Die SPD liegt in der Wählergunst mehr als deutlich hinter der CDU. Trotz endlich geregelter Doppelspitze mit Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans. "Vielleicht will die SPD gar nicht, dass es sie gibt", lautet der Titel des Buches, das der Journalist Holger Fuß geschrieben hat. Auf dem Parteitag in Berlin habe sich eine verzweifelte Truppe gezeigt, sagte Fuß. Die Partei erinnere ihn sehr an Personen, die in einer Lebenskrise stecken: "Die reden viel, versprechen noch mehr und lösen am Wenigsten ein. Und so kommt einem die SPD daher", so Fuß im Dlf.
Die langjährige Erfahrung mit der SPD würde zeigen, dass "ganz viel angekündigt wird und umso weniger eingelöst". Fuß wundert es nicht, dass die Umfragewerte der SPD trotz neuer Doppelspitze von 14 auf nur noch elf Prozent der Wählerstimmen gefallen sind. Frau Esken habe zwar angekündigt die Partei in zwölf Monaten auf 30 Prozent Zustimmung zu bekommen. "Das hat aber schon wirklich Kabarett-Qualität. Die SPD ist eine Selbsthilfegruppe geworden. Sie ist keine politische Partei mehr, die eine wesentliche politische Energie im Lande verströmt", sagte der Publizist.
"Ein Verrat an sozialdemokratischen Werten"
2017 habe es kurzfristig einen Martin-Schulz-Hype gegeben. Der habe aber auch eine ähnliche "Verzweiflungsmotivation" gehabt. Damals habe es auch die starke Hoffnung gegeben, "einen Messias gefunden zu haben". Auch er selbst habe das damals zunächst plausibel gefunden.
Ein Grunddilemma der SPD sei sicherlich, dass sie als Aufsteigerpartei auch immer unsicher sei, so Fuß. Das unterscheide sie von den sogenannten bürgerlichen Parteien wie der CDU. "Die haben einfach ein anderes Selbstverständnis", sagte der Journalist. "Die stellen nicht ständig ihre Identität in Zweifel". Der Wendepunkt für die SPD habe seiner Meinung nach mit der Ära Gerhard Schröder begonnen - "mit dem Verrat durch Agenda 2010". "Das ist ein Verrat an sozialdemokratischen Werten gewesen, weil dort einfach konsequent der Neo-Liberalismus durchgefochten wurde", so der Publizist.