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Nach Wahl in Österreich
"Ein Rennen zwischen der FPÖ und dem Rest von Österreich"

Der FPÖ-Europaabgeordnete Franz Obermayr wertet das Scheitern des FPÖ-Kanidaten Norbert Hofer bei der Bundespräsidentenwahl nicht als Niederlage. Immerhin habe er fast genau so viele Stimmen sammeln können wie sein Gegner - und das, obwohl der von einem breiten Bündnis vieler Parteien unterstützt worden sei, sagte er im DLF.

Franz Obermayr im Gespräch mit Tobias Armbrüster |
    Der österreichische Europaabgeordnete Franz Obermayr von der FPÖ.
    Der österreichische Europaabgeordnete Franz Obermayr von der FPÖ. (imago / Zuma Press)
    Ein Zusammenschluss von "Kommunisten bis Konservative" hätte den Gegenkandidaten Alexander van der Bellen, Ex-Chef der Grünen, unterstützt, so Obermayr und dennoch sei das Ergebnis knapp ausgefallen. Van der Bellen hatte die Wahl mit 50,3 Prozent gewonnen, Hofer erhielt 49,7 Prozent.
    Das Ergebnis sei ein großer Erfolg für die freiheitliche Bewegung. "Das ist ein Umbruch in Österreich," so Obermayr. Er dementierte die Aussage, Hofer hätte bei einem Wahlsieg als erste Amtshandlung das Parlament auflösen wollen. Vor der FPÖ und seinen Politikern müsse sich niemand fürchten, sagte Obermayr.
    Die FPÖ wollte nicht außerhalb des Systems stehen - sie wolle das System ändern. "Es ist wichtig in der Politik, dass man Dinge aufzeigt, die falsch laufen," so Obermayr. Dass das funktioniere, zeige seine Partei bereits bei ihren Regierungsbeteiligungen in den Bundesländern.

    Das Interview in voller Länge:
    Tobias Armbrüster: Am Telefon ist jetzt Franz Obermayr, Abgeordneter der FPÖ im Europäischen Parlament. Schönen guten Morgen, Herr Obermayr.
    Franz Obermayr: Schönen guten Morgen aus Wien.
    Armbrüster: Herr Obermayr, der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier, der hat gesagt nach dieser Wahl, ihm falle ein Stein vom Herzen. Können Sie verstehen, was er meint?
    Obermayr: Nein, das verstehe ich natürlich nicht, außer man versteht den Herrn Außenminister in seiner Rolle als sozialdemokratischen Politiker in ähnlicher Form wie Herrn Schulz, die nicht sparen mit guten Kommentaren fürs Ausland.
    "Das beste Ergebnis, dass die Freiheitliche Partei je erreicht hat"
    Armbrüster: War das gestern eine Niederlage für die FPÖ?
    Obermayr: Ja ganz im Gegenteil. Sie dürfen nicht vergessen, das war das beste Ergebnis, dass die Freiheitliche Partei je erreicht hat, schon im ersten Durchgang 35 Prozent. Wir lagen mit 49,7 sensationell gegen den Rest von Österreich. Das ist ein Umbruch in Österreich. Sie dürfen nicht vergessen, es haben ja fast alle politischen Gruppierungen hier van der Bellen unterstützt. Es war ein Rennen der Rest von Österreich, der alten Kräfte, sich aneinander zu klammern, titanicartig, um ja einen freiheitlichen Präsidenten zu verhindern. Warum auch immer, das ist die andere Frage. Aber es ist ein großer Erfolg gewesen letztlich. Natürlich: Wer wäre nicht lieber Präsident geworden als Hofer und wir hätten uns natürlich sehr gefreut darüber. Aber es war in Summe ein großer Erfolg für die freiheitliche Bewegung.
    Armbrüster: Das heißt, wenn ich Sie da richtig verstehe, Herr Obermayr, Sie halten Parteienbündnisse und Wählerbündnisse für nicht in Ordnung in einer Demokratie?
    Obermayr: Nein, absolut! Warum soll das nicht in Ordnung sein? Ich sage nur, man muss es relativieren. Es war nicht ein Sieg jetzt von Grün gegen Freiheitlich. Wir sind ja auch unterstützt worden von Wählern aus anderen Parteien in klarer Weise. Ich sage nur, es war ein Zusammenschluss. Wenn Sie sich vorstellen, es haben zwei sozialdemokratische Bundeskanzler van der Bellen unterstützt. Es haben sich drei ehemalige ÖVP-Bundeskanzler hier eingefunden, die Mannschaftsführung von der Europadelegation der ÖVP. Von Kommunisten bis Konservativen hat man hier versucht, van der Bellen zu unterstützen. So gesehen, natürlich war es eine großartige Leistung, die hier Norbert Hofer an den Tag gelegt hat.
    "Vor Norbert Hofer braucht sich keiner fürchten"
    Armbrüster: Kann es denn sein, Herr Obermayr, dass eine Mehrheit der Österreicher ganz einfach zu große Angst vor einem FPÖ-Präsidenten hatte, dass sie mit dieser Partei möglicherweise immer noch so ein Image aus Rassismus und Ausländerfeindlichkeit verbinden?
    Obermayr: Na ja, das ist die andere Frage, die ja kommen musste. Ich würde sagen, vor Norbert Hofer und vor der Freiheitlichen Partei in ihrer jetzigen breiten Aufstellung braucht sich keiner mehr fürchten. Man muss nur sagen und sich überlegen: Fast 50 Prozent unterstützen freiheitlich und 50 Prozent bestehen aus Sozialdemokraten, Grünen, Kommunisten, Konservativen. Das rundet schon ein bisschen den Blick in Österreich ab. Es braucht sich keiner fürchten, es braucht auch niemand dämonisieren und wer sich die Aussagen Hofers und unsere Politik ansieht und anhört - und das machen ja 50 Prozent der Österreicher, die das ganz positiv begleiten -, dann wird man, glaube ich, ein klares Bild sich machen können. Und wenn man fair ist, dann wird man das durchaus verstehen, was wir sagen und fordern.
    Armbrüster: Jetzt hat ja Ihr Kandidat Norbert Hofer schon vor dieser Stichwahl angekündigt, im Falle eines Wahlsiegs möglicherweise das Parlament aufzulösen. War das vielleicht ein bisschen voreilig?
    "700.000 unregistrierte Immigranten wie eine Invasionsarmee"
    Obermayr: Nein, das hat er ja auch nicht gesagt. Wissen Sie, Sachen, nur wenn man sie öfter wiederholt, werden ja nicht wahrer. Das hat Hofer auch nicht gesagt. Herr Hofer hat nur gesagt, am Beispiel des letzten Jahres, am Beispiel 2015, wo 700.000 unregistrierte Immigranten wie eine Invasionsarmee durch Österreich unkontrolliert durchmarschiert sind und die Grenzen nicht mehr kontrolliert wurden, wo sich nahezu die Souveränität eines Landes aufgelöst hat, da hat Hofer das als Beispiel genommen und hat gesagt, wenn hier eine Regierung wiederholt Empfehlungen, Ratschläge nicht befolgt, wenn hier konsequent österreichisches Gesetz gebrochen wird von einer Regierung, oder negiert wird, dann wird es Zeit, dass der Präsident einschreitet, und das sehen auch die Bürger so. Das, hat dann Hofer gesagt, wäre dann Ultima Ratio, dass er dann eingreift und zu Neuwahlen aufruft und eine Regierung entlässt. Aber er hat nicht gesagt, das würde der erste Schritt sein. Das wird gern behauptet, wird aber nicht wahrer, nur weil es öfter behauptet wird.
    Armbrüster: Herr Obermayr, Sie und die FPÖ, Sie präsentieren sich ja gern als Partei außerhalb des Systems. Sie haben das jetzt auch hier in den letzten Minuten häufiger mal deutlich gemacht, so nach dem Motto, das war eine Wahl, die anderen gegen uns. Da stellen sich, glaube ich, nicht nur in Österreich viele Leute an diesem Morgen die Frage: Ist die FPÖ nicht eigentlich selbst längst Teil dieses Systems mit ihren vielen Regierungsbeteiligungen?
    "Zeigen, dass wenn wir in Verantwortung sind, sie auch sehr ernst nehmen"
    Obermayr: Wissen Sie, unsere Aufgabe ist ja nicht, dass wir außerhalb des Systems stehen wollen. Wir wollen das System verändern, und das ist, glaube ich, ein guter Ansatz. Die Grünen wollten das auch einmal, sind aber mittlerweile erstarrt. Die grüne Außenpolitik war sehr EU-kritisch, sie kritisieren, aber sie tragen alles mit, und das ist, glaube ich, ein wichtiger Bestandteil in der Politik, dass man Sachen aufzeigt den Bürgern, die falsch laufen, und die Bürger verstehen uns, weil wir das eben aufzeigen. Ich glaube, das ist in einer Demokratie höchst wichtig. Dass wir natürlich dort in den einzelnen Bundesländern, wo wir sehr gute Arbeit auch leisten und auch zeigen, wie wir in der Regierungsverantwortung sind, natürlich klarerweise Verantwortung tragen, auf Basis von Abkommen mit anderen politischen Kräften, das ist sehr, sehr gut und ich glaube, das ist wichtig, den Bürgern zu zeigen, dass wenn wir in Verantwortung sind, sie auch sehr ernst nehmen und auch sehr ernsthaft betreiben.
    Armbrüster: Live hier bei uns in den "Informationen am Morgen" war das Franz Obermayr, der FPÖ-Europapolitiker. Vielen Dank, Herr Obermayr, für das Gespräch.
    Obermayr: Herzlichen Dank auch.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.