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Nach Telegram-Beitrag
Follower bei der Arbeit

In einem Beitrag über den Messengerdienst Telegram läuft im Deutschlandfunk ein O-Ton von Eva Herman. Die ehemalige Tagesschausprecherin fühlt sich darin falsch zitiert und beklagt sich anschließend darüber in ihrem Telegram-Kanal. Was seitdem geschah.

Stefan Römermann im Gespräch mit Mirjam Kid / Text von Michael Borgers |
    Eine Porträtaufnahme von Eva Herman von 2009
    Eva Herman, hier eine Archiv-Aufnahme von 2009 im Sitzungssaal des Landesarbeitsgerichts in Hamburg, wo sie gegen den NDR prozessiert hat (picture-alliance/ dpa / Marcus Brandt)
    Über viele Jahre ist Eva Herman eines der bekanntesten Gesichter des öffentlich-rechtlichen Fernsehens. Sie moderiert die Tagesschau, eine Quizsendung und eine nach ihr mitbenannte Talkshow. Doch mit dieser Karriere ist 2006 Schluss.
    Herman äußert sich in Gastbeiträgen, Interviews und einem eigenen Buch zu Geschlechterrollen und Familienpolitik. Ihre Sicht im Kern zusammengefasst: Der Feminismus ziehe unvereinbare Rollenanforderungen an Frauen nach sich, auch deshalb drohe ein Aussterben der Deutschen. Später vermengt sie ihre Ausführungen noch mit einem Blick auf gesellschaftliche Werte der NS-Zeit. Ihr Arbeitgeber, der NDR, findet das nicht nachvollziehbar und beendet die Zusammenarbeit mit Herman.
    Von der ARD zu Telegram und Youtube
    13 Jahre später, Deutschland in der Coronakrise – und Eva Herman mit ihren Ideen mittendrin. Dabei bedient sich die 61-Jährige neuer Medien und eigener Kanäle, veröffentlicht regelmäßig auf Youtube Videos und ist im Messengerdienst Telegram unterwegs.
    Vor allem Telegram ist schon lange ein Ort für Menschen, die sich austauschen wollen, ohne fürchten zu müssen, dass das Netzwerk einschreitet. Und aktuell bedeutet das: Hier tauschen sich auch diejenigen aus, die gegen die Corona-Maßnahmen der Politik sind – und dabei prominenteren Gesichtern folgen. Im Fall von Eva Herman sind das inzwischen mehr als 100.000 Frauen und Männer.
    Gegenöffentlichkeit für Corona-Zweifler
    Mehr als 400 Millionen Menschen weltweit nutzen inzwischen Telegram, Tendenz steigend. In der Coronakrise suchen viele in dem Messengerdienst die Informationen, die sie woanders nicht zu finden glauben. Davon profitieren auch Prominente, die Verschwörungsmythen verbreiten.
    Und immer wieder: Bill Gates
    Als Deutschlandfunk-Autor Stefan Römermann für das Medienmagazin @mediasres zu Telegram recherchiert , stößt er auch deshalb schnell auf diesen populären Kanal. Im Mittelpunkt steht hier und auch in anderen Telegram-Kanälen Microsoft-Gründer Bill Gates als Feindbild. Mehr als 200mal taucht sein Name in Eva Hermans Kanal auf. So etwa in einer Sprachnachricht, in der sie über die neuesten Ausführungen von US-Präsident Donald Trump spricht.
    Dieser hatte angekündigt, Corona werde auch ohne Impfstoff verschwinden. Herman hält das für eine gute Nachricht. Sie sagt in ihrer Telegram-Botschaft: "…das ist eine klare Kampfansage an die globale Impf-Allianz von Bill Gates und Angela Merkel und Co. Und ist eine, aus meiner Sicht, sehr hoffnungsbringende Botschaft." Genau dieses Zitat verwendet Römermann dann auch für seinen Beitrag, stellt dadurch einen Zusammenhang zwischen Trumps Aussage und Hermans Kritik an Bill Gates her. Trotzdem fühlt sich Eva Herman missverstanden.
    So wirkt Telegram
    "Deutschlandfunk hört meinen Telegram-Kanal ab und reißt meine Äußerungen willkürlich aus dem Zusammenhang. So arbeiten die zwangsgebührenfinanzierten Sender", kritisiert die ehemalige NDR-Mitarbeiterin wenig später auf Telegram. Und zahlreiche Follower schreiben daraufhin dem Sender und beschweren sich. Wie Herman behaupten viele, das Zitat sei aus dem Zusammenhang gerissen. Andere gehen sogar soweit, den Autor persönlich zu bedrohen.
    Für Stefan Römermann ist die Flut an Reaktionen auf seinen Beitrag ein Beleg für die Wirkmächtigkeit dieses Messengerdienstes: Dutzende Nachrichten hätten ihn persönlich und den Hörerservice des Deutschlandfunks bereits erreicht, so Römermann. Im Vergleich zu anderen - auch kontroversen - Themen seien das sehr viele, und er rechne mit weiteren Briefen.
    Journalisten recherchieren zwar gerne dort, wo man sie eigentlich nicht haben will. Im Fall der ehemaligen Tagesschausprecherin war das aber gar nicht nötig. Hermans Kanal ist öffentlich. Jeder kann sich ihre Nachrichten anschauen oder sie "abhören", ohne der Gruppe beitreten zu müssen.
    Während soziale Medien und andere Dienste im Fokus von Regulierungsversuchen stehen, entwickeln sich bei Telegram riesige Gruppen. Whatsapp hat die Gruppengröße mittlerweile auf 256 Mitglieder beschränkt. Bei Telegram darf eine Gruppe aus 200.000 Mitgliedern bestehen.