"Verlierer des heutigen Abends waren für mich ganz klar die Moderatoren." Es ist ein vernichtendes Urteil, das Andrea Römmele nach Ende des zweiten TV-Triells fällt. Die Debatte sei "schlecht geführt" worden,
sagte die Kommunikations- und Politikwissenschaftlerin im Deutschlandfunk
eine knappe gute Stunde nach Ende der Sendung. Vor allem über den Anfang habe sie sich geärgert, der "gleich über die Koalitionsfrage" geführt worden sei, so Römmele weiter. Sie hätte sich gewünscht, dass man thematisch einsteige.
Ganz anders dagegen fällt die Bilanz von Eva Quadbeck aus: "Die Debatte ist von Anfang an deutlich schärfer als beim ersten Triell, was auch damit zusammenhängt, dass die Moderatoren Maybritt Illner und Oliver Köhr die Sendung mit klaren Fragen treiben", schreibt die Leiterin des Hauptstadtbüros des "RedaktionsNetzwerk Deutschland" in ihrer Analyse, die in Zeitungen wie dem "Kölner Stadt-Anzeiger" zu lesen ist.
Die Kritik auf Twitter
Wie Annalena Baerbock, Armin Laschet und Olaf Scholz aus Sicht der Zuschauerinnen und Zuschauer abgeschnitten haben, zeigen schon kurz nach der TV-Debatte die Ergebnisse einer Online-Umfrage an. Das war so schon beim ersten Triell auf RTL und ntv. Die Leistungen der Moderatoren werden, wie auch schon vor zwei Wochen, anders erhoben: in Interviews wie dem mit Andrea Römmele, in journalistischen Rückschauen wie dem von Eva Quadbeck – oder auf Twitter, wo dann mit Likes und Retweets abgestimmt wird - und wo negative Kommentare in der Regel die größte Aufmerksamkeit erzielen.
Es gab Tweets von "Bild"-Journalist Paul Ronzheimer und FDP-Politikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann, die beide kritisierten, dass nicht über Afghanistan (Ronzheimer) bzw. Außen- und Sicherheitspolitik (Strack-Zimmermann) gesprochen wurde. Und "Tagesspiegel"-Redakteur Julius Bretschka bemerkte auf Twitter, dass ARD-Moderator Oliver Köhr zu oft seine ZDF-Kollegin Maybritt Illner unterbrochen habe.
"Ziemliches Chaos"
Ebenfalls auf Twitter, konkret dem Audio-Chat "Spaces", diskutierten Userinnern und User mit den Korrespondentinnen und Korrespondenten des Deutschlandfunk-Hauptstadtstudios Ann-Kathrin Büüsker, Frank Capellan, Stephan Detjen, Katharina Hamberger und Klaus Remme. Auch hier nahm die Triell-Moderation einen großen Raum ein. "Unfassbar schlecht" fand eine Userin/Hörerin "zwei Alpha-Tiere, die sich nicht entscheiden konnten, wer Fragen stellt". Ein zweiter ergänzte: "Ziemliches Chaos."
Auch die Deutschlandfunkjournalistinnen und -journalisten diskutierten die Moderation kontrovers. Der Einstieg sei "unglücklich" (Remme), "langweilig" (Büüsler) oder "gut" (Capellan) gewesen. Im Unterschied zum zweiten Triell bei ARD und ZDF schnitt die Übertragung von RTL/ntv besser ab. Stefan Detjen meinte: "Das öffentlich-rechtlichere von den beiden Triellen haben wir bei den Privaten gesehen." Ann-Kathrin Büüsker fand das RTL-ntv-Triell "deutlich themenorientierter."
Das knapp 75-minütige Gespräch auf Twitter-Spaces gibt es auch als Podcast zum Nachhören:
Hat sich das Format Triell überholt?
"Gelernt habe ich nicht so viel", resümierte die Kommunikationswissenschaftlerin Christina Holtz-Bacha von der Universität Erlangen-Nürnberg im Deutschlandfunk. "Vielleicht habe ich die Kandidaten und die Kandidatin etwas besser kennen gelernt." Grundsätzlich seien die Inhalte der Duelle auch eine Frage der Abstimmung im Vorfeld mit den einzelnen Sendern. Bei diesen Absprachen sorgten die Parteien dafür, dass "jeder sein Thema einbringen kann". Insgesamt habe sie sich aber "manches Mal gewünscht, dass die Moderatoren nachfragen".
Als positives Beispiel für mehr Erkenntnisgewinn nennt Holtz-Bacha ein sogenanntes Townhall-Format wie die "Wahlarena" in der ARD, wo Wählerinnen und Wähler Fragen stellen können: "Das ist viel lehrreicher, da geht es geht es mehr um die alltäglichen Probleme der Wählerschaft." Kandidaten müssten hierbei "viel mehr Farbe bekennen", betont die Kommunikationswissenschaftlerin, die zu den Effekten von Wahlkampf-Berichterstattung forscht.
Hat sich das Triell als Format also überholt? Das findet Holtz-Bacha nicht. Im Gegensatz zu den "sehr zivilisierten" und "langweiligen" Duellen der vergangenen Wahlkämpfe sei das Triell nun "etwas munterer" gewesen. Nun stelle sich allerdings vor dem dritten Triell auf Sat1 und ProSieben die Frage: "Können wir noch einen Erkenntnisgewinn erwarten?"