen. Und es gibt für andere nicht einmal das. Das ist eine große Anzahl von Leiharbeitnehmern, die haben noch nicht einmal ein Basisgehalt, sondern werden nur nach Flugstunden, die auch unsicher sind, bezahlt. Das heißt, wir wollen da für alle Flugbegleiter die Einführung eines Basisgehalts und das soll ordentlich erhöht werden."
    Doch nicht nur das: Auch die Arbeitsbedingungen stehen im Fokus. Doch das irische Recht geht in Fragen der Sozialversicherungspflicht sehr weit, meint Verdi-Sprecherin Sönnichsen:
    "Nach irischem Arbeitsrecht können diese Beschäftigten rausgenommen werden aus der Arbeit, wenn es saisonale Schwankungen gibt. Das kommt schon mal vor, dass das drei oder vier Monate sein können. Dann läuft das Beschäftigungsverhältnis offiziell weiter, aber es gibt in dieser Zeit keine Entgeltzahlung und dann auch keine Sozial- und Krankenversicherungsleistung in Deutschland. Und das ist natürlich ein Unding und für uns völlig inakzeptabel!"