Dass der thüringische AfD-Landesvorsitzende Björn Höcke irgendwann einmal als Lehrer an eine hessische Schule zurückkehrt, ist nach seiner Rede am Dienstagabend in Dresden sehr unwahrscheinlich. Bevor er thüringischer Landtagsabgeordneter wurde, war Höcke Lehrer für Sport und Geschichte an der Rhenanus-Gesamtschule in Bad Soden-Allendorf im osthessischen Werra-Meißner-Kreis. Aufgrund seiner Tätigkeit als Abgeordneter ist der Oberstudienrat bis 2019 beurlaubt.
Das hessische Kultusministerium teilte nun schriftlich mit, dass Minister Alexander Lorz (CDU) noch einmal in seiner Auffassung bestärkt worden sei, so wörtlich, "unter Beachtung bzw. Einhaltung aller rechtlichen Voraussetzungen und im Rahmen seiner Möglichkeiten, alles dafür zu tun, dass Herr Höcke nicht mehr Unterricht an einer unserer Schulen erteilen wird".
Björn Höcke hatte in seiner Dresdner Rede auf das Holocaust-Mahnmal in Berlin Bezug genommen und gefordert, Schüler nicht "mit dieser Geschichte" zu konfrontieren, sondern ihnen stattdessen große deutsche Musiker und Philosophen nahezubringen. Zitat:
"Und anstatt unsere Schüler in den Schulen mit dieser Geschichte in Berührung zu bringen, wird die Geschichte, die deutsche Geschichte mies und lächerlich gemacht. So kann es und so darf es nicht weitergehen."
"Gänzlich ungeeignet, Schülerinnen und Schüler zu unterrichten"
Nicht weitergehen darf es vor allem mit Björn Höcke - als Lehrer in Hessen nach seiner Beurlaubung bis 2019. Das fordern nun die hessischen Grünen, Koalitionspartner der CDU in der Wiesbadener Landesregierung. Volker Schmidt, Pressesprecher der grünen Landtagsfraktion in Hessen:
"Wer so wie Herr Höcke über den millionenfachen Mord der Nazis an jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern redet und denkt, ist gänzlich ungeeignet, Schülerinnen und Schüler zu unterrichten. Der Kultusminister hat daher unsere volle Unterstützung, alles rechtlich Mögliche dafür zu tun, dass Herr Höcke nie wieder in den Schuldienst zurückkehren darf."
Björn Höcke fühlt sich jedoch missverstanden. Die Auslegung, er habe das Holocaust-Gedenken der Deutschen kritisiert, sei "eine bösartige und bewusst verleumdende Interpretation" dessen, was er tatsächlich gesagt habe. Er habe "den Holocaust, also den von Deutschen verübten Völkermord an den Juden, als Schande für unser Volk bezeichnet", so Höcke in einer aktuellen Erklärung.
Thorsten Schäfer-Gümbel, hessischer SPD-Landesvorsitzender und stellvertretender Bundesvorsitzender der Sozialdemokraten, hatte jedoch bereits vor einem Jahr gefordert, Höcke nie wieder in den Schuldienst zurückkehren zu lassen. Er bekräftigt nun diese Forderung noch einmal:
"Herr Höcke ist immer wieder aufgefallen durch nationalistische und völkische Sprüche. Und er hat jetzt wirklich mit dieser Rede alle Grenzen überschritten. Er generiert sich als Nazi, er redet in Sprache und Gestus in enger Tradition an die NSDAP. Und deswegen ist es aus meiner Sicht auch völlig klar: Dieser Mann darf als Lehrer nie wieder vor Schülerinnen und Schüler treten."
Schäfer-Gümbel: hessisches Kultusministerium am Zug
Auch Josef Kraus, der Präsident des Deutschen Lehrerverbandes, kann sich eine Rückkehr Björn Höckes an eine Schule nicht mehr vorstellen. In einem Zeitungsinterview sagte Kraus: "Ich bin mir sicher, dass eine überwältigende Mehrheit aus der Lehrerschaft ihn nicht mehr als Kollegen sieht." Die Jahre 1933 bis 1945 seien "ein wichtiger Teil der deutschen Geschichte und nicht nur irgendeine Fußnote".
Thorsten Schäfer-Gümbel von der SPD sieht jetzt das hessische Kultusministerium am Zug, um eine Rückkehr Björn Höckes an seine Schule in Osthessen auch nach 2019 grundsätzlich auszuschließen:
"Das ist eine Frage, die muss disziplinarrechtlich geklärt werden. Da ist der Kultusminister in der Pflicht und in der Verantwortung. Und auch ein Beamter, dessen Verhältnis ruht, ist in einer besonderen Verantwortung. Und deswegen sind die Instrumentarien des Disziplinarverfahrens hier jedoch ausdrücklich richtig und einzusetzen."
Konkrete rechtliche Schritte wird es jedoch wohl erst dann geben, wenn Björn Höcke wirklich irgendwann mal als Beamter nach Hessen zurückstreben sollte. Denn bis dahin schützt ihn sein Status als frei gewählter thüringischer Abgeordneter – so die Rechtsauffassung des hessischen Kultusministeriums.