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Nach dem Putsch in der Türkei
Regierung lässt Kritiker festnehmen

Nach dem Putschversuch in der Türkei geht die Regierung von Präsident Recep Tayyip Erdogan massiv gegen mutmaßliche Unterstützer der Revolte vor. Laut der Richtergewerkschaft sind darunter auch viele unbeteiligte Kritiker.

Von Wolfgang Landmesser |
    Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan spricht nach dem gescheiterten Putschversuch in Istanbul zu seinen Anhängern.
    Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan spricht nach dem gescheiterten Putschversuch in Istanbul zu seinen Anhängern. (picture alliance / dpa / EPA)
    Nach dem gescheiterten Putschversuch gab es in der Türkei in mehreren Städten Siegesfeiern. Tausende Anhänger des türkischen Präsidenten Erdogan zogen auf den Taksim-Platz in Istanbul. Sie riefen seinen Namen, hielten Erdogan-Bilder in die Höhe und schwenkten türkische Fahnen.
    Erdogan fordert Auslieferung Gülens
    Zuvor hatte Erdogan zu seinen Anhängern gesprochen. Er forderte die Auslieferung des islamischen Predigers Fethullah Gülen. Der Erzfeind des türkischen Präsidenten lebt in den USA. Übergeben Sie uns diese Person in Pennsylvania, appellierte er an den amerikanischen Präsidenten Obama. Wenn die USA wirklich ein Partner der Türkei seien, müssten sie dieser Aufforderung nachkommen. Die Türkei liefere schließlich ihrerseits Terroristen an die USA aus.
    Die von Erdogan nach dem Putschversuch angekündigte "Säuberungsaktion" ist unterdessen in vollem Gange. CNN Turk berichtete über die Festnahme von zwei Verfassungsrichtern. Davor waren bereits zehn Mitglieder des türkischen Staatsrats und fünf Angehörige des Hohen Rats der Richter und Staatsanwälte festgenommen worden. Gegen 140 Richter sind laut türkischen Medien Haftbefehle ergangen, Büros und Wohnungen der Beschuldigten seien durchsucht worden. 2.700 Richter wurden abgesetzt, fast ein Fünftel der Richter des Landes. Laut dem Chef der Richtergewerkschaft Mustafa Karadag handelt es sich bei ihnen nicht nur um mutmaßliche Unterstützer des Putsches, sondern auch unbeteiligte Kritiker Erdogans.
    Bereits in der Nacht zum Samstag hatte Erdogan angekündigt, gegen die Hintermänner des Putsches vorzugehen. Den Umsturzversuch bezeichnete er als "Segen Gottes", weil er die Gelegenheit biete, die Armee von Regierungsgegnern zu säubern. Die Regierung hat nach eigenen Angaben mehr als 2.800 am Putschversuch beteiligte Militärs festnehmen lassen. Der türkische Ministerpräsident Yildirim beschrieb das Vorgehen der Regierung gegen die Aufständischen gestern so: "Es gibt viele von ihnen. Sie wurden vom Dienst suspendiert, andere sind verhaftet worden. Einige werden wir noch festnehmen, nach ihnen wird gefahndet. Jedenfalls haben wir fast alle Drahtzieher in Gewahrsam genommen. Die Dinge sind unter Kontrolle."
    Verteidigungsminister: Alles unter Kontrolle
    Inzwischen wurde der Putsch offenbar vollständig niedergeschlagen. Kein Gebiet in der Türkei befinde sich mehr außerhalb der Regierungskontrolle, sagte Verteidigungsminister Isik. Teile des türkischen Militärs hatten den Putschversuch in der Nacht zum Samstag gestartet. Sie warfen der Regierung von Präsident Erdogan vor, die demokratische Rechtsordnung zu untergraben und gegen die säkulare Tradition von Staatsgründer Atatürk zu verstoßen. Nach Regierungsangaben sollen bei den anschließenden Kämpfen 265 Menschen ums Leben gekommen sein, darunter über 100 Putschisten.