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Nach Schließung der Balkanroute
Letzter Ausweg Italien?

Nach der Schließung der Balkanroute rechnet Italien damit, wieder zum bevorzugten Fluchtziel in Europa zu werden. Die österreichische Regierung fürchtet bereits Zustände wie in den vergangenen Jahren, als sich Flüchtlinge auf eigene Faust auf den Weg in Richtung Norden machten. Sie bereitet Grenzkontrollen am Brenner vor.

    Afrikanische Flüchtlinge auf Sizilien sind in Wärmedecken eingehüllt.
    Unter den Bootsflüchtlingen auf der zentralen Mittelmeerroute sind fast ausschließlich Afrikaner aus Ländern südlich der Sahara. (picture alliance / dpa / Olivier Corsan)
    Die italienische Küstenwache im Einsatz. Das Rettungsschiff "Diciotti" nimmt Menschen von einem überladenen Holzkahn an Bord. Ganz langsam, einen nach dem anderen, die Kinder zuerst. Allein gestern wurden unter anderem von der deutschen Marine 2.104 Menschen von sinkenden Booten im Kanal von Sizilien gerettet. Und heute hat die Kommandozentrale der Küstenwache in Rom gleichzeitig zehn verschiedene Einsätze koordiniert. Mehr als 20.000 Menschen sind in diesem Jahr über das Mittelmeer nach Italien geflohen, deutlich mehr als im Vorjahr. Doch dieser Anstieg hat nichts mit den geschlossenen Grenzen auf dem Balkan und einer Verlagerung der Flüchtlingsroute zu tun, sagt Flavio Di Giacomo von der Internationalen Organisation für Migration.
    "Die Menschen, die jetzt kommen, sind Nigerianer, Gambier und Malier. Vor allem Menschen aus Westafrika, Somalia und Eritrea. Die Schließung der Balkanroute hat noch überhaupt keine Auswirkungen auf Italien. Das kann natürlich passieren, aber noch können wir dazu nichts sagen."
    Italien geht von zwei möglichen Fluchtrouten aus
    Die Annahme, dass Bürgerkriegsflüchtlinge aus Syrien nun wieder verstärkt über Italien in die Europäische Union kommen, geht von zwei möglichen Fluchtrouten aus. Einmal die über die Adria, zum Beispiel von Albanien aus. Italiens Innenministerium arbeitet deshalb eng mit den albanischen Behörden zusammen. Offenbar erfolgreich. Denn bisher wurde an der italienischen Adriaküste noch keine Ankunft aus Albanien gemeldet. Die andere Fluchtroute geht über Libyen und wurde im Jahr 2014 von zigtausenden Syrern genutzt. Doch die Situation in Libyen hat sich gewandelt, sagt Flavio di Giacomo.
    "Wir bezweifeln, dass in diesem Jahr mehr Flüchtlinge über Libyen kommen. Denn Libyen ist sehr gefährlich, mit ISIS und anderen Gruppen. Syrer reisen mit Familien, da ist eine Flucht nach Italien über Libyen eigentlich undenkbar."
    Die unsichere Lage in Libyen ist auch ein Grund dafür, dass in diesen Wochen so viele Afrikaner aus Libyen nach Europa fliehen. Einmal an Land in Italien, müssen sie registriert werden - mit Fingerabdrücken und Fotos. Im sogenannten Hotspot in Trapani auf Sizilien geschieht das bereits, sagt der Leiter der Einrichtung, Francesco Palermo-Patera.
    "2.305 Personen haben in den letzten zwei Monaten diesen Hotspot durchlaufen und sie sind alle registriert worden."
    Österreich kritisiert "Politik des Durchwinkens"
    Die österreichische Regierung hat ihre Zweifel, dass das überall in Italien geschieht, und fürchtet Zustände wie in den vergangenen Jahren, als sich Flüchtlinge auf eigene Faust auf den Weg in Richtung Norden gemacht haben. Innenministerin Johanna Mikl-Leitner war in der vergangenen Woche in Rom, um der italienischen Regierung klarzumachen, dass die "Politik des Durchwinkens" zu Ende sein müsse.
    "Funktioniert dieses Modell, werden wir den Brenner nicht schließen müssen. Funktionieren aber alle diese Maßnahmen nicht, werden wir rigoros kontrollieren müssen und werden die Migranten in das sichere Nachbarland Italien zurückweisen."
    Heute Vormittag haben am Brenner, an der italienisch-österreichischen Grenze die Bauarbeiten begonnen. Bis Ende Mai werden hier wieder Grenzkontrollpunkte aufgebaut. Für alle Fälle.