Die interessanten Bewegungen finden aus Berliner Sicht im konservativen und bürgerlichen Lager des Wählerspektrums statt. In Sachsen verliert die FDP ihre letzte Regierungsbeteiligung. Zum ersten Mal seit 1949 gibt es in Deutschland keine FDP-Minister mehr. Das ist nicht nur von symbolischer Bedeutung. Einmal mehr verlieren die Parteien wertvolle Ressourcen und Informationszugänge in einem Parlament, in Ministerien und im Bundesrat in Berlin.
FDP Chef Christian Lindner war darauf vorbereitet - und er bemühte sich, ungebrochenen Optimismus und politischen Durchhaltewillen auszustrahlen. Es gebe in Deutschland das Bedürfnis nach einer Partei, die besonders Interessen des Mittelstandes vertrete, ein modernes Gesellschaftsbild entwickle und sich für Bürgerrechte einsetze:
"Ich glaube, es ist unverändert attraktiv. Gegenwärtig wird die FDP aber nicht mit diesem Profil, sondern mit der enttäuschenden Regierungsbeteiligung 2009 bis 2013 verbunden."
Klartext: Gudio Westerwelle, Lindners Vorgänger und die alte Garde der FDP, ist schuld. Das klingt schon fast nach finaler Rechtfertigung.
Tillich wird sich nicht gegen Merkel stellen
Wird also die Alternative für Deutschland die Lücken füllen, die eine sozialdemokratisierte CDU und die schwindende FDP in der Parteienlandschaft hinterlassen? Das Wahlergebnis von Sachsen wird besonders in der Parteizentrale der CDU neue Diskussionen über den Umgang mit der AfD entfachen. Nach dem Erfolg bei der Europawahl hatten führende Unionspolitiker angekündigt, die AfD öffentlich ignorieren zu wollen. Einstimmig hatte der Parteivorstand denkbaren Koalitionen mit der Partei eine Absage erteilt. Angela Merkel hatte das noch im Sommer wiederholt.
"Wir haben im Bundesvorstand der CDU und im Präsidium der CDU einstimmig beschlossen, dass die AfD für uns als Koalitionspartner nicht in Frage kommt."
Auch der sächsische Ministerpräsident Tillich hatte der Koalitionsabsage an die AfD im Mai in Berlin zugestimmt, war im Wahlkampf dann aber davon abgerückt. Dass er sich tatsächlich gegen die Parteilinie und seine Vorsitzende stellen und doch noch eine Koalition mit der AfD schließen könnte, gilt in Berlin allerdings als ausgeschlossen.
Generöser AfD-Chef
AfD-Chef Bernd Lucke sieht seine Partei natürlich durch das Wahlergebnis aufgewertet und gibt sich auf eine Weise gegenüber den sächsischen Parrteifreunden generös, die sich Angela Merkel kaum noch leisten kann. Lucke:
"Wir als AfD laufen keiner Partei hinterher. Wir sprechen mit jeder demokratischen Partei, die mit uns zu sprechen wünscht. Und ob das zu einer engeren Form der Zusammenarbeit führen würde, falls es solche Gespräche gibt, das entscheiden bei uns die Sachsen selber und nicht eine Zentrale in Berlin."
Für SPD und Linke birgt das Wahlergebnis in Sachsen wenig Überraschungen. Im linken Parteienspektrum wird es nach der nächsten Landtagswahl Mitte September spannend. Sollte sich die SPD nach der Wahl in Thüringen als Juniorpartner der Linken anbieten und erstmals einen linken Ministerpräsidenten mitwählen, dürfte das auch in der Großen Koalition für erheblich mehr Unruhe sorgen, als die beruhigende Aussicht auf eine weiteres schwarz-rotes Bündnis in Sachsen.