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Nach der Griechenland-Einigung
Schäuble wird gefeiert und gescholten

Die Union feiert ihren Finanzminister, die SPD schießt sich immer noch auf Wolfgang Schäuble ein. Auch am Tag nach der Brüsseler Einigung halten die Diskussionen über die harte Verhandlungslinie des deutschen Finanzministers an. Der Christdemokrat sieht sich schweren Vorwürfen gegenüber, er habe mit dem Feuer gespielt, und eine Spaltung Europas in Kauf genommen.

Von Frank Capellan | 14.07.2015
    Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU)
    Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) beim Treffen der Finanzminister der Eurozone in Brüssel. (picture alliance / dpa/ Oliver Hoslet)
    Sein luxemburgischer Kollege Pierre Gramegna nimmt ihn im Deutschlandfunk in Schutz:
    "Ich glaube, dass Wolfgang Schäuble ein sehr überzeugter Europäer ist. Das hat er über die Jahrzehnte immer gezeigt. Und er hat in der Eurogruppe, wo ich ja neben ihm sitze, sehr intensiv mitverhandelt und sein Ziel war, einen Kompromiss zu finden."
    Ganz anders der SPD-Finanzexperte Carsten Schneider im ARD-Fernsehen. Schäuble habe wieder einmal das Bild vom herrischen Teutonen befördert, beklagt Schneider.
    "Es gab da einen klaren Unterschied zwischen Herrn Schäuble, der wirklich präferiert hat, dass Griechenland rausgeht - ich hielte das für einen verheerenden Fehler - und Frau Merkel, die auch Gesamteuropa mit im Blick hat. Und für uns als Sozialdemokraten war klar: Es ist ein sehr hohes Risiko, Griechenland aus dem Euro zu lassen, vor allen Dingen für die anderen europäischen Länder. Und damit Vabanque zu spielen, das hat aus meiner Sicht eher geschadet als dass es genutzt hat."
    Auch Kritik an Sigmar Gabriel
    An diesem Vabanque-Spiel hatte sich nach Ansicht auch vieler Sozialdemokraten auch SPD-Chef Sigmar Gabriel beteiligt. Er hatte das Nein der Griechen zu Sparauflagen sehr früh als Nein zum Euro gewertet und sich später auch nicht von den Grexit-Plänen Schäubles distanziert. Kritischen Fragen wich Gabriel gestern aus, auf dem Rollfeld des Flughafens Tegel gab es ein kurzes Statement, dann flog der Vizekanzler nach China. Sozialdemokrat Johannes Kahrs verteidigt den Parteichef, er habe zwar von Schäubles Plänen gewusst, diese aber nicht unterstützt
    "Einige haben nicht den Unterschied verstanden zwischen zur Kenntnis nehmen und zuzustimmen."
    Aus der Union gibt es hingegen viel Lob für den Finanzminister. Ohne seine Drohkulisse wäre es überhaupt nicht möglich gewesen, dem griechischen Premier harte Sparauflagen abzuringen. Für Fraktionschef Volker Kauder kann sich die Brüsseler Vereinbarung sehenlassen, Kauder wirbt für Zustimmung am kommenden Freitag im Bundestag:
    "Es ging nicht nur um Euro und Cent, sondern es ging auch darum, Europa zusammenzuhalten. Und wenn ich mir das Ergebnis insgesamt anschaue, muss ich sagen: Ja, Angela Merkel und Wolfgang Schäuble haben ein Ergebnis mitgebracht, das eine hervorragende Grundlage ist, um weiterzuverhandeln. Das Ergebnis ist in Ordnung."
    Einige Unions-Abgeordnete kündigen Nein an
    Parteifreund Christian von Stetten sieht das anders. Im SWR-Interview macht der CDU-Abgeordnete keinen Hehl aus seinen Bedenken:
    "Ich kann zumindest so viel sagen, dass das Vertrauen in die griechische Regierung völlig erschüttert ist. Und wir werden jetzt am Mittwoch und am Donnerstag abwarten, ob der Ministerpräsident in Griechenland, ob die Regierung diese Abstimmung überhaupt überlebt diese Woche. Von daher kann ich sagen, nach dem, was jetzt schon auf dem Tisch liegt, werde ich dem natürlich nicht zustimmen."
    Auch Hans Michelbach Chef der CSU-Mittelstandsunion hat sich für ein Nein zum dritten Hilfspaket entschieden und betont gegenüber ntv
    "Wenn man jetzt die Bilder aus Athen sieht und schon Ankündigungen von eventuellen Neuwahlen, dann sieht man, wie wenig Vertrauen man in den Verhandlungspartner haben kann. Und wenn es dann Neuwahlen gibt, dann geht alles von vorne los."
    Am Freitag dürfte der Bundestag dennoch mit großer Mehrheit grünes Licht für die Aufnahme von ganz konkreten Verhandlungen über die Hilfen geben, die bis 2018 bis zu 86 Milliarden Euro umfassen sollen.