Die "Bild"-Zeitung beruft sich in ihrem Bericht auf eine interne Prognose deutscher Behörden, die nicht näher bezeichnet werden. Darin werde davon ausgegangen, dass zwischen Oktober und Dezember 920.000 Flüchtlinge nach Deutschland kämen, berichtet ARD-Korrespondentin Julia Barth. In dem Bericht wird davor gewarnt, dass Städte und Gemeinden mit der Situation überfordert sein könnten. Schon jetzt sei die Unterbringung von Asylbewerbern oft schwierig.
Die offizielle Schätzung von 800.000 Flüchtlingen in diesem Jahr war in den vergangenen Wochen von mehreren Bundespolitikern infrage gestellt worden, unter anderem von Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel und Innenminister Thomas de Maizière. Auch Mecklenburg-Vorpommerns Innenminister Lorenz Caffier (CDU) hatte der "Welt am Sonntag" gesagt, er erwarte in diesem Jahr insgesamt 1,2 bis 1,5 Millionen Flüchtlinge in Deutschland.
Die Bundesregierung teilte dagegen mit, ihre bisherige Flüchtlingsprognose nicht nach oben zu korrigieren. Die Schätzung von bis zu 1,5 Millionen Menschen könne er nicht bestätigen, sagte ein Sprecher des Innenministeriums. Der stellvertretende Regierungssprecher Georg Streiter sagte: "Dieses Papier kennt kein Mensch." Er wisse von niemandem in der Bundesregierung, der es kenne. "Deshalb würde ich mal es auch nicht so hoch ansiedeln."
Lammert: Flüchtlinge haben Grundgesetz zu respektieren
Bundestagspräsident Norbert Lammert, CDU, warnte im Deutschlandfunk vor Alarmismus in dem Zusammenhang. Die Bundesregierung habe schnell auf die steigenden Flüchtlingszahlen reagiert. Nun sei abzuwarten, wie sich die geplanten Gesetzesänderungen auswirken werden. Die Grundwerte in Deutschland seien aber unantastbar. "Wir haben in unserer Verfassung eine Reihe von sehr prinzipiellen Fragen für das Zusammenleben von Menschen entschieden, die nicht erneut zur Disposition stehen. Und wer nach Deutschland kommen und hier bleiben will, für den gelten selbstverständlich völlig unabhängig von seiner Herkunft, völlig unabhängig von seinen religiösen Überzeugungen die Entscheidungen, die diese Verfassung für alle Menschen, die hier leben, getroffen hat", sagte Lammert.
Bundesfinanzminister Schäuble forderte im ZDF eine europäische Antwort auf die steigende Flüchtlingszahl. Der Zuzug müsse begrenzt werden. Man könne den Menschen nur dann helfen, wenn die Möglichkeiten, die man habe, nicht erschöpft seien, so Schäuble.
Ähnlich äußerte sich Kanzleramtschef Peter Altmaier. Der CDU-Politiker sagte in der ARD, Zäune an der deutschen Grenze seien nicht die Antwort auf die aktuelle Lage. "Wir brauchen Lösungen für das Problem. Aber sie bestehen nicht in neuen Mauern und in Stacheldraht", so Altmaier.
(pr/tgs)