Es gibt viele offene Fragen nach dem Tod von Jeffrey Epstein im Hochsicherheitstrakt des "Metropolitan Correctional Center" MCC in New York City: Warum stand der Angeklagte nicht mehr unter der besonderen Beobachtung für Suizidgefährdete – wo er doch am 23. Juli schon einmal einen Versuch unternommen haben soll, sich das Leben zu nehmen? Und warum wurde die Vorschrift nicht beachtet, alle 30 Minuten nach dem Häftling zu schauen? Justizminister William Barr blieb die Antworten schuldig.
Aber er erhob schwere Vorwürfe gegen die Gefängnisleitung: Er und sein Ministerium seien entsetzt gewesen, dass der Häftling nicht bewacht wurde, sagte er.
Barr versprach eine gründliche Untersuchung durch das FBI und sein Ministerium. Barr interessiert insbesondere, wie es zu diesen besorgniserregenden Unregelmäßigkeiten in dem New Yorker Gefängnis kam, wie er sagte.
Untersuchungen der Umstände
Als Justizminister ist William Barr indes die Kontrollbehörde für das Federal Bureau of Prisons, das Bundesamt für Gefängnisse – und damit auch für das Metropolitan Correctional Center in New York. Zu den institutionalisierten Regelverstößen zählt Eric Young, der Vollzugsbeamte berät, allerdings auch die unsäglichen Arbeitsbedingungen in den Bundesgefängnissen im Allgemeinen und dem MCC im Besonderen. Die Trump Administration habe die Zahl der Vollzugsbeamten auch dort drastisch gekürzt. Die Bediensteten hätten es mit 60-70 Wochenstunden zu tun.
Die Untersuchungen werden sich zunächst auf die Umstände des Todes von Jeffrey Epstein konzentrieren. Dies ist umso dringlicher, als sich wie ein Lauffeuer Verschwörungstheorien über die social media verbreiteten. So twitterte der Comedian Terrence Williams wörtlich: "Epstein hatte Informationen über Bill Clinton. Nun ist er tot". Zitat Ende. Damit suggerierte er, Epstein habe nicht Selbstmord begangen, sondern sei einem Mordkomplott Bill Clintons zum Opfer gefallen.
Trump und Clinton: Verbindungen zu Epstein
Indem Donald Trump diese krude These retweetete, also weiterverbreitete, machte sie sich der Präsident der Vereinigten Staaten zu eigen – und zog damit die Aufmerksamkeit für die Tatsache auf sich, dass nicht nur Bill Clinton mit Jeffrey Epstein bekannt war, sondern auch er selbst. Prompt wurde auch Trump mit dem Tod des New Yorker Millionärs in Verbindung gebracht. Was hat er zu verbergen, fragte etwa der Bürgermeister von New York und demokratische Präsidentschaftskandidat Bill de Blasio.
So warfen die Ereignisse des Wochenendes nicht nur ein Schlaglicht auf die ungeheuerlichen Vorwürfe gegen den Unternehmer Epstein, der mit Hilfe von Mittätern Dutzende von minderjährigen Mädchen in die Prostitution gelockt und mit ihnen Menschenhandel getrieben haben soll. Ins Blickfeld geriet auch das High-Society-Umfeld des Unternehmers, der Prominenten-Parties schmiss und einflussreichste Freunde mit seinem Privatjet auf seine eigene Insel flog.
Politische Schadensbegrenzung betreiben
Nicht nur FBI und Staatsanwälte wollen Licht in diese Machenschaften bringen, die maßgeblich durch Recherchen des Miami Herald bekannt wurden. Auch Staranwältinnen wie Lisa Bloom kündigten eigene Recherchen an und appellierten an weitere Opfer, ihre Ängste zu überwinden und sich an einen Rechtsbeistand zu wenden.
Unterdessen wird Justizminister Barr damit beschäftigt sein, politische Schadensbegrenzung zu betreiben. Den Anfang machte er mit der Drohung, dass sich ab sofort kein Komplize und kein Mitverschwörer Jeffrey Epsteins mehr sicher fühlen könnten.