Nüchtern und abgeklärt - kurzum: so wie eigentlich immer - reagierte Bundesbankpräsident Jens Weidmann. Er bekräftige schon eine halbe Stunde nach den ersten Prognosen, die den erwarteten Linksrutsch in Griechenland bestätigten, noch einmal die deutsche Position - eine Position, die auch Finanzminister Schäuble zuletzt immer wieder betont hatte: Auch nach einem Regierungswechsel sind Vereinbarungen, die eine abgewählte Regierung getroffen hat, grundsätzlich weiter einzuhalten. Das gelte auch für Griechenland, betonte Jens Weidmann in der ARD:
"Klar ist, dass Griechenland auch weiterhin auf die Unterstützung durch ein Hilfsprogramm angewiesen sein wird, und das heißt natürlich auch, dass es ein solches Programm nur geben kann, wenn die Verabredungen auch eingehalten werden."
Bundesbankpräsident hofft auf weitere Reformen
Heißt übersetzt: Die Spielräume sind gering, dem Wahlsieger Alexis Tsipras entgegenzukommen, die Hilfsprogramme für Griechenland neu auszuhandeln. Auch deshalb appellierte Weidmann an Tsipras:
"Ich hoffe, dass die neue griechische Regierung keine illusionären Versprechungen macht, die sich das Land nicht leisten kann. Ich hoffe, dass die neue Regierung das Erreichte nicht in Frage stellt. Und ich hoffe auch, dass die Strukturprobleme angegangen werden: in Verwaltung, bei den öffentlichen Finanzen, aber auch in der Wirtschaft."
Wahlsieger Alexis Tsipras will Erleichterungen beim Schuldendienst aushandeln. Griechenland ist mit insgesamt 320 Milliarden Euro verschuldet, 240 Milliarden davon kommen von der EU und dem Internationalen Währungsfonds. Der deutsche Anteil liegt bei knapp 65 Milliarden Euro. Doch ein abermaliger Schuldenschnitt kommt für Weidmann nicht in Frage. Man dürfe nicht vergessen, so der Bundesbankpräsident, dass es schon zwei Schuldenschnitte gegeben habe:
"Zum einen einen der privaten Gläubiger, und dann aber auch einen Forderungsverzicht der Hilfe gewährenden Länder, als die Bedingungen der Hilfskredite neu ausgestaltet worden sind. Für mich ist entscheidend, dass die griechischen öffentlichen Finanzen dauerhaft tragfähig sind. Solange das nicht der Fall ist, würde auch ein Schuldenschnitt nur eine kurze Atempause gewähren."
Deutsche Linkspartei feiert Syriza-Sieg in Griechenland
Feierstimmung dagegen bei der Linkspartei. Sie hatte in Erwartung des sicheren Wahlsiegs von Syriza in Berlin sogar eine Wahlparty ausgerichtet. Parteichef Bernd Riexinger reagierte auf das Wahlergebnis mit Genugtuung:
"Die Griechen haben zwei korrupte Altparteien abgewählt, die ihnen den ganzen Schlamassel eingebrockt haben, und haben eine neue Kraft gewählt und Hoffnung auf eine sozial gerechtere Politik."
Zu einer genau gegenteiligen Einschätzung kommt dagegen Philipp Mißfelder, der außenpolitische Sprecher der Unionsfraktion:
"Das ist für Griechenland und für den Euro ein schlechter Tag, weil die Länder, die auf Hilfsprogramme angewiesen sind, müssen Reformen machen, weil sonst werden sie die Kriterien, die zum Euro gehören, niemals erfüllen, und sie müssen ihre Hausaufgaben erledigen. Aber mit dieser Regierung bin ich wenig optimistisch, dass überhaupt was in die richtige Richtung funktionieren wird."