Sie muss schon wieder ran: Harriet Harman ist nach Ed Milibands Rücktritt Labours Interims-Vorsitzende; so wie schon 2010 nach dem Rücktritt Gordon Browns.
Was den Wahlsieger David Cameron im Parlament spötteln ließ, er erkenne darin das Muster, dass wenn ein Mann Mist baue, sie anschließend aufräumen müsse; ob sie sich denn nicht auch wie er frage, warum sie eigentlich nicht Labourvorsitzende auf Dauer werde?
Doch das fragt sich die 64-jährige Ausputzerin nicht. Sie will nicht Labour- und Oppositionsführerin werden, sondern sie versucht nun Ihr Bestes, die am Boden zerstörten Sozialdemokraten aufzurichten, indem sie sie zunächst einmal tröstet.
"Wir haben schlimm verloren und das kam wie ein Schock. Wir dachten wir hätten eine Außenseiter-Chance, die nächste Regierung zu stellen, doch die Hochrechnung um 22 Uhr abends war wie ein Körperschlag, den wir niemals vergessen werden."
Es war eben nicht das erwartete Kopf-an-Kopf-Rennen, sondern am Ende eroberten die Konservativen 99 Sitze mehr als Labour. David Cameron regiert weiter und Labour stürzte in eine Führungs- und Existenzkrise. Dabei geht es um weit mehr als nur um ein neues Gesicht an der Spitze. Es geht vor allem um den künftigen Kurs der Partei.
Gewerkschaften drohen Labour
Soll sich Labour zur gesellschaftlichen Mitte öffnen wie unter Tony Blair, unternehmerfreundlicher werden und auch jene Wähler ansprechen, die dieses Mal konservativ abgestimmt haben? Oder sollte die Partei versuchen, die traditionellen Wähler aus der Arbeiterschaft zurückzugewinnen, die zu Ukip und zur schottischen Nationalpartei abgewandert sind?
Dafür plädieren vor allem die Gewerkschaften, die immer noch Hauptfinanzier sind und erheblichen Einfluss auf jene Partei ausüben, die sie einst gründeten. Zu viel Einfluss nach Ansicht des schottischen Ex- Labour-Chefs Jim Murphy, der vor wenigen Tagen ebenfalls entnervt zurücktrat:
"Wir können unsere Anführer nicht auswählen oder aussortieren lassen wegen des Grolls und der Klagen eines prominenten Mannes. Es darf keinen Chef der schottischen Labour-Partei von McCluskeys Gnaden geben. Und der neue nächste Vorsitzende der britischen Labour-Partei sollte nicht von Len McCluskey ausgesucht werden."
Len McCluskey ist der mächtige Generalsekretär von Unite, der größten britischen Gewerkschaft. McCluskey hatte den konservativen Sozialdemokraten Murphy von Anfang an als ungeeignet kritisiert:
"Das war nicht persönlich gemeint, sondern weil Jim im Epizentrum jener Ideologie steht, die die schottische Arbeiterklasse seit Jahren von Labour entfremdet hat."
Jetzt müsse die Labour-Partei in Schottland und England endlich zeigen, dass sie die Stimme der organisierten Arbeiterschaft sei und:
"Es ist wesentlich, dass nun der richtige Anführer gewählt wird", droht McCluskey; sonst werde der Druck der Gewerkschaftsmitglieder steigen, die Beziehungen zur Labour-Partei zu überdenken.
Farages Rücktritt vom Rücktritt
Zwei Kandidaten und drei Kandidatinnen bewerben sich um Ed Milibands Nachfolge, die im September entschieden werden soll. Und es sieht so aus, als habe McCluskeys Wunschkandidat die besten Karten: Andy Burnham, 45 Jahre alt und für manche Kritiker bloß eine besser aussehende Version von Ed Miliband.
Er sei der Kandidat, der für Wandel stehe, behauptet Burnham von sich. Dabei war er schon unter Gordon Brown Gesundheitsminister. Als Beleg führt er an, dass er abweichend von der bisherigen Parteilinie für ein EU-Referendum sei, dass nun so schnell wie möglich durchgeführt werden solle.
Das ist auch die Forderung von Ukip, die für den Austritt des Landes wirbt. Vermutlich unter der Führung des alten und neuen Vorsitzenden Nigel Farage. Der hatte zwar im März angekündigt, dass er zurücktreten würde, wenn er den Sprung ins Unterhaus nicht schaffe:
"If I win I continue as leader of the party; if I loose there, we're looking for somebody else..."
Farage verlor, trat zurück, um dann aber vom Rücktritt zurückzutreten. Einige Parteifreunde forderten, er möge zu seinem Wort stehen und wurden dafür selbst zum Amtsverzicht genötigt. Noch im Amt ist seine Stellvertreterin Suzanne Evans: Obwohl sie ihrem Chef in einem BBC-Interview öffentlich riet, mal kürzer zu treten und einige Wochen Urlaub zu nehmen:
"No one wants Nigel to leave. Have a holiday Nigel, everyone needs a holiday!"