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Nach dem SPD-Parteitag
Weiter in Richtung Regierungsbildung

Nach dem knappen Votum des SPD-Parteitags für Koalitionsverhandlungen kamen in Berlin und München die Spitzen der CDU und CSU zusammen. Die Forderung der SPD-Delegierten, einige Punkte neu zu verhandeln, stieß bei der CDU auf Skepsis - und auf klare Ablehnung bei der CSU.

Von Paul Vorreiter |
    Der Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen, Armin Laschet (l-r), Bundeskanzlerin Angela Merkel, der Ministerpräsident von Hessen, Volker Bouffier, und der Landesvorsitzende der CDU in Baden-Württemberg, Thomas Strobl, unterhalten sich am 21.01.2018 in Berlin vor Beginn der Bundesvorstandssitzung der CDU im Konrad-Adenauer-Haus.
    Der Bundesvorstand der CDU kam nach dem "Ja" der SPD in Bonn zusammen. V.l.n.r. Armin Laschet (l-r), Bundeskanzlerin Angela Merkel, der Ministerpräsident von Hessen, Volker Bouffier, und der Landesvorsitzende der CDU in Baden-Württemberg, Thomas Strobl (picture alliance / dpa / Gregor Fischer)
    Nach dem schwachen "Ja" des SPD-Parteitags in Bonn zur Aufnahme von Koalitionsverhandlungen haben gestern im Anschluss daran auch die möglichen Partner CDU und CSU über das Ergebnis beraten. In München traf sich die CSU-Spitze, in Berlin kamen das CDU-Präsidium und der Bundesvorstand zusammen:
    Die CDU-Vorsitzende und Kanzlerin Angela Merkel appellierte daran, schnell mit den Koalitionsverhandlungen zu beginnen und hob dabei hervor:
    "Das Sondierungspapier ist dabei der Rahmen, in dem wir verhandeln und dabei wird es noch eine Vielzahl von Fragen noch zu klären geben im Detail und das wird auch sicher nochmal intensive Beratungen erfordern."
    SPD-Basis fordert Nachbesserungen
    Intensiv deswegen, weil die SPD-Delegierten von ihren Verhandlern fordern, dass sie in den Koalitionsverhandlungen noch etwas für sie rausholen.
    In der Flüchtlingspolitik, eine weitergehende Härtefallregelung bei eingeschränkt schutzberechtigten, außerdem das Ende der sachgrundlos befristeten Arbeitsverträge und eine größere Gleichbehandlung von gesetzlich und privat Krankenversicherten.
    In der ARD-Talkshow Anne Will warnte Kanzleramtschef Peter Altmaier von der CDU:
    "Wir sind jedenfalls nicht diejenigen, die nicht das Papier aufschnüren, da ist uns ganz wichtig, dass dieses Papier in seinen Grundsätzen zusammenbleibt."
    SPD-Chef Martin Schulz dagegen äußerte in der selben Sendung dagegen eine andere Sichtweise:
    "Wir haben sondiert, ob wir anfangen zu verhandeln und zwar im Detail, auf Grundlage welcher Vereinbarungen und dazu gehören diese drei Punkte das ist völlig klar."
    CSU sieht keinen Raum für weitere Annäherungen
    Skepsis auf der anderen Seite bei Union. In der Flüchtlingspolitik sieht Bayerns Innenminister von der CSU, Joachim Herrmann, keine Möglichkeiten einer Annäherung:
    "Die Mehrheit der Deutschen will, dass der Familienzuzug insgesamt begrenzt wird und nicht unbegrenzt viele nach Deutschland kommen und ich glaube das ist richtig und dadurch wird auch durch SPD-Parteitagsbeschlüsse nichts ändern. "
    Auch CSU-Chef Horst Seehofer erwartet Mäßigung von der SPD: "Der Mitgliederentscheid ist jetzt wieder eine parteiinterne Sache der SPD, die wir respektieren, aber die nicht um den Preis erfolgen kann, dass wir jetzt unsere ganze Politik aufgeben."
    Der Vorsitzende der Unionsfraktion, Volker Kauder signalisierte im ZDF grundsätzlich Gesprächsbereitschaft:
    "Deswegen wird über die Punkte gesprochen, aber man muss auch wissen, auch wir haben dinge machen müssen in den Sondierungen, die uns schwer gefallen sind, Rentenniveau festgeschrieben, die paritätische Finanzierung bei der Krankenversicherung und es geht jetzt nicht nach dem Motto, jetzt haben wir da noch ein Thema."
    Künftige Oppositionsparteien: Ernüchterter Blick
    Bei der möglichen künftigen Opposition im Bundestag macht sich Ernüchterung breit mit Blick auf eine möglicherweise neu zustande kommende Große Koalition. AfD-Fraktionschefin Alice Weidel:
    "Eine Neuauflage der GroKo der letzten Legislaturperiode ist eigentlich eine Fortführung der Wahlverlierer und das ist auch ein ganz schlechtes Signal auch für die Wähler in Deutschland."
    Grünen-Chef Cem Özdemir befürchtet wenig Enthusiasmus von den drei Parteien: "Man hat den Eindruck als ob es offener Strafvollzug wäre, Deutschland regieren zu dürfen, das verspricht nicht gerade Aufbruch, Zukunftsstimmung für die nächste große Koalition"
    "Es ist abzusehen, dass es in der Substanz trotz aller anderen Beteuerungen ein Weiter so geben wird", sagte der Linksfraktionsvorsitzende Dietmar Bartsch.
    Aus Sicht des FDP-Chefs Christian Lindner dürfte ein Bündnis aus CDU CSU und SPD vor allem teuer werden: "Meine Befürchtung ist, dass mit dem knappen Ergebnis des Parteitages die SPD-Parteiführung jetzt versuchen wird, noch weitere Zugeständnisse zu erreichen und nach der Methode Merkel werden die Widersprüche dann mit dem Geld der Steuerzahler zugeschüttet."
    Kanzlerwahl könnte Mitte März erfolgen
    Heute wird sich die Führung von CDU und CSU im Konrad-Adenauer-Haus, der CDU-Bundeszentrale, treffen, später soll es bereits ein Gespräch der Spitzen von CDU, CSU und SPD geben, um organisatorische Fragen für die Verhandlungen zu klären und die Abläufe festzulegen. Wann genau die eigentlichen Verhandlungen beginnen, ist noch unklar.
    Bis Mitte Februar würde Kanzlerin Angela Merkel die Verhandlungen gerne abschließen, heißt es. Die SPD will am Ende ihre Mitglieder über das Ergebnis der Koalitionsverhandlungen abstimmen lassen, was mehrere Wochen dauern dürfte.
    Sollte der Mitgliederentscheid bei der SPD Mitte Februar beginnen und positiv ausgehen, könnte in einer der beiden Sitzungswochen ab dem 12. März die Kanzlerwahl im Bundestag folgen. Die Regierung stünde dann bis Ende März und damit vor Ostern.