Gaza-Waffenruhe
Nach drei israelischen Geiseln auch 90 palästinensische Gefangene frei

Nach der Freilassung dreier von der Hamas verschleppter Geiseln sind gemäß der Waffenruhe-Vereinbarung für den Gazastreifen auch 90 palästinensische Gefangene aus israelischer Haft freigekommen. Sie seien mit Bussen aus zwei israelischen Haftanstalten in die Stadt Betunia im Westjordanland gebracht worden, teilte die israelische Gefängnisbehörde kurz nach Mitternacht mit.

    Es ist Nacht. Der Bus fährt durch eine große Menschenmenge auf einer Straße mit Gebäuden. Auf dem Dach des Busses sitzen Männer mit grünen und gelben Fahnen. Der Bus wird von Lampen angeleuchtet.
    Die freigelassenen palästinensischen Gefangenen kamen mit dem Bus in Beitunia im Westjordanland an. (Leo Correa / AP / dpa)
    Es handelt sich überwiegend um Frauen und Minderjährige, die von der jubelnden Bevölkerung begrüßt wurden. 236 der freizulassenden Palästinenser sollen umgehend und dauerhaft ins Exil geschickt werden. Nach Angaben der terroristischen Hamas umfasst dieser Teil der Vereinbarung solche Freigelassenen, die wegen der Beteiligung an tödlichen Attentaten auf Israelis im Gefängnis waren. Sie sollen den Gazastreifen direkt nach ihrer Ankunft wieder verlassen und ins Ausland gebracht werden - die meisten von ihnen in die Türkei und nach Katar. Insgesamt sollen fast 1900 palästinensische Gefangene freigelassen werden.

    Drei erste israelische Geiseln frei

    Gestern Nachmittag waren zunächst nach mehr als 15 Monaten Krieg im Gazastreifen die ersten drei Israelis aus der Geiselhaft der Hamas freigekommen. Auf Fernsehbildern war zu sehen, wie die jungen Frauen an Teams des Roten Kreuzes übergeben wurden. Nach Angaben der israelischen Armee sind sie inzwischen im Kreis ihrer Familien. In Tel Aviv verfolgten Tausende die Live-Bilder des katarischen Senders Al-Dschasira auf Großbildschirmen und brachen bei der Freilassung in Jubel aus. Eine der Frauen war beim Überfall der Hamas auf Israel vom Supernova-Musikfestival entführt worden, die beiden anderen aus dem Kibbuz Kfar Aza.

    "Tag der Freude"

    Der israelische Staatspräsident Herzog sprach von einem "Tag der Freude und des Trostes". Zugleich betonte er, man fühle mit den besorgten Familien jener Geiseln, die noch im Gazastreifen festgehalten würden. Der israelische Botschafter in Berlin, Prosor, sagte im Deutschlandfunk, ganz Israel habe gestern den Atem angehalten, es sei viel gefeiert worden. Allerdings zahle Ministerpräsident Netanjahu auch politisch einen hohen Preis, damit die Geiseln wieder nach Hause zurückkehrten.
    Der scheidende US-Präsident Biden würdigte die Waffenruhe sowie die Freilassung als wichtigen Schritt. Biden betonte die Notwendigkeit weiterer diplomatischer Bemühungen. EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen äußerte die Hoffnung auf den Beginn eines neuen Kapitels für Israel und das palästinensische Volk. Bundeskanzler Scholz forderte die Freilassung aller Geiseln. Zudem müsse mehr humanitäre Hilfe nach Gaza gelangen. Auch Papst Franziskus rief zu Frieden und schneller humanitärer Hilfe auf.

    Weiter Austausch geplant

    Die Waffenruhe war gestern Vormittag in Kraft getreten. Es sollen innerhalb von sechs Wochen 33 Geiseln gegen mehrere hundert palästinensische Häftlinge ausgetauscht werden. Die Hamas teilte mit, man werde die nächsten Israelis am Samstag freilassen. Insgesamt sollen sich noch knapp hundert israelische Geiseln in der Gewalt der Hamas befinden, von denen viele aber nicht mehr am Leben sind.
    Diese Nachricht wurde am 20.01.2025 im Programm Deutschlandfunk gesendet.