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Nach der US-Wahl
Muslime zwischen Angst und Fassungslosigkeit

In Unis werden Hakenkreuze oder Sieg-Heil-Parolen an die Wand gesprayt. Frauen mit Hijab werden auf offener Straße angegriffen. Muslime in den USA – vor allem auf dem Land – fürchten sich nach der Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten vor Übergriffen.

Von Martina Buttler |
    Eine junge Muslima hält in New York, USA, hält bei Protesten gegen die Wahl von Donald Trump zum neuen US-Präsidenten ein Schild mit der Aufschrift "Im Muslim I'm scared" – etwa: "Ich bin Muslima, ich füchte mich" – hoch.
    Eine junge Muslima hält in New York, USA, bei Protesten gegen die Wahl von Donald Trump zum neuen US-Präsidenten ein Schild mit der Aufschrift hoch "Im Muslim I'm scared" – etwa: "Ich bin Muslima, ich füchte mich" (picture alliance / dpa / Christina Horsten)
    Schüler laufen durch die Gänge ihrer High School - sie rufen "White Power", Macht den Weißen.
    An einigen Unis quer durch die USA sind in den letzten Tagen Hakenkreuze an Wände gesprayt worden. Auf einem Fenster steht: Sieg Heil 2016.
    In einem Parkhaus versuchte jemand einer Muslima mit Gewalt das Kopftuch runterzureißen. Uzma lebt in Washington und was sie sieht und hört nach der Wahl von Donald Trump stimmt die Muslima nachdenklich:
    "Es fühlt sich so an, als wenn uns jemand unser Zuhause weggenommen hat, als wären wir vertrieben worden, obwohl wir noch hier sind. Mir tut das weh. Mein Herz ist gebrochen und ich versuche herauszufinden, ob hier in Zukunft noch Platz für uns ist."
    Mehr Toleranz in den Städten
    Uzma weiß, dass sie weltoffene Washington geschützter lebt als beispielsweise ihre Schwestern in ländlicheren Regionen der USA. Auch Emad ist sich seiner toleranten Nachbarschaft in einem Vorort von Philadelphia sehr bewusst:
    "Ich habe Glück, dass ich persönlich nichts erlebt habe nach der Wahl. Aber in unserer Gegend wurden bereits mehrere Vorfälle gemeldet."
    In den sozialen Medien erzählen muslimische Amerikaner, wie sie sich fühlen, was sie erleben. Die Angst geht um. Eine Frau twittert von einer SMS ihrer Mutter, die ihr geschrieben hat, dass sie ihren Hijab, ihr Kopftuch, nicht tragen solle. Und sie fügt hinzu, dass ihre Mutter der religiöseste Mensch in ihrer Familie sei. Familienvater Emad stört vor allem im Moment eins an der aufgeladenen Stimmung im Land:
    "Jemand, der zutiefst von dem überzeugt ist, was Donald Trump sagt, der identifiziert mich jetzt zuerst über meine Religion, mein Herkunftsland Ägypten oder meine Hautfarbe - bevor er mich als Amerikaner sieht."
    Der muslimische Amerikaner ist in der Nähe von New York groß geworden. Als Manager reist er viel und wird in einigen Teilen der USA nun aufmerksamer sein, weil ihn seine dunklere Hautfarbe und sein Name auffallen lassen.
    Angst, sich verwundbar zu machen
    Vor wenigen Wochen war er noch in Idaho, wenn er jetzt dorthin reisen würde, würde er sich anders verhalten, so Emad:
    "Wenn ich jetzt dorthin fliegen würde, müsste ich viel, viel aufmerksamer sein als noch vor zehn Tagen, weil ich da auffalle."
    Aayman lebt in New York. Er benimmt sich seit dem Wahlabend schon anders:
    "Ich habe in der Öffentlichkeit keine Kopfhörer mehr auf, weil ich mitbekommen will, was um mich herum passiert. Ich kann es mir nicht leisten, mich verwundbar zu machen."
    Ein Moslem, der in der New York Times über seine Ängste und Sorgen nach dem Wahlsieg von Donald Trump schreibt, endet mit den Worten: "Wir sind noch hier. Keiner von uns geht irgendwohin – fürs erste." Es zeigt, wie angespannt die Stimmung unter Muslimen in den USA ist, wie groß die Furcht vor dem, was kommt.