Die Polizei in Köln betont, dass es sich um eine Vorsorgemaßnahme handele. Man beobachte die Lage und stehe auch mit anderen Sicherheitsbehörden in Kontakt. Wie "Focus Online" berichtet, halten die Ermittler Böhmermann und seine Familie für aktut gefährdet - durch Anhänger des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan. Dem Bericht zufolge hat der Moderator nicht um den zusätzlichen Schutz gebeten.
An anderer Stelle hat Böhmermann allerdings Konsequenzen gezogen. Am kommenden Donnerstag war ursprünglich eine weitere Folge des "Neo Magazin Royale" geplant - eben jener Sendung, in der der Satiriker vor knapp zwei Wochen sein umstrittenes Erdogan-Gedicht vorgetragen hatte. Vergangene Woche präsentierte Böhmermann noch eine weitere Folge. Diese Woche nun nicht mehr. In einer knappen Mitteilung auf Facebook verweisen die Produktionsfirma und er auf die umfangreiche Berichterstattung und den damit verbundenen Fokus auf die Sendung und den Moderator.
Auf Twitter stößt das bei vielen Usern auf Unverständnis. Von Unterdrückung ist die Rede, von einem falschen Signal und Enttäuschung. Viele rufen die Verantwortlichen dazu auf, gerade wegen der aktuellen Entwicklungen eine Sendung zu produzieren.
An anderer Stelle bekommt Böhmermann viel Unterstützung. Versehen mit dem hashtag #freeboehmi unterzeichneten innerhalb weniger Stunden mehr als 120.000 Unterzeichner eine Online-Petition (Stand 15.00 Uhr, Dienstag) für den ZDF-Moderator und fordern eine unbestrafte Pressefreiheit. In der Petition heißt es: "Die verletzten Gefühle eines Herrn Erdogan dürfen keinen Einfluss auf die Pressefreiheit in Deutschland haben. Er hat bereits versucht, Einfluss auf die Pressefreiheit bei Extra 3 zu nehmen, bei Böhmermann könnte es ihm nun gelingen."
Kabarettisten zeigen sich solidarisch
Der ZDF-Satiriker erhält auch breite Unterstützung aus Politik und Gesellschaft: Grünen-Chef Cem Özdemir sagte , die Angelegenheit sei eine Chance, der Türkei zu demonstrieren, was Presse- und Meinungsfreiheit wert seien. Und auch mehrere bayerische Kabarettisten wie Sigi Zimmerschied, Michael Lerchenberg und Wolfgang Krebs zeigten sich in Stellungnahmen solidarisch. "Ich stehe völlig auf der Seite von Böhmermann", sagte Lerchenberg der "Passauer Neuen Presse" am Dienstag. "Es gibt die Freiheit der Kunst", betonte er und fügte hinzu: "Stellen Sie sich mal vor, Adolf Hitler hätte Charly Chaplin wegen 'Der große Diktator' verklagt."
Auch türkische Satiriker haben den Strafantrag von Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan gegen Jan Böhmermann kritisiert. "Das ist eine große Schande", sagte der Chefredakteur der Satire-Zeitschrift "Leman", Zafer Aknar, der Deutschen Presse-Agentur am Dienstag in Istanbul.
Der Vorsitzende des Deutschen Journalisten-Verbandes, Frank Überall, forderte die Bundesregierung auf, keine Ermächtigung zur Strafverfolgung auszusprechen. "Die Bundesregierung sollte das Ansinnen der türkischen Regierung ablehnen und auf den normalen Rechtsweg verweisen, den Erdogan mit seiner Strafanzeige schon beschritten hat", sagte Überall der Nachrichtenagentur dpa am Dienstag. "Dann ist es die Aufgabe der Staatsanwaltschaft, Be- und Entlastendes zusammenzutragen und sich fernab nichtsachlicher Gesichtspunkte ein Bild zu machen."
Todenhöfer: "Gedicht ist erbärmlich und rassistisch"
Doch es hagelt auch harsche Kritik: Der Publizist Jürgen Todenhöfer verurteilte die Äußerungen Böhmermanns. Das umstrittene Gedicht sei "erbärmlich und auch rassistisch", schrieb der Islam-Experte auf seinen Webseiten. "Selten habe ich etwas Ekelhafteres gelesen", und "Das soll Kunst sein? Verdammt noch mal, nein!" Todenhöfer fordert zwar keine Gefängnisstrafe, doch der Satiriker müsse sich entschuldigen.
(pr/pta/am)