Das Bundesumweltministerin hat schon einige prominente Köpfe kommen und gehen sehen, Sigmar Gabriel, Norbert Röttgen, und auch Peter Altmaier – sie alle wollten als Bundesumweltminister mehr für den Klimaschutz tun, ihre Bilanz ist aus heutiger Sicht jedoch dürftig. Immerhin: Der Christdemokrat Altmaier, inzwischen Wirtschafts- und Energieminister, fordert nun – inspiriert vom Ergebnis der UN-Klimakonferenz – mehr Engagement für den Klimaschutz. Richtig gemacht, könnten dadurch viele neue Jobs entstehen, meint Altmaier in der Rheinischen Post. Diesen Vorschlag hält Grünen-Politiker Jürgen Trittin für unglaubwürdig:
"Wenn Herr Altmaier von Arbeitsplätzen redet, dann muss ich ihn darauf hinweisen, dass allein in der Photovoltaik-Industrie in den letzten drei Jahren über hunderttausend Arbeitsplätze in Deutschland verloren gegangen sind aufgrund seiner Politik."
Sagt der frühere Umweltminister am Morgen im rrb Hörfunk. Peter Altmaier solle sich lieber ein Beispiel an China nehmen: Peking investiert laut Trittin allein in diesem Jahr zehnmal so viel in Erneuerbare Energien wie Deutschland – aber Minister Altmaier habe sich bisher "eher als Abrissbirne der Energiewende verstanden."
Trittins Bilanz der Abmachungen in Kattowitz fällt gemischt aus. Erstmals stellt das beschlossene Regelwerk klare und verbindliche Pflichten auf, was jeder einzelne Staat gegen die Erderwärmung zu tun hat, eine gute Strategie für die Zukunft meint Trittin. Aber:
"Deutschland hatte natürlich ein zentrales Handicap. Man hatte von Deutschland erwartet, nicht nur, dass die mit Geld auflaufen und Schecks verteilen. Das hat Frau Schulze getan. Sondern dass sie tatsächlich Wege weisen für ein entwickeltes Industrieland, das übrigens im Durchschnitt immer noch ein Drittel mehr Treibhausgase emittiert als der durchschnittliche Europäer."
Unklar bleibe hingegen, wie die Bundesrepublik ihren CO2-Ausstoß senken will: Ob Kohleausstieg, emissionsfreier Verkehr, oder besser isolierte Gebäude – ein konkreter nationaler Fahrplan fehlt bisher. Die Sozialdemokratin und Bundesumweltminister Svenja Schulze ist dennoch zufrieden nach harten und teils sehr berührenden Gespräche in Kattowitz:
"Es ist etwas anderes, wenn der Vertreter eines kleinen Inselstaates unmittelbar beschreibt, wie der letzte Hurricane gewirkt hat, welche Katastrophen sie heute schon haben, wie viele ihrer Gemeindeteile schon weg sind. Das ist was anderes, wenn man’s so nah hat, als wenn man’s nur irgendwo liest oder in so einer großen Konferenz hört."
Seibert: "Wichtiges Zeichen für Multilateralismus"
Regierungssprecher Steffen Seibert schildert wiederum die Stimmungslage im Kanzleramt:
"Die Bundeskanzlerin freut sich, dass diese wichtige Konferenz zur Umsetzung des Pariser Klimaabkommens erfolgreich abgeschlossen werden konnte. Wir sehen in dem Ergebnis von Kattowitz auch ein wichtiges Signal für den Multilateralismus. Es ist möglich, einen globalen Konsens für den Klimaschutz zu erreichen."
Aus dem Bundestag kommen nun Rufe nach einer Reform der Energiepolitik: Einen Preis für den Ausstoß von umweltverschmutzendem Kohlendioxid fordert etwa die Grünen-Chefin und Abgeordnete Annalena Baerbock. Regierungssprecher Seibert reagiert jedoch zurückhaltend und kündigt an, alle Vorschläge für einen CO2-Preis zu prüfen. Die Bundesregierung muss mehr tun, meint hingegen Elmar Kriegler vom Potsdam Institut für Klimafolgenforschung.
"Im Moment ist Deutschland in einer schwierigen Situation. Das eine ist, dass man tatsächlich vorankommt bei der Elektromobilität, und das zweite sind die Kohlekraftwerke."
In Deutschland steht der schwarz-roten Koalition 2019 viel Arbeit bevor: Neben dem Kohleausstieg und dem Umbau des Verkehrssektors, will Umweltministerin Schulze ein Klimaschutz-Gesetz vorlegen – ein wichtiger Baustein, um die gerade erst in Kattowitz getroffenen Abmachungen auch einzuhalten.