Dresden
Nach Einsturz der Carolabrücke mehr Geld für die Infrastruktur gefordert

Die Bundesingenieurkammer und der Hauptverband der Deutschen Bauindustrie fordern nach dem Einsturz von Teilen der Dresdener Carolabrücke höhere Investitionen in die Infrastruktur. Sonst müssten viele Brücken gesperrt werden. Brücken seien sensible Bauwerke und systemrelevant; lasse man sie zu Schaden kommen, nehme auch das öffentliche Leben Schaden, mahnte der Präsident der Bundesingenieurkammer, Bökamp.

    Blick auf die teilweise eingestürzte Carolabrücke über die Elbe vor der Staatskanzlei.
    Blick auf die teilweise eingestürzte Carolabrücke über die Elbe in Dresden. Im Zuge von Abrissarbeiten ist ein weiterer Abschnitt der Carolabrücke in Dresden eingebrochen. (picture alliance / dpa / Robert Michael)
    Viele der Bauwerke seien bereits am Rande ihrer Belastungsgrenzen, teilte Bökamp weiter mit. Der Präsident der Ingenieurkammer Sachsen, Temann, ergänzte, unter anderem der Fachkräftemangel im Ingenieurbereich und ineffiziente Vergabeverfahren trügen zur Verzögerung dringend notwendiger Erhaltungs- und Sanierungsmaßnahmen bei. Den Kammern zufolge zeigen seit Jahren zahlreiche Studien, dass Deutschland erheblich mehr in die Instandhaltung seiner Infrastruktur investieren müsse. Bundesverkehrsminister Wissing, FDP, sagte der "Bild", Brücken-Modernisierung habe für den Bund höchste Priorität. 4.000 von 28.000 Autobahnbrücken sollen demnach vorrangig erneuert werden.

    Bauindustrie verlangt mehr Investitionen

    Der Hauptgeschäftsführer des Hauptverbands der Deutschen Bauindustrie, Müller, sagte dagegen im Deutschlandfunk, das Ziel der Bundesregierung, jedes Jahr 400 Brücken zu reparieren oder neu zu errichten, liege in weiter Ferne. Die Gelder, die der Bund dafür eingeplant habe, reichten nicht aus. Allein jede dritte kommunale Brücke müsse Untersuchungen zufolge ersetzt oder saniert werden, und der Zustand der Autobahnbrücken sei genauso schlimm, erklärte Müller. Das seien die Folgen unterlassener Instandhaltung. Müller erklärte, dass die Brücken nach und nach gesperrt werden müssten, wenn jetzt nicht gehandelt werde. An mangelnden Kapazitäten der Bauindustrie liegt das seiner Aussage nach nicht. Müller sagte: "Wir kämpfen darum, Leute auszulasten. Wir könnten weitaus mehr bauen."

    Müller: "Auf die Behörden kann man sich verlassen."

    Um die Sicherheit der Brücken macht sich Müller dagegen keine Sorgen. Er geht davon aus, dass marode Brücken von den Behörden rechtzeitig gesperrt werden. Die Behörden kämpften zwar mit aufwendigen Verfahren und Personalengpässen, aber man könne sich auf sie verlassen.

    Kommunen fordern mehr Geld für Sanierung der Verkehrsinfrastruktur

    Der Deutsche Städte- und Gemeindebund forderte mehr Geld von Bund und Ländern zur Sanierung solcher Bauwerke. Notwendig sei eine Investitionsoffensive für die Infrastruktur, um den Verfall zu stoppen und den Sanierungsstau abzubauen, sagte Hauptgeschäftsführer Berghegger den Zeitungen der „Funke Mediengruppe“. Aus eigener Kraft könnten die Städte und Gemeinden die Lasten nicht tragen. Der Hauptverband der Deutschen Bauindustrie forderte die Politik auf, der Sanierung der Verkehrsinfrastruktur wie Brücken oberste Priorität einzuräumen.

    Wissing weist Verantwortung zurück

    Bundesverkehrsminister Wissing wies in der Haushaltsdebatte im Bundestag darauf hin, dass im kommenden Jahr mehr als neun Milliarden Euro für Investitionen in Bundesfernstraßen und Brücken bereitstünden. Mit Blick auf den Einsturz der Carolabrücke erläuterte der FDP-Politiker, sie stehe in kommunaler Verantwortung und habe deswegen mit dem Bundeshaushalt nichts zu tun. Man sehe aber daran, wie gefährlich es sei, wenn in Infrastruktur nicht sorgfältig investiert werde.

    Habeck und Lemke sagen Unterstützung zu

    Bundeswirtschaftsminister Habeck und Bundesumweltministerin Lemke sagten dagegen ihre Unterstützung für den Wiederaufbau der Dresdner Carolabrücke zu. Die Grünen-Politiker sagten der dpa, Ersatzbauten könnten sehr schnell genehmigt werden. Das gelte nicht nur für Dresden, sondern für alle Brücken. Man dürfe nicht zulassen, dass das Land - Zitat - zerbrösele.

    Zeit drängt beim Abriss der Carolabrücke

    An der teilweise eingestürzten Carolabrücke in Dresden läuft der kontrollierte Abriss. In der Nacht wurde der verbliebene Abschnitt des Brückenzugs C zum Einsturz gebracht. Zuvor waren Straßenbahnschienen und Fernwärm-Rohre mit kleinen Sprengungen getrennt worden. Weil für Sonntag ein Hochwasser der Elbe erwartet wird, drängt die Zeit. Neben der Bundeswehr und dem Technischen Hilfswerk sind auch Spezialfirmen im Einsatz.
    Diese Nachricht wurde am 13.09.2024 im Programm Deutschlandfunk gesendet.