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Nach ungarischer Grenzschließung
Flüchtlinge passieren Grenze von Serbien nach Kroatien

Nachdem Ungarn seine Grenze zu Serbien abgeriegelt hat, versuchen nun erste Flüchtlinge, über Kroatien nach Westeuropa zu gelangen. Das Land rechnet mit einem Ansturm - und will die Migranten passieren lassen. Österreich verschärfte unterdessen seine Kontrollen an der ungarischen Grenze.

    Ungarische Polizisten an der abgeriegelten Grenze nahe der Autobahn Nummer 5
    Ungarische Polizisten an der abgeriegelten Grenze nahe der Autobahn Nummer 5 (AFP / ATTILA KISBENEDEK)
    Nach Berichten von Reportern trafen erste Gruppen in der serbischen Stadt Sid ein, die nahe der Grenze zu Kroatien liegt. Die kroatische Polizei teilte mit, die Menschen würden registriert und in Aufnahmelager nahe der Hauptstadt Zagreb gebracht. Kroatien rechnet mit einem Ansturm von Flüchtlingen. Regierungschef Zoran Milanovic teilte mit, dass aus Serbien kommende Flüchtlinge Kroatien passieren dürften. Zugleich berief die Regierung in Zagreb den nationalen Sicherheitsrat ein. Angesichts der "von Tag zu Tag immer komplexer werdenden Flüchtlingskrise" warnte Präsidentin Kolinda Grabar Kitarovic vor "möglichen sozialen, wirtschaftlichen und sicherheitsrelevanten Auswirkungen".
    Seit der Schließung der ungarischen Grenzen sitzen in Serbien tausende Menschen fest. In Ungarn trat gestern zudem eine weitere Verschärfung des Einwanderungsgesetzes in Kraft, wonach unerlaubter Grenzübertritt mit bis zu drei Jahren Haft bestraft werden kann. Seitdem wurden nach Angaben der ungarischen Polizei 367 Flüchtlinge bei dem Versuch festgenommen, den Grenzzaun zu überwinden.
    Flüchtlingsrouten nach der Schließung der ungarisch-serbischen Grenze
    Flüchtlingsrouten nach der Schließung der ungarisch-serbischen Grenze (dpa-Grafik)
    Kaum noch Flüchtlinge von Ungarn nach Österreich
    In Österreich sind derweil kaum noch Flüchtlinge aus Ungarn angekommen. Das Land hat inzwischen mit den angekündigten Kontrollen an den drei wichtigsten Grenzübergängen zu Ungarn begonnen. Wie die Polizei mitteilte, könnten die Überprüfungen auf insgesamt zehn Übergänge ausgeweitet werden. Dabei werden einzelne Fahrzeuge gestoppt und Pässe oder Reisedokumente angeschaut.
    Innenministerin Johanna Mikl-Leitner hatte zuvor aber klargestellt, dass Syrer und andere Schutzsuchende, die in ihrer Heimat in Gefahr seien, weiter in Österreich Asyl beantragen könnten. Auch sei die Weiterreise nach Deutschland weiter möglich.
    Deutsche Politiker empört über Verweigerung anderer Länder
    Die Ministerpräsidentin des Saarlands, Annegret Kramp-Karrenbauer, forderte im Deutschlandfunk von den EU-Behörden ein entschiedeneres Handeln in der Flüchtlingsfrage. Mit Blick auf den Widerstand einiger EU-Staaten gegen eine feste Verteilquote sagte Kramp-Karrenbauer im DLF, sie sehe überhaupt nicht ein, dass bei finanziellen Sanktionen gegen diese Länder schon das letzte Wort gesprochen sein solle. Sonst seien die EU-Spitzen auch sehr schnell dabei, Vertragsverletzungsverfahren einzuleiten. Aber diesmal könne sie das nicht erkennen. Die CDU-Politikerin plädierte deshalb dafür, Staaten, die sich weigerten, zusätzliche Flüchtlinge aufzunehmen, entsprechende Geldleistungen zu kürzen.
    Auch SPD-Fraktionschef Oppermann verlangte Solidarität in Europa. In der nächsten Woche müsse es gelingen, sich auf eine faire Verteilung der Flüchtlinge in allen europäischen Ländern zu einigen. Andernfalls solle die EU den Friedensnobelpreis wieder zurückgeben, sagte Oppermann im ZDF.
    Bund verspricht Ländern 40.000 Erstaufnahmeplätze
    Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer begrüßte die Zusage des Bundes, 40.000 zusätzliche Erstaufnahmeplätze für Flüchtlinge zu schaffen. Im Deutschlandradio Kultur nannte sie dies eine hilfreiche Entlastung der Länder. Gleichzeitig rief die SPD-Politikerin dazu auf, die Asylverfahren zu beschleunigen, um abgelehnte Bewerber schneller zurückschicken zu können.
    Bund und Länder hatten sich gestern Abend bei einem Sondertreffen darauf geeinigt, die Verteilung und Unterbringung der Flüchtlinge neu zu organisieren. Unter anderem will der Bund Verteilzentren in Deutschland schaffen. Details zur Beschleunigung der Asylverfahren sollen in den nächsten Wochen bekanntgegeben werden.
    (tön/kis)