Sonntagmorgen in der Presbyterianer-Kirche in Port Vila, der Hauptstadt Vanuatus. Das Gotteshaus, ein einfacher Bau mit spitzem Dach ist gut gefüllt, vor allem Frauen in bunten Sonntags-Kleidern sitzen auf den Holzbänken, eine Laienpredigerin spricht über das Gute, das man im Schlechten entdecken müsse. Es geht um den Zyklon Pam, den die Gemeinde, den ganz Vanuatu vor einigen Monaten erlitten hat. Spenden und Spender werden genannt, manche sind anwesend, Gäste aus Fiji sind gekommen, zu erkennen an ihren grauen Wickelröcken. Donald Seymon steht draußen vor der Kirche und begrüßt die Ankommenden:
"Heute ist ein besonderer Tag für unsere Kirche. Es kommen alle Mitglieder von allen Inseln Vanuatus, um Spenden abzuliefern, die unsere Kirche dann an die Opfer des Zyklons weiterleitet."
Pam, der Zyklon der Kategorie 5 hat Mitte März auf Vanuatu schwere Verwüstungen angerichtet, elf Menschen getötet, 90 Prozent der Häuser in der kleinen Hauptstadt Port Vila beschädigt, jedes fünfte Gebäude völlig zerstört. Und vor allem: Er vernichtete die Ernte, zerstörte die Gärten, die nahezu jeder in Vanuatu hinter seinem Haus pflegt, um sich zu versorgen. Eine Katastrophe, die schlimmste, die das kleine Südsee-Inselreich mit 260.000 Einwohnern jemals erlebt hat. Donald Seymon:
"Wir nennen den Zyklon Monster. Morgens dachte man, Oh, was kommt da, und dann wenige Stunden später war alles kaputt, vor allem im Süden, auf Tanna, der Wiederaufbau geht nur langsam voran."
Donald, tiefgläubig wie viele auf Vanuatu - der Inselstaat, vor allem die Hauptinsel Efate, ist eine Hochburg der Presbyterianer - Donald sieht den Monster-Zyklon allerdings vor allem als Gott-gegebenes Schicksal:
"Manche Christen meinen, Gott hat ihn uns geschickt, um den Glauben zu festigen. Die Alten sagen, Zyklone sind gut, sie düngen den Boden."
Da ist sich Donald mit seinem Präsidenten nicht einig. Baldwin Lonsdale vermutet keine höheren Mächte hinter dem Zyklon mit Windgeschwindigkeiten von bis zu 300 Stundenkilometren, sondern er sieht ein menschgemachtes Problem, den Klimawandel.
"Klimawandel ist ein wichtiger Grund, die Wetterlagen haben sich verändern, der Meeresspiegel steigt, es gibt immer mehr Regen, gerade in diesem Jahr, der Klimawandel betrifft besonders Vanuatu."
Vanuatu ist den Umgang mit heftigen Tropenstürmen gewohnt, mehrere Zyklone peitschen jedes Jahr über die Inseln, aber diesmal war es anders, das bestätigt auch Noris Hamis aus Tanoliu, einer kleinen Gemeinde am anderen Ende der Insel Efate, die man mit dem Auto in etwa einer Stunde umrunden kann. Ja, sagt auch Noris, an Pam war der Klimawandel schuld:
"Die großen reichen Staaten sollten mehr an uns denken, an die kleinen Inseln. Was sie tun, macht ihnen nicht viel aus, aber uns hier betrifft es sehr."
Noris ist Sekretär des Dorf-Komitees, das relativ unabhängig über die Belange der rund 800 Einwohner entscheiden kann. Man habe sich schnell auf die schlimmen Umstände eingestellt, erklärt der kleine, grauhaarige, immer lächelnde Mann. Die Menschen von Vanuatu seien eben bescheiden:
"Vor allem sind wir sehr freundlich, wir lächeln immer und winken, das ist schon einzigartig, wir sind ein friedliches Land, wir haben keine Probleme, keinen Bürgerkrieg, diese Art des Lebens mögen wir."
Bald kann wohl wieder geerntet werden, Yams, Taro und Süßkartoffeln, nur Bananen fehlen, die Stauden sind von einer mysteriösen Krankheit befallen. Daher sieht es auf dem Markt am Rande von Tanoliu noch gespenstisch leer aus. Ein paar Gurken und wenige Kokosnüsse, das ist alles, was angeboten wird. Mary Keshum versucht, dieses Wenige zu verkaufen:
"Hier hatten wir früher immer viele Kokosnüsse, ganz viel Gemüse, aber der Zyklon hat unsere Plantagen zerstört, es wird bestimmt noch ein Jahr dauern, bis sich alles normalisiert hat."
Yams und Taro, Süßkartoffeln, die normale traditionelle Nahrung auf Vanuatu gilt als wenig anfällig für Stürme – aber auch davon ließ Zyklon Pam wenig übrig. Christopher Bartlett leitet seit Jahren ein Projekt der Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit auf Vanuatu:
"Der Kategorie 5 Zyklon war völlig überraschend, die Menschen hatten vergessen, wie schlimm so etwas werden kann. Klar ist jetzt, das Wichtigste ist der Zugang zu Nahrungsmitteln. Die Gärten sind zerstört, viele Feldfrüchte brauchen lange, bis sie reif sind, sogar Yams, Maniok, Taro - Wurzeln und Knollen tief im Boden wurden von dem Sturm herausgerissen und sind dann vergammelt."
In der Kirche in Port Vila wird währenddessen weiter gesungen, das hilft beim Verarbeiten des Erlebten und das soll auch gegen kommende Stürme gut sein.