Gestern vor vier Jahren, genau auf den Tag, luden Barack Obama und Frau Michelle Donald und Melania Trump ins Weiße Haus ein, ein erstes Kennenlernen, nachdem Trump überraschend die Wahl gewonnen hatte. Mit einer Einladung für Joe Biden und dessen Frau Jill rechnet hier in Washington niemand.
Zwar hat Biden mit 279 Wahlmännerstimmen bereits jetzt neun mehr als erforderlich für die Präsidentschaft, und liegt in weiteren Bundesstaaten klar vorne. Aber Donald Trump weigert sich, seine Niederlage anzuerkennen und spricht ohne Grundlage weiterhin von Wahlbetrug und seinem Wahlsieg. Anwälte für die Republikaner versuchen mit Klagen in mehreren Bundesstaaten die Ergebnisse der Präsidentschaftswahl zu kippen.
Republikaner geben Trump Rückendeckung
Rückendeckung für sein Vorgehen bekommt Trump von der Führung der Republikaner, etwa von Mitch McConnell, dem Mehrheitsführer im Senat. Trump habe Zeit bis zum 14. Dezember, seine rechtlichen Möglichkeiten zu nutzen, so McConnell, bis das Wahlmännergremium den Präsidenten bestimme.
Das juristische Vorgehen sei nicht ungewöhnlich, so McConnell. Es sei nicht alarmierend. Irgendwann werde man endlich herausfinden, wer in jedem dieser Staaten zum Sieger erklärt wurde. Das Wahlmännergremium bestimme dann den Gewinner.
McConnells Äußerungen sind auch eine Reaktion auf zunehmende Warnungen, durch die fehlende Anerkennung des Sieges von Joe Biden werde der übliche glatte Übergang von einer Regierung zur nächsten gestört - mit gravierenden Folgen für das Land. Die zuständige Verwaltungsbehörde hat noch immer nicht die vorgesehenen Mittel freigegeben für die Übergangsplanungen. Es gibt keine Sicherheitsfreigaben für Bidens Planungsteam, keine Sicherheitsbriefings für den nächsten Präsidenten, und die erforderlichen Gespräche in den Bundesbehörden können nicht stattfinden.
Justizminister mischt sich ein
Bei einem Wechsel der Regierung werden bis zu 4.000 Stellen neu besetzt. Außenminister Mike Pompeo reagierte auf seine Art auf die Warnungen: Es werde einen glatten Übergang geben, sagte Pompeo, einen glatten Übergang zu einer zweiten Amtszeit von Donald Trump. Wir sind gewappnet, sagte der Außenminister wörtlich, die Welt schaue zu, was passiere, wir zählen alle Stimmen. Wenn das abgeschlossen sei, dann würden die Wahlmänner bestimmt – ein Prozess, den die Verfassung vorschreibe.
Aber nicht alles ist eindeutig in der amerikanischen Verfassung festgeschrieben, und viele Demokraten fürchten in diesen Tagen, dass republikanisch dominierte Parlamente in den Schlüsselstaaten den Willen der Wähler übergehen und Donald Trump zum Sieger erklären könnten – und mit diesem Votum die Wahlmänner für ihren Staat binden würden. Dies ist in der Geschichte der Vereinigten Staaten bisher nur einmal passiert, 1876.
Aber das Misstrauen ist groß. Gefüttert wird es auch durch das Vorgehen von Justizminister Bill Barr. Er wies seine Bundesanwälte an, sie sollten substanziellen Vorwürfen der Unregelmäßigkeiten bei der Stimmabgabe und Stimmzählung nachgehen. Diese Überprüfung liegt eigentlich bei den Bundesstaaten und nicht in Washington. Gleichzeitig räumte der Justizminister ein, derzeit lägen ihm keine Belege für Wahlbetrug vor.
Republikaner: Hauptsache nicht illoyal
Sein Vorgänger im Amt, der Republikaner Alberto Gonzales, kritisierte Barrs Aktion als sehr unglücklich. Sie befördere den Eindruck, das Justizministerium werde für politische Zwecke benutzt.
Wie Gonzales sind es fast ausschließlich frühere Mandatsträger der Republikaner, die sich öffentlich kritisch äußern. Nur fünf amtierende republikanische Senatoren haben Joe Bidens Wahlsieg überhaupt bislang anerkannt, die überwältigende Mehrheit der gewählten Volksvertreter unterstützt den Präsidenten, wiederholt seine haltlosen Behauptungen - oder schweigt.
Keiner will Trumps Zorn und den seiner Anhänger auf sich ziehen, denn das könnte Stimmen und Mandat kosten, bei den nächsten Wahlen. Da spielt es keine Rolle, ob mehrere der Klagen abgewiesen sind und selbst die Vorsitzende der republikanischen Partei bezweifelt, ob die Klagen am Ende den Wahlausgang veränderten - Hauptsache, nicht illoyal.
Biden macht unbeirrt seine Arbeit
Joe Biden setzt derweil alles daran, Normalität zu verbreiten. Gestern telefonierte er mit Staats und Regierungschefs der EU. Auf Nachfrage sagte er, es sei beschämend, dass Donald Trump seine Niederlage nicht eingestehen könne. es werde seinem Vermächtnis nicht helfen. Die Vorbereitungen bis zum Tag der Amtseinführung am 20. Januar, so Biden, würden dadurch aber nicht sonderlich beeinträchtigt.